Eine gute Zeit für Aktien

Von Claus Döring Nicht wenige deutsche Anleger fühlen sich beim Blick auf die jüngsten Börsengänge von Technologiefirmen in den Vereinigten Staaten an die Verhältnisse zu Neuer-Markt-Zeiten erinnert. Und zwar aus zwei Gründen: Erstens erleben die...

Eine gute Zeit für Aktien

Von Claus DöringNicht wenige deutsche Anleger fühlen sich beim Blick auf die jüngsten Börsengänge von Technologiefirmen in den Vereinigten Staaten an die Verhältnisse zu Neuer-Markt-Zeiten erinnert. Und zwar aus zwei Gründen: Erstens erleben die USA im Vergleich zu den Vorjahren geradezu eine Flut von Börsengängen, nicht zuletzt aus dem Technologie- und E-Commerce-Bereich. Bis zum IPO des Kurznachrichtendienstes Twitter waren es 199 Börsengänge in diesem Jahr und damit ein Plus von 60 % gegenüber 2012. Und zweitens schrieb die Mehrzahl der Börsenneulinge bis zum IPO rote Zahlen. Damit allerdings enden auch schon die Parallelen. Denn von einer Dotcom-Blase, die vor 13 Jahren ja nicht nur am Neuen Markt, sondern auch an der amerikanischen Technologiebörse Nasdaq platzte, ist man heute weit entfernt, selbst wenn sich eine generelle Blasenbildung in etlichen Assetklassen und nicht zuletzt am Aktienmarkt aufgrund der ultralockeren US-Geldpolitik nicht leugnen lässt. Doch gerade weil die Notenbanken die Märkte auch weiterhin mit billigem Geld fluten werden, sollten Anleger die Renditechancen prüfen, die ihnen Risikokapital bietet. Leider finden Investoren solche Chancen am deutschen IPO-Markt eher selten. Gerade mal eine Handvoll Börsenneulinge hat der Markt in diesem Jahr am Prime Standard der Frankfurter Börse begrüßen dürfen, im Einstiegssegment Entry Standard war es nur ein einziger Wert. Diese Entwicklung ist nicht allein aus Investorensicht zu bedauern, sondern mehr noch aus volkswirtschaftlicher Perspektive. Denn die Exit-Möglichkeit über einen Börsengang ist grundlegende Voraussetzung für das Engagement von Venture Capital bei Unternehmensgründungen und jungen Wachstumsunternehmen und damit wichtiger Impuls für eine lebendige Start-up-Szene.Insofern lohnt die Erinnerung an die “guten“ Neuer-Markt-Zeiten, als Börsengänge und Aktieninvestments in der allgemeinen Wahrnehmung positiv besetzt waren. Zwar brauchen wir in Deutschland keinen neuen “Neuen Markt“ und sollten jede Reminiszenz an diesen Begriff vermeiden, den viele Anleger mit unverantwortlicher Zockerei, Betrug und eigenen Vermögensverlusten verbinden. Das sollte aber nicht daran hindern, Plattformen zu entwickeln beziehungsweise zu fördern, die Kapital suchende junge Unternehmen und investitionsbereite Anleger zusammenbringt. Eine solche vorbörsliche Plattform, die unter Kontrolle der Finanzaufsicht BaFin Elemente des Crowd-Investing mit dem Börsenhandel von Aktien verknüpft, gibt es hierzulande bereits mit “Bergfürst”. Hier können sich junge Wachstumsunternehmen für ein späteres richtiges IPO warmlaufen.Es ist zu wünschen, dass sich Börsenbetreiber wie die Deutsche Börse AG nicht zu einer Aufweichung ihrer Standards in den bestehenden Börsensegmenten verleiten lassen. Gerade für junge Wachstumsunternehmen wird am Anfang vor allem der Privatanleger benötigt, da für institutionelle Investoren die Volumina und die Liquidität am Sekundärmarkt deutlich zu gering sind. Deswegen würde jeder Schritt, der den Anlegerschutz aushöhlt, der Aktienkultur in Deutschland nicht auf die Sprünge helfen, sondern ihr einen weiteren Hieb versetzen. Handeln ist von den Börsenbetreibern gleichwohl gefordert. Wann, wenn nicht jetzt angesichts dauerhaft niedriger Zinsen, ist die Zeit besser geeignet, um einen Werbefeldzug für die Aktie als Anlageinstrument zu starten?