Eila Kreivi, EIB

„Fast über Nacht ging alles online“

Auf 60 Mrd. Euro wird sich das Emissionsvolumen der Europäischen Investitionsbank (EIB) in diesem Jahr belaufen, fast 30% sind bereits realisiert. Eine starke Nachfrage in der Covid-19-Krise konstatiert Funding-Chefin Eila Kreivi für die Green und Sustainability Bonds des Hauses. Im Interview der Börsen-Zeitung hält sie fest, dass das nicht nur das Kaufinteresse betrifft, sondern auch das Interesse an der Produktstruktur.

„Fast über Nacht ging alles online“

Kai Johannsen.

Frau Kreivi, welches Refinanzierungsvolumen ist für 2021 ge­plant, und wo steht die EIB bereits jetzt mit dem Funding-Fortschritt?

Wir haben für 2021 ein Funding-Programm von 60 Mrd. Euro, das dem für 2020 entspricht. Auch die Fortschritte bei der Refinanzierung seit Jahresbeginn sind sehr ähnlich, und wir haben auch in diesem Jahr Frontloads durchgeführt, um von der hohen Liquidität, die im Januar an die Märkte kommt, zu profitieren. Wir haben jetzt bereits fast 30% des Jahresvolumens realisiert, was in den vergangenen Jahren zu dieser Zeit ein recht normales Niveau war.

Wir befinden uns mitten in der Covid-19-Pandemie. Wie hat diese Pandemie das Funding und die Refinanzierungsstrategie der EIB beeinflusst?

Im vergangenen Jahr war der große Einfluss natürlich, dass fast über Nacht alles online ging, einschließlich Meetings, Transaktionsausführungen und auch des Managements. Auch eine Spread-Ausweitung fand angesichts der Unsicherheit an den Märkten statt. Schon bald kam aufgrund der Maßnahmen der Zentralbanken und der Unterstützungsmechanismen der Staaten, also öffentlicher Stellen, das Vertrauen in die Märkte zurück, und die Liquidität kehrte damit ebenfalls zurück. Nach Beginn der Pandemie haben wir als EIB die erste große Euro-Benchmark-Emission durchgeführt, die zur Wiedereröffnung der Anleihemärkte mit beitrug.

Der Run auf sichere Assets hat sich während der Pandemie fortgesetzt. Insbesondere langlaufende Anleihen und ultralange Laufzeiten stehen im Fokus der Anleger. Dies gilt auch für 30-jährige Anleihen der EIB. Sind Laufzeiten von mehr als 30 Jahren für die EIB nun ein Thema?

Wir emittieren jedes Jahr 30-jährige Anleihen, aber nicht in großen Volumina, einfach weil unser Kreditbedarf eher im Laufzeitenbereich von sieben bis zehn Jahren liegt. Im Gegensatz zu Staaten refinanzieren wir uns nicht zu fixen, sondern zu variablen Zinssätzen, und daher haben die zugegebenermaßen außergewöhnlich niedrigen langfristigen Anleiherenditen für uns nicht die gleiche Attraktivität wie für andere Adressen.

Der Start ins neue Jahr an den Primärmärkten war sehr beeindruckend. Meilensteine wurden gesetzt und Rekorde gebrochen. Die EIB erhielt ebenfalls beeindruckende Auftragsbücher. Wollen Sie im ersten Halbjahr emissionsseitig sehr viel aktiver sein, um von dieser guten Anlegerstimmung zu profitieren?

Wir wollen aller Voraussicht nach an unserem gewohnten Ansatz festhalten, ein gewisses Frontloading im ersten Quartal – also mehr Emissionen als im späteren Verlauf des Jahres – vorzunehmen. Wir werden versuchen, dann bis zu den Sommerferien etwa 60% bis 70% des Funding-Bedarfs für dieses Jahr zu realisieren. Dies hat in der Vergangenheit gut funktioniert, und da unser Volumen im Jahr 2021 nicht außergewöhnlich hoch ist, sehe ich keinen größeren Bedarf für ein stärkeres Frontloading, als wir es in anderen Jahren auch schon hatten.

Social Bonds und Nachhaltigkeitsanleihen erleben während der Krise eine beeindruckende Entwicklung und stehen heute mehr denn je auf der Tagesordnung vieler Emittenten. Sehen Sie auch mehr Interesse für Ihre Climate Awareness Bonds – CAB – und insbesondere für Ihre Sustainability Awareness Bonds – SAB?

In der Tat stellen wir für beide Produkte ein verstärktes Interesse fest. Das gilt nicht nur für die reine Kaufnachfrage seitens der Investoren, sondern auch für das Interesse an der Produktstruktur, an den Angleichungen der Produkte an die EU-Taxonomie und für ein Interesse an unserer detaillierten Berichterstattung, die wir für beide Bond-Arten den Anlegern bereitstellen. Wir haben die Förderkriterien für beide Produkte im Jahr 2020 erweitert und konnten deutlich mehr als im Jahr 2019 emittieren.

Wo stehen Sie heute mit Ihren CAB und SAB, und was planen Sie für dieses Jahr?

Der Klimafahrplan der Bank für 2021 bis 2025 besagt, dass die EIB Green Finance im Einklang mit der EU-Taxonomieverordnung verfolgen wird. Das wird über eine Angleichung und Erweiterung der CAB/SAB-Förderkriterien reflektiert, und zudem werden die CAB und SAB schrittweise an den vorgeschlagenen EU-Green-Bond-Standard angepasst. Durch die ersten Erweiterungen der Förderkriterien konnte die Emission von CAB und SAB im Jahr 2020 gegenüber 2019 auf 10,5 Mrd. Euro oder 15% des gesamten Finanzierungsvolumens von 8% im Vorjahr verdoppelt werden. Das weitere Emissionswachstum dieser Bonds wird in einer Geschwindigkeit erfolgen, die von der Ausweitung der förderfähigen Kreditaktivitäten und den Fortschritten bei der Umsetzung der EU-Nachhaltigkeitstaxonomie innerhalb der EIB bestimmt werden. Bisher haben wir in diesem Jahr CABs und SABs im Wert von rund 3 Mrd. Euro emittiert, wodurch sich der Gesamtbetrag aller Emissionen in diesen Bereichen auf über 41 Mrd. Euro und das aktuell ausstehende Bondvolumen auf mehr als 33 Mrd. Euro beläuft.

Planen Sie neue Währungen für Ihre SAB/CAB-Emissionen, nachdem Sie bisher in Euro und auch schwedischen Kronen emittiert haben?

Bei den Bonds handelt es sich um Multi-Währungsprodukte. Im Jahr 2020 haben wir die Anzahl der Währungen erhöht, insbesondere bei den SAB. CAB wurden bereits in mehreren Währungen emittiert, da es sich um das ältere Produkt handelt. Wir werden weiterhin in verschiedenen Währungen emittieren. Dieser Bereich bietet uns hervorragende Produkte, um Investoren anzusprechen und letztlich auch zu gewinnen. Denn Europa wird bei dem Bereich nachhaltiger Finanzierungen eindeutig als Vorreiter angesehen.

Sie hatten Pläne angekündigt, die Bereiche zu erweitern, in denen Sie die Erlöse von SAB investieren werden. Wie ist der aktuelle Stand?

In der Tat wurde das im vergangenen Jahr auf Gesundheit und Bildung ausgeweitet. Zu Beginn waren es lediglich die Bereiche Wasser und sanitäre Einrichtungen. Wir haben bereits zu Jahresanfang angekündigt, dass nun auch Biodiversitätsprojekte förderfähig sein werden. Wir setzen unsere Arbeit in dieser Hinsicht konsequent fort.

Die EIB plant ja den Eintritt in den lokalen Renminbi-Anleihemarkt. Vor einem guten Jahr haben Sie gesagt, dass Sie in dieser Hinsicht noch einige regulatorische Aspekte zu klären haben. Wie ist der aktuelle Status: Sind Sie jetzt auf dem lokalen Renminbi-Anleihenmarkt aktiv?

In dieser Hinsicht ist in der Zwischenzeit leider nicht sehr viel passiert. Infolge der Pandemie wurden diese Pläne voriges Jahr ziemlich abrupt auf Eis gelegt. Dies ist aber immer noch ein Markt, der uns sehr interessiert. Wir werden das Projekt weiterverfolgen und in naher Zukunft einen erneuten Anlauf unternehmen, um in diesem Markt aktiv werden zu können.

Wie ist der aktuelle Stand bei den Ecoop-Anleihen heute, und wie sehen Ihre Pläne für 2021 in diesem Segment aus?

Bisher haben wir in diesem Jahr bei diesen Bonds für 1,25 Mrd. Euro emittiert. Dabei handelte es sich eine neue 30-Jahres-Laufzeit von 1 Mrd. Euro, die im Januar 2051 fällig wird. Es ist die längste EIB-Anleihelaufzeit im Euro. Des Weiteren haben wir eine Aufstockung von 250 Mill. Euro für unsere Fälligkeit September 2029 vorgenommen. Die Ecoop-Emissionen sind weiterhin eine gute Ergänzung zu unserem Benchmark-Programm in der Gemeinschaftswährung. Dies er­möglicht es uns, eine spezifische Anlegernachfrage zu erschließen. Zudem können wir auch unser Laufzeitenangebot in solchen Fälligkeiten diversifizieren, in denen unser Refinanzierungsbedarf relativ be­grenzt ist – so zum Beispiel am sehr langen Kurvenende. Wir nutzen die Flexibilität des Programms auch, um auf Anfragen aus dem Markt heraus zu reagieren. Dies wird auch in diesem Jahr wieder der Fall sein; es gibt jedoch kein spezifisches Volumenziel für diese Emissionen.

Wie hoch ist das ausstehende Kreditvolumen, und wie sind Ihre Emissionsallokationen nach Währungen?

Im Juni 2020 waren langfristige Kredite in Höhe von 443 Mrd. Euro ausstehend. Die EIB legt aber für ein Jahr keine Währungsziele fest. Im Allgemeinen sind die drei wichtigsten Währungen Euro, Dollar und britisches Pfund, und zwar in genau dieser Reihenfolge. Der Euro ist im Hinblick auf das Asset-Liability-Management in Sachen Duration die wichtigste Währung. Und sie ist offenkundig auch die wichtigste Auszahlungswährung für Projekte der EIB, da das meiste im Euro finanziert wird.

Die Anleihekäufe der EZB wurden im vergangenen Jahr intensiviert mit anhaltenden Liquiditätseffekten für die Anleihemärkte. Sind Sie und Ihre Investoren noch zufrieden mit der Liquidität der EIB-Anleihen?

Das kann von unseren Investoren vermutlich besser beantwortet werden. Aber wir unternehmen alles, was in unseren Möglichkeiten liegt, um für eine gute Liquidität unserer Bonds zu sorgen. Sicherlich ist die Sekundärmarktliquidität nicht dieselbe, wie sie einmal vor einigen Jahren war, aber die Anleihekäufe durch die Zentralbanken sind nicht der einzige Grund für den Liquiditätsgrad unserer Anleihen. Auch das Handelskapital der Banken ist in Zeiten knappen Kapitals nicht mehr dasselbe, und auch einige regulatorische Änderungen haben sich hier entsprechend ausgewirkt. Der Primärmarkt weist nach wie vor den höchsten Grad von Liquidität auf.

Das Interview führte