GASTBEITRAG

Der Anstieg der Inflation erfordert Absicherung

Börsen-Zeitung, 21.1.2017 2017 dürfte das Jahr werden, in dem die Inflation zurückkehrt - zum Leidwesen vieler Anleiheinvestoren. Es ist noch nicht lange her, dass Deflationssorgen die Weltwirtschaft belasteten, aber jetzt entsteht eine neue...

Der Anstieg der Inflation erfordert Absicherung

2017 dürfte das Jahr werden, in dem die Inflation zurückkehrt – zum Leidwesen vieler Anleiheinvestoren. Es ist noch nicht lange her, dass Deflationssorgen die Weltwirtschaft belasteten, aber jetzt entsteht eine neue Dynamik. Mit ihren entschlossenen Maßnahmen haben die Zentralbanken auf beiden Seiten des Atlantiks das Schlimmste verhindert, und auch die Wahl von Donald Trump und die Erholung des Ölpreises haben geholfen. Wie schnell und wie stark die Inflation jetzt steigt, ist schwer zu sagen. Aber es ist wichtig, sich vorzubereiten und abzusichern. Positive BasiseffekteDas Konjunkturprogramm des neuen US-Präsidenten verspricht mehr Wachstum und mehr Inflation. Hinzu kommen positive Basiseffekte. In den USA steigen die Löhne bereits. Davon wird auch Europa profitieren: Die Dollar-Aufwertung und steigende Rohstoffpreise werden die Deflation vertreiben. Dennoch wird die Inflation in der alten Welt eher niedrig bleiben. Dafür spricht auch die Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB).Anfang Dezember entschied Mario Draghi, sein Anleihekaufprogramm bis Ende 2017 fortzusetzen. Ursprünglich sollte es Ende März beendet werden. Ab April werden jeden Monat aber nur noch für 60 Mrd. Euro Anleihen gekauft, nach bislang 80 Mrd. Euro. Die EZB strebt bis 2020 eine Inflation nahe 2 % an. Die anhaltend expansive Geldpolitik stützt die europäische Wirtschaft. Die eigentliche Herausforderung ist, dass sich die Zinsen im Euroraum und den USA auseinanderentwickeln.Für Investoren stellt sich die Frage, wie sie bei steigenden Zinsen ihre Anleiheinvestments managen sollen. Passives Management reicht nicht mehr aus, weil es in einem solchen Umfeld besonders schwierig ist, ausgewogene und rentable Portfolios zusammenzustellen. Aber neben aktivem Management ist auch ein großes Anlageuniversum wichtig – und Instrumente zur Absicherung bestimmter Risiken, vor allem des Zinsänderungsrisikos.Einige Instrumente eignen sich besonders gut für Übergangsphasen, beispielsweise inflationsindexierte Anleihen. Ihre Wertentwicklung hängt von der Veränderung der Realzinsen und der offiziellen Inflationsrate ab. Der Performance-Unterschied zwischen einer indexierten und einer nominalen (traditionellen) Anleihe hängt vom Unterschied zwischen der erwarteten und der tatsächlichen Inflation ab.Weil wir von stabilem Wachstum in den USA, weitgehender Vollbeschäftigung und steigender Inflation ausgingen, haben wir inflationsindexierte US-Staatsanleihen (TIPS) gekauft, als die erwartete Zehnjahresinflation bei 1,5 % pro Jahr lag. In den letzten Wochen des Jahres 2016 stieg diese erwartete Inflation von 1,5 % auf 2 % und damit auf ihren langfristigen Durchschnitt. Wir haben die TIPS deshalb verkauft und steuern jetzt die Duration. Die Renditen von Staatsanleihen sind stark gestiegen, aber die Credit-Spreads sind sehr stabil.Außerdem kauften wir europäische inflationsindexierte Anleihen. Sie sind interessant, weil die Inflationserwartungen in Europa weit weniger stark gestiegen sind als in den USA. Wir sind überzeugt, dass die EZB angesichts der sehr niedrigen Inflationserwartungen ihre sehr expansive Geldpolitik fortsetzen wird.Seit Juni 2016 beträgt der Kasse-Anteil des Portfolios über 30 %. Der Brexit und viele politischen Risiken wie die Probleme bei der Regierungsbildung in Spanien, das Verfassungsreferendum in Italien, die Wahlen in den USA und später auch in Europa, sowie die Unsicherheit über Rhetorik und Politik der Zentralbanken dürften für volatilere Märkte sorgen – und das zu einer Zeit, in der Staatsanleihen sehr teuer sind. Duration entscheidendUnsere Entscheidung hat sich ausgezahlt, weil wir damit die Korrektur der europäischen Anleihemärkte von Ende August bis Ende November 2016 (-2,7 %) abgefedert haben. Der Fonds hat deshalb im Berichtszeitraum nur 0,8 % verloren. Den Kassenbestand nutzen wir zum Risikomanagement. Während wir auf attraktive Chancen warten, die wir wegen der hohen Kassenquote rasch nutzen können, managen wir das Portfolio sehr aktiv. Das gilt vor allem für die Duration. Sie ist zurzeit das wichtigste Thema – und die größte Herausforderung.—-Guillaume Rigeade, Anleihespezialist für den Bereich Asset Allocation und Sovereign Debt bei Edmond de Rothschild Asset Management