Aktienmarkt

Eingetrübte Lage für den Dax

Durch die jüngste Schwäche hat sich die technische Lage für den Dax zusätzlich eingetrübt. Die sich verschlimmernde Pandemie könnte die Saisonstatistik aushebeln.

Eingetrübte Lage für den Dax

Von Christoph Geyer*)

Als die Jahresprognosen für das Jahr 2021 Ende letzten Jahres veröffentlicht wurden und einige Analysten auf Basis der Zyklusanalyse ein positives Börsenjahr vorausgesagt haben, wurde dies zuweilen belächelt. Zu schwer haben die Probleme um das Thema Corona gewogen. Auch der damit in Zusammenhang stehende Crash im März 2020 steckte vielen noch in den Knochen. Rückblickend betrachtet, war es aber wieder einmal ein ausgezeichnetes Jahr, auch wenn es noch nicht zu Ende ist. Besonders sticht hier die Phase von März bis August hervor. Ebenso konnten von Anfang Oktober bis Mitte November positive Erträge erwirtschaftet werden. Damit hat sich das Börsenjahr im Dax nahezu so verhalten, wie es von der Statistik her tendenziell zu erwarten war.

Für das kommende Jahr sind die Vorzeichen auf den ersten Blick eher turbulent. So zeigt die Statistik für den Dow Jones im Dekaden-Zyklus bei Jahren, die auf eine 2 enden, bis zur Jahresmitte ein deutlich rückläufiges Bild, welches im Schnitt einen Verlust von 6% zeichnet. Ab der Jahresmitte verbessert sich die Lage aber zunehmend und die Verluste des ersten Halbjahres werden wieder aufgeholt. Am Ende steht so allerdings nur maximal eine schwarze Null. Auch wenn man in den USA die Präsidentschaftszwischenwahljahre betrachtet, ist ein ähnliches Bild zu erkennen. Lediglich der Jahrestiefpunkt verschiebt sich von der Jahresmitte zum Ende des Septembers.

Geringe Wahlauswirkungen

In den USA ist viel vom Zyklus der Präsidentschaftswahljahre zu hören. Hierzulande wird weit weniger das Augenmerk auf die Bundestagswahlen gerichtet. Im Vorfeld der diesjährigen Wahl wurde oft darüber diskutiert, wie der deutsche Markt reagieren würde, wenn die Wahl einen wie auch immer gearteten Ausgang erfahren würde. Die Untersuchung der letzten acht Wahlen hat allerdings gezeigt, dass der Ausgang der Wahl und die anschließende Koalitionsbildung weit weniger Auswirkungen haben, als dies zum Teil erwartet wurde. Auffällig ist dabei, dass in allen acht Wahljahren der Dax bis zum Jahresende zulegen konnte. Auch in diesem Jahr zeichnet sich ab, dass die Zeit nach der Wahl für die deutschen Anleger positiv verläuft.

Im neuen Jahr befinden wir uns also in einem Nachwahljahr, wenn man die deutschen Wahlen zugrunde legt. In solchen Jahren begann der Dax im Schnitt zunächst mit einer leichten Abwärtstendenz, die bis Mitte März anhielt. Dies könnte man als Gewinnmitnahmen be­trachten, wenn noch eine entsprechende Jahresendrally folgen sollte. Ab Ende März folgt dann eine bis zum Jahresende anhaltende positive Phase. Da der Dax nicht unwesentlich von den Geschehnissen in den USA abhängig ist, lohnt auch der Blick auf die Bewegung des deutschen Leitindex in US-Zwischenwahljahren. Hier wird deutlich, dass die Situation nicht ganz so positiv aussieht, wie es die deutschen Wahljahre vermuten lassen. Meist musste hier nämlich von Mai bis Oktober ein Verlust ertragen werden.

Ein ähnliches Bild eröffnet sich, wenn man den Dax seit 1988 betrachtet, ohne dass man eine Einschränkung durch Wahlen vornimmt. Bis Juli ist zwar eine positive Entwicklung zu sehen, vom Sommer bis Anfang Oktober sind aber auch hier aus statistischer Sicht Verluste zu befürchten. Insgesamt überwiegt aber der positive Jahresverlauf, sodass auch im kommenden Jahr, trotz aller Warnungen, mit einem erfreulichen Jahr zu rechnen ist.

Risiko Corona

Die Statistik ist aber nur eine Seite der Börsenmedaille. So schön sich diese Statistik auch lesen mag, kommt es immer noch auf die aktuelle Marktlage und das zum Zeitpunkt einer Analyse bestehende Umfeld an. Sollte zum Beispiel die Coronakrise auch im kommenden Jahr nicht in den Griff zu bekommen sein, würden bei entsprechenden Maßnahmen die Märkte sicher erneut zumindest verschnupft re­agieren. Auch können besonders steile Anstiegsbewegungen immer wieder Gewinnmitnahmen nach sich ziehen, gleichgültig wie dies in den vergangenen Jahren ausgesehen hatte.

So muss derzeit genau beobachtet werden, wie der Dax auf die aktuelle Situation reagiert. Bis Anfang letzter Woche konnten die wieder aufflammenden Infektionszahlen noch ganz gut weggesteckt werden. Dann überwog allerdings die Unsicherheit bei den Marktteilnehmern und die Kurse brachen ein. Die Indikatoren haben schon vor einigen Tagen mit Divergenzen und Verkaufssignalen angedeutet, dass der seit Oktober bestehende Aufwärtstrend nicht mehr lange durchgehalten werden kann. Folgerichtig kam es in der vergangenen Woche zum Trendbruch.

Aushebelung der Statistik

Mit dem Rutsch unter die alte Widerstandszone vom August dieses Jahres hat sich die Lage nun weiter eingetrübt. Eine solche Entwicklung haben die Zyklen nicht vorhergesagt, war aber durch den steilen Aufwärtstrend früher oder später, wenn auch nicht in dieser Intensität, zu erwarten. Ob der Bereich um 15000 Punkte als Halt von den Marktteilnehmern angenommen wird, hängt nicht zuletzt von der weiteren Entwicklung der Corona-Zahlen und der damit verbundenen Reaktion der Marktteilnehmer ab. Die Statistik bis Jahresende könnte dann ausgehebelt werden.

*) Christoph Geyer ist freier Technischer Analyst der VTAD e.V.

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