Nachhaltigkeit

Finanzwende schießt gegen grüne Fonds

Die unabhängige Bürgerbewegung hat zusammen mit der Analysefirma Morningstar 314 in Deutschland angebotene ESG-Fonds untersucht und kommt zu einem schlechten Urteil. Die Branche wehrt sich.

Finanzwende schießt gegen grüne Fonds

wbr Frankfurt

Das Geschäft mit nachhaltigen Investmentfonds boomt. Seit Anfang 2020 sind mehr als 40 Mrd. Euro in grüne Publikumsfonds und nachhaltige ETFs geflossen. Das Vermögen dieser ESG-Fonds macht heute rund ein Fünftel des gesamten Fondsvermögens in Deutschland aus. Die unabhängige Bürgerbewegung Finanzwende hat jetzt zusammen mit der Analysefirma Morningstar 314 in Deutschland angebotene grüne Fonds mit einem Volumen von etwa 100 Mrd. Euro näher untersucht. Das Ergebnis: „Aus Sicht von Finanzwende dürften viele Anleger darüber überrascht sein, dass ihr nachhaltiger Fonds von der Struktur her so ähnlich aufgebaut ist wie ein konventioneller Fonds“, sagt Analystin Magdalena Senn. Von den in Deutschland untersuchten grünen Fonds liegen 20% der Werte in Tech-Unternehmen wie Google und Facebook, schreibt Finanzwende. Beim MSCI World beträgt der Tech-Anteil 29%. Auf Rang 2 und 3 liegen wie beim Index die Sektoren Finanzen und Pharma.

Die für eine soziale und ökologische Umstellung der Wirtschaft wichtigen Sektoren Transport und Energie finanzieren nachhaltige Fonds nur mit einem deutlich geringeren Anteil. Insgesamt sei das Ergebnis „ein vernichtendes Zeugnis für den Boom grüner Geldanlagen“, schreibt Finanzwende und verweist beispielhaft auf aus ihrer Sicht problematische Investments in Ölwerte, Amazon und VW. „Die Einschätzung der Firmen basiert auf der Berichterstattung über die Unternehmen. Es geht um Fälle, bei denen Unternehmen hinsichtlich von Nachhaltigkeitsaspekten negativ aufgefallen sind“, sagt Senn. Es gehe in der Studie nicht um eine systematische Bewertung von Einzelunternehmen nach ESG-Kriterien. ESG-Rating­agenturen würden Unternehmen nach einzelnen Aspekten analysieren und wiegen zum Teil positive und negative Kriterien auf. Hier gehe es darum zu zeigen, dass in vielen nachhaltigen Fonds auch Skandalunternehmen enthalten sind, die keinesfalls nachhaltigen Kriterien entsprechen. „Es geht darum, ein Bewusstsein zu schaffen, dass der Markt für nachhaltige Investmentfonds ein strukturelles Problem hat“, so Senn. Abhilfe würde aus Sicht von Finanzwende nur eine sehr viel strengere gesetzliche Regelung schaffen, die ohne Zweifel dazu führen würde, dass es sehr viel weniger nachhaltige Finanzprodukte am Markt gäbe.

Klare Zurückweisung

Die Fondsbranche weist die Kritik der Bürgerbewegung Finanzwende scharf zurück. „Wir halten weder Ton noch Argumentation der Finanzwende-Studie für geeignet, die Finanzierung des Übergangs in eine nachhaltige Wirtschaft voranzubringen“, so ein Sprecher des Fondsverbands BVI auf Anfrage. Die Argumentation der Studie laufe im Bereich Ökologie darauf hinaus, dass durch rigide Ausschlusskriterien nur noch die grüne Nische zu finanzieren sei. „Nachhaltigkeit ist aber kein Zustand, sondern eine zukunftsgerichtete Entwicklung“, schreibt der Branchenverband. „Wer dabei die Messlatte für nachhaltige Anlagen von Beginn an zu hoch legt, zementiert den Status quo, statt Veränderung zu ermöglichen“, so der BVI-Sprecher.

Die Gesellschaft Deka wehrt sich ebenfalls entschieden gegen die Angriffe. „Die gesamte Fondsbranche zu kritisieren und das mit einem einzigen, zudem hierzu nicht passenden Beispiel der Deka Investment zu unterlegen, ist methodisch äußerst fragwürdig“, so ein Sprecher des Hauses. Die Deka bemängelt an der Analyse beispielsweise, dass mit Johnson & Johnson ein wesentlicher Player bei der Covid-Impfstoffent­wicklung ausgeschlossen werden solle. „Wir halten das, nicht nur, aber auch aus Nachhaltigkeitsgründen, nicht für zielführend.“

Richtig sei allerdings, dass in dem betreffenden Nachhaltigkeitsfonds auch Werte enthalten sind, in die auch der konventionelle Fonds investiert sei. „Denn erklärtes Ziel dieses Produktes ist es, den Investmentansatz seines konventionellen Pendants beizubehalten“, so die Deka. Darüber hinaus verweist sie darauf, dass sie eine aktive Engagement-Strategie verfolge.

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