Die Märkte hoffen auf Schwarz-Gelb
Bei der Bundestagswahl hoffen Analysten ebenso wie private Anleger auf einen Erfolg von Schwarz-Gelb. Mit einer großen Koalition könnten sie ebenfalls gut leben, selbst wenn das für einzelne Branchen Belastungen bringen könnte.Von Thorsten Kramer, FrankfurtDer deutsche Aktienmarkt beweist aktuell seine Stärke. Bis auf 8 509 Punkte rückte der Leitindex Dax am Donnerstag zeitweise vor, bis zum Rekordhoch vom Mai dieses Jahres fehlten ihm somit nur noch knapp 50 Zähler. Marktanalysten kamen deshalb schnell zu dem Schluss, dass sich Investoren offensichtlich schon auf eine Rally mit Blick auf das Jahresende vorbereiten.Die starken wöchentlichen Daten vom US-Arbeitsmarkt schreckten die Akteure jedenfalls nicht, obwohl sie nahelegen, dass die Federal Reserve schon in der neuen Woche mit der Drosselung ihrer Anleihenkäufe beginnen dürfte. Dies gilt vielen inzwischen allerdings als verarbeitet. Die Diskussion über weitere Hilfen für Griechenland, die nach der Bundestagswahl erwartet werden, scheint noch weit entfernt, und die Wahl selbst jagt wegen des recht deutlichen Vorsprungs der Union in den aktuellen Umfragen auch keinem mehr einen Schrecken ein.”Insgesamt wäre eine Wiederwahl von Kanzlerin Merkel und eine Koalition mit der FDP das für die Aktienmärkte freundlichste Szenario, weil deren Wahlprogramme die geringsten negativen Auswirkungen auf die Wirtschaft versprechen”, sagt Carsten Klude, Chefvolkswirt bei der Privatbank M. M. Warburg. Sollte sich das Wirtschaftswachstum dann wie erwartet von 0,6 % in diesem auf 2,0 % im nächsten Jahr beschleunigen, dürfte der Dax im Laufe des Jahres 2014 die Marke von 9 000 Punkten erreichen.Sollte die Wahl zu einer großen Koalition führen, dürften die konjunkturellen Auswirkungen “verhältnismäßig gering bleiben”. Die schlechteste Kombination aus Sicht der Märkte, so Klude, wäre eine rot-grüne Koalition, weil dann mit Steuererhöhungen und einer Belastung sowohl für die Stimmung als auch für die Firmengewinne zu rechnen sei. Insbesondere ausländische Anleger dürften Deutschland dann skeptischer sehen und Gelder stattdessen in andere Länder umleiten. Weil bei einer rot-grünen Regierung mit einer weicheren Linie im Kampf gegen die Schuldenkrise zu rechnen sei, wäre zudem ein Anstieg der Bundrenditen zu erwarten, heißt es bei M. M. Warburg, weil dann eine Vergemeinschaftung von Schulden wahrscheinlicher würde.Rückblickend betrachtet reagierte der deutsche Aktienmarkt in der Tat 1998 und 2002 am stärksten auf die Bundestagswahl, als Rot-Grün den Wählerauftrag erhielt. Allerdings ist diesmal damit kaum zu rechnen, zumal die Grünen in den Umfragen zurzeit kräftig an Zustimmung verlieren. Spannend dürfte es allerdings werden, wenn die Liberalen an der 5-Prozent-Hürde scheitern oder die Euro-Gegner der Alternative für Deutschland in den Bundestag einziehen. Bremse für ImmobiliensektorAuf Sektorenebene ist die Wahl zum deutschen Parlament dort besonders wichtig, wo Unternehmen einen großen Anteil ihres Geschäfts im Inland abwickeln. Dies trifft etwa auf Banken und Finanzdienstleister, Krankenhausbetreiber, Telekomanbieter und Immobilienunternehmen zu. Sollte sich die künftige Regierung also beispielsweise auf eine Mietpreisbremse verständigen, würde das die Perspektiven für Wohnungsgesellschaften trüben. Dies bremste die Titel aus dieser Branchen in den zurückliegenden Wochen bereits etwas und trug dazu bei, dass sie sich schwächer als der Gesamtmarkt entwickelten.In einem Wahlerfolg der Union gemeinsam mit der FDP sieht auch die DZ Bank das für die Aktienmärkte beste Szenario. Die Anlagestrategen des Instituts geben allerdings zu bedenken, dass ein Erfolg der Regierung keine Garantie für schnelle weitere Kursgewinne sei. Auf Basis steigender Firmengewinne werde der Dax bis Mitte 2014 aber ein Niveau von 9 600 Punkten ansteuern.Eine schwarz-gelbe Koalition wird auch aus Sicht von Privatanlegern gute Rahmenbedingungen für Wachstum schaffen, zeigt eine gestern veröffentlichte Umfrage zum Anlageverhalten von Union Investment. Mit Blick auf den Aktienmarkt zeigt sich in diesem Jahr indes erstmals eine Mehrheit pessimistisch. So erwarten auf Sicht von sechs Monaten nur noch 23 %, dass die Aktienkurse steigen werden.