Saudi-Arabien befindet sich mitten in einem der ambitioniertesten wirtschaftlichen Transformationsprozesse weltweit. Mit der Vision 2030 sollen die Abhängigkeit vom Öl reduziert und das Königreich als führender Finanz- und Investitionsstandort etabliert werden. Das Interesse internationaler Investoren wächst – wie auch die Future Investment Initiative Conference Ende Oktober 2024 in Riad zeigte, bei der sich über 8.000 Entscheidungsträger aus Wirtschaft und Politik austauschten. Die Veranstaltung unterstrich die neue Offenheit des Landes für Kapital und Innovation.

Saudi-Arabien will um das Jahr 2030 jährlich 100 Mrd. US-Dollar an ausländischen Direktinvestitionen anziehen – ein ehrgeiziges Ziel, wenn man berücksichtigt, dass es 2023 noch 25,6 Mrd. Dollar waren. Die wichtigsten Kapitalgeber stammen aus den Vereinigten Arabischen Emiraten, Luxemburg, Frankreich, den Niederlanden und dem Vereinigten Königreich.

Insgesamt zeigen sich internationale Investoren jedoch noch abwartend: Globale Schwellenländerfonds sind im Land mit nur 1,8% untergewichtet – im Vergleich zu 4%, die Saudi-Arabien im MSCI Emerging Markets Index ausmacht.

Die saudi-arabische Regierung legt einen klaren Fokus auf die Stärkung der heimischen Wirtschaft. Eine 1-Mrd.-US-Dollar-Vereinbarung mit der Hongkonger Währungsbehörde soll Unternehmen aus der Greater Bay Area unterstützen, die nach Saudi-Arabien expandieren wollen. Die Wiederaufnahme von Direktflügen zwischen Riad und Hongkong sowie der Start eines saudischen Aktien-ETFs in Tokio verdeutlichen die verstärkte Integration in die globalen Finanzmärkte.

Parallel dazu entwickelt sich der saudische Aktienmarkt rasant. In den letzten fünf Jahren erzielte die Börse hohe Renditen, besonders aktiv verwaltete Fonds konnten profitieren. Dennoch stehen Investoren vor Herausforderungen: Passive Strategien dominieren weiterhin die Kapitalströme. Aktive Fondsmanager müssen hingegen sorgfältig abwägen, inwiefern sie Saudi-Arabien in bestehende Portfolios integrieren. Daneben bleibt die geopolitische Lage ein Unsicherheitsfaktor. Und zwar wächst die Marktkapitalisierung, doch liquide Titel konzentrieren sich weiterhin auf den Öl- und Finanzsektor.

Ein kritischer Faktor für Investoren bleiben außerdem die hohen Bewertungen saudischer Aktien. Einige Titel werden mit dem 100-fachen des Gewinns gehandelt – ein Vielfaches dessen, was in anderen Schwellenländern üblich ist. Lokal präsente Investmentmanager haben hier Vorteile, da Privatanleger einen großen Marktanteil halten und die Research-Abdeckung internationaler Investoren noch begrenzt ist. Vor diesem Hintergrund bieten sich insbesondere bei Small- und Mid-Cap-Titeln attraktive Chancen.

Hinzu kommen tiefgreifende gesellschaftliche Veränderungen. Die Erwerbsbeteiligung von Frauen hat sich auf 35% verdoppelt, während das Land gezielt lokale Talente stärkt. Internationale Unternehmen werden durch Anreize ermutigt, ihre regionalen Hauptsitze ins Königreich zu verlegen.

Das wirtschaftliche Umfeld in Saudi-Arabien entwickelt sich stetig weiter. Wer agil und informiert bleibt, kann von zahlreichen Chancen profitieren. Die konsequente Umsetzung der Vision 2030 wird darüber entscheiden, wie erfolgreich sich das Königreich langfristig als führender Investitionsstandort etabliert – aktuell gibt es viele Gründe für Optimismus.

Unsere Gastautorin Amy Oldenburg ist Leiterin Schwellenländeraktien bei Morgan Stanley Investment Management.