Euro-Staatsanleihen zeigen Ansteckungseffekte
Euro-Staatsanleihen zeigen
Ansteckungseffekte
ESM legt Studie zum Eurozonen-Bondmarkt vor
kjo Frankfurt
Die Emission von Schuldtiteln in wichtigen Ländern des Euroraums, deren Anleihen als relativ sicher gelten, treibt die Zinssätze sowohl im Emissionsland als auch in anderen sicheren Ländern in die Höhe. Diese neue Art von Spillover-Effekten, die sich von den Ansteckungseffekten bzw. den Spillover-Effekten des Ausfallrisikos unterscheidet, die während der Euro-Staatsschuldenkrise im Mittelpunkt standen, bedeutet, dass die Gesamtverschuldung, die in sicheren Ländern emittiert wird, einen größeren Einfluss auf die Zinssätze für Staatsanleihen hat als das Land, das sie emittiert. Das hält der Europäische Stabilitätsmechanismus (ESM) in einer Analyse zum Eurozonen-Staatsanleihemarkt fest, die der Börsen-Zeitung vorab vorliegt.
Diese Erkenntnis stärke die Argumente für gemeinsame fiskalische Regeln, nicht nur um niedrige Zinssätze und die Tragfähigkeit der Verschuldung zu erhalten und die Finanzstabilität des Euroraums zu sichern - das Kernmandat des Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) -, sondern auch um eine faire Verteilung der fiskalischen Lasten in Nicht-Krisenzeiten zu gewährleisten“, heißt es in der Studie weiter. Wenn ein großes, als sicher geltendes Land des Euroraums auf einmal mehr Schuldtitel ausgibt, steigen die Zinssätze für alle Länder des Euroraums, so die Erkenntnis. Die Reaktion der Zinssätze der Staatsanleihen an den Sekundärmärkten in vielen Nachbarländern sei fast genauso groß wie in dem Land, das die Schuldpapiere emittiert.
Am 14. Dezember 2022 etwa kündigte die Deutsche Finanzagentur eine überraschend große Anleiheemission an, die für das folgende Jahr geplant war. Dies habe zu einem sprunghaften Anstieg der Zehnjahresrendite der Bundesanleihen geführt, was die Nachfrage der Anleger nach einer höheren Rendite widerspiegele, um mehr Schulden aufnehmen zu können. „Obwohl die Nachricht nur für Deutschland galt, kam es innerhalb weniger Minuten zu Spillover-Effekten: Die französische Rendite bewegte sich im Gleichschritt mit der deutschen Rendite, während die italienische Rendite ebenfalls anstieg, sich aber weniger stark an der deutschen Rendite orientierte. "Unsere Ergebnisse zeigen, dass diese Spillover-Effekte bei vielen ähnlichen Ankündigungen und in vielen Ländern vorherrschen und in beide Richtungen wirken, da die Emission in anderen sicheren Ländern auch die deutschen Anleiherenditen beeinflusst“, so die Experten des ESM.
Flucht in Sicherheit
Die Analyse konzentriere sich auf die Länder, deren Anleihen in der Regel als sicher gelten, was sich in sehr niedrigen Ausfallrisikoprämien widerspiegele und die oft als Kernländer bezeichnet werden - wie etwa Deutschland, Frankreich und die Niederlande. Diese Länder erzielten sogar eine Prämie, die sogenannte Convenience Yield (Komfortrendite), die widerspiegele, dass ihre Anleihen den Anlegern nicht nur einen Cashflow, sondern auch zusätzlichen Nutzen bieten. Der wichtigste dabei sei, dass ihre Anleihen zuverlässig liquide seien und in der Regel in Rezessionen oder Krisen an Wert gewinnen. Diese Wertsteigerung ist in der Regel auf die Flucht in Sicherheit der Anleger zurückzuführen, die insbesondere während der Euro-Staatsschuldenkrise gut dokumentiert worden sei. Diese Länder würden auch dazu tendieren, in Rezessionen niedrige Risikoprämien beizubehalten, selbst wenn die Risiken in einigen ihrer Nachbarländer ansteigen würden, was zeige, dass sie weniger anfällig für Ansteckungseffekte seien.
Nicht nur ein Land, sondern mehrere Länder des Euroraums würden von diesem Safe-Haven-Status profitieren und emittieren Bonds, die von den Anlegern als sichere Anlagen angesehen werden. „Daher können Anleger, die eine sichere Anlage erwerben wollen, Staatsanleihen verschiedener Emittenten kaufen, die potenziell als Substitute betrachtet werden können.“