Französische Assets zeigen erhöhte Volatilität
Von Thomas Altmann
Die zweitgrößte Volkswirtschaft der Eurozone steht an den Kapitalmärkten aktuell besonders im Fokus. Und genau hier beginnen die Probleme: Denn mit Staatsschulden von 3,2 Bill. Euro ist Frankreich der größte Schuldner der Eurozone. Bei der Gründung der Eurozone trug Frankreich noch 18% zur Gesamtverschuldung bei, jetzt sind es 25%. Und das, obwohl die Eurozone seitdem um mehrere Staaten erweitert wurde. Der Anteil an der Wirtschaftsleistung schwankt um die 20%. Zum Vergleich: Deutschlands-Schulden Anteil liegt bei 20%, der Beitrag zum Eurozonen-BIP bei 29%.
Die prozentuale Staatsverschuldung des Nachbarlandes lag Ende des vergangenen Jahres bereits bei 110% des BIP. Bis 2029 wird der Schuldenberg nach einer Projektion des Internationalen Währungsfonds bis auf 124% ansteigen. Damit läge die Staatsverschuldung nur noch 15% niedriger als in Griechenland. Und aufgrund der aktuellen politischen Entwicklung ist nicht ausgeschlossen, dass die Defizitprognosen von 5,4% bzw. 5,0% für die kommenden beiden Jahre noch einmal revidiert werden müssen.
Heftige Reaktion
Die Finanzmärkte haben auf das Ende der Regierung Barnier bereits heftig reagiert. Schwindet damit doch die Hoffnung auf eine zeitnahe und nachhaltige Konsolidierung des Staatshaushalts. Der Renditeabstand zwischen zehnjährigen französischen Staatsanleihen und zehnjährigen Bundesanleihen ist bis auf 88 Basispunkte angestiegen. Bei 30-jähriger Laufzeit waren es in der Spitze gar 118 Basispunkte. Beides sind die höchsten Stände seit der Eurokrise der Jahre 2011/2012. Zuletzt musste Frankreich hier kurzzeitig bereits eine höhere Rendite anbieten als Griechenland. Zuvor wurde Frankreich hier bereits von Ländern wie Spanien, Zypern, Kroatien und Slowenien überholt.
Die CDS-Prämien, mit denen sich Anlegerinnen und Anleger gegen einen französischen Kreditausfall absichern können, sind ebenfalls deutlich angestiegen – und auch hier umso stärker, je länger die Laufzeit ist. Auch die Ratingagenturen sind alarmiert: Moody's und Fitch haben ihre Ausblicke bereits im Oktober auf negativ gesenkt. Am Euro ist die französische Gefahr ebenfalls abzulesen: Parallel mit dem Kursverfall ist die implizite Dreimonats-Volatilität auf ein 21-Monatshoch angestiegen.
Aktien in der Verlustzone
Auch der Blick auf den Aktienmarkt fällt aus französischer Sicht ernüchternd aus: Von den großen Länder-Indizes aus der Eurozone notiert seit Jahresbeginn nur der CAC 40 im Minus. Dax, FTSEMIB und IBEX liegen allesamt deutlich vorne. Und an der Börse wird für Frankreich mit anhaltend höheren Schwankungen gerechnet: Der Volatilitätsvorsprung des CAC 40 zum Dax ist zuletzt weiter angestiegen. In den ersten fünf Monaten dieses Jahres war das – aufgrund der schwachen deutschen Wirtschaftsentwicklung – noch umgekehrt.
Wer positive Nachrichten aus Frankreich sucht, findet sie beim Wirtschaftswachstum. Um 0,8% ist Frankreichs Wirtschaft in den ersten drei Quartalen des Jahres 2024 gewachsen, während die deutsche Wirtschaftsleistung lediglich konstant geblieben ist. Diese positive Dynamik muss Frankreich nutzen. Denn ob Frankreich im Fall der Fälle auf die Hilfe der EZB hoffen kann, muss angezweifelt werden. Mit dem TPI hat die EZB zwar ein Instrument, das die effektive Transmission der Geldpolitik unterstützen und entsprechend übermäßige Spread-Ausweitungen verhindern soll. Durch das aktuell laufende Defizitverfahren würde sich Frankreich hier allerdings nicht für Wertpapierkäufe durch die EZB qualifizieren. Verbale Interventionen durch die EZB bleiben natürlich trotzdem möglich.
Auch andere Rettungsprogramme scheinen aufgrund der Höhe des französischen Schuldenberges ausgeschlossen. Denn dieser liegt aktuell beim Neunfachen des griechischen Wertes. Bei keinem anderen Land war der Begriff „too big to fail“ bislang so zutreffend.
Ernstes Warnsignal
Die Lage ist ernst, aber (noch) nicht hoffnungslos. Noch ist es für Frankreich nicht zu spät zum Einlenken. Die Entwicklungen an den Märkten sind ein ernstes Warnsignal. Aber geht Frankreich die Konsolidierung der Staatsfinanzen entschieden an, werden auch Spreads und Volatilitäten wieder sinken.
Thomas Altmann ist Head of Portfoliomanagement bei QC Partners.