Frühlingszuversicht an der Wall Street

Nach schwachem Jahresstart der US-Aktien ist der Optimismus zurück - Die Erholung bleibt aber fragil

Frühlingszuversicht an der Wall Street

Die Geschichte des US-Börsenjahres 2016 hat zwar einen katastrophalen Anfang genommen. Relativ still und leise ist der Leitindex S & P 500 mit vier positiv verlaufenen Wochen in Serie aber wieder auf das Niveau zum Vorjahresschluss geklettert. Damit haben sich die Titel an der Wall Street schneller erholt als die europäischen Aktienmärkte. Im Angesicht der Konjunkturprobleme rund um den Globus zeigt sich die US-Wirtschaft derzeit erstaunlich robust.Von Sebastian Schmid, New YorkIn diesem Jahr ist der Frühling in New York bereits Ende Februar und damit gut einen Monat früher als üblich eingezogen. Die entsprechend gute Laune in den gut besuchten Straßencafés Manhattans wird von der zuletzt guten Kursentwicklung an den Märkten befördert. Das US-Börsenjahr war zwar mit starken Einbrüchen gestartet. Nach einigen Wochen des Auf und Ab hat sich der Leitindex S & P 500 aber relativ still und leise wieder voll erholt. Das Schlussniveau des Vorjahres wurde mit einer vierwöchigen Rally überraschend schnell wieder erreicht. An Europas Aktienmärkten ist man noch längst nicht so weit. Trotz der expansiven Geldpolitik der EZB notiert der Euro Stoxx 600 noch im mittleren einstelligen Prozentbereich unter dem Vorjahresschluss.Das hat Gründe: Trotz aller Konjunkturprobleme rund in den Schwellenländern, in China und in Europa zeigt sich die US-Wirtschaft derzeit erstaunlich robust. Die breiten Zugewinne an den Märkten zeugten von der Einsicht, dass die Rezessionsängste doch etwas übertrieben waren, befindet auch Vanguard-Chefökonom Joe Davis. Befürchtungen, die US-Notenbank Fed müsse ihren Zinsanhebungspfad 2016 komplett verlassen, werden schwächer – auch wenn das Gros der Anleger definitiv noch keinen Zinsschritt in der dieswöchigen Sitzung des Offenmarktausschusses erwartet. Die Analysten von Morgan Stanley rechnen damit, die Zinssätze für US-Staatsanleihen mit zehn Jahren Laufzeit dürften per Ende September einen halben Prozentpunkt auf 1,45 % fallen. Einen Zinsschritt erwarten sie erst im Dezember. Ölpreis anfälligDie Entspannung war zuletzt nicht nur am Aktienmarkt zu spüren. Auch der Ölpreis war wieder bei fast 40 Dollar je Barrel angekommen. Bei einer weiteren Erholung gelten vor allem die stark gebeutelten US-Öl- und -Gasgesellschaften als potenzielle Gewinner. Chevron hat etwa seit dem Tief im Januar knapp ein Fünftel an Wert gewonnen. Vor allem die 2015 besonders stark gebeutelten Aktien der Ölfelddienstleister haben eine rasante Aufholjagd hingelegt (siehe Grafik). Allerdings gilt die Erholung des Ölpreises zurecht als anfälliger als die der US-Konjunktur.Am Montag genügte eine Nachricht, um die Preise einbrechen zu lassen. Die iranische Regierung will sich der Übereinkunft mehrerer Länder, ihre Ölproduktionsmenge einzufrieren, vorerst nicht anschließen. Ölminister Bijan Zanganeh erklärte laut Bloomberg, bevor man erwäge, die Produktion einzufrieren, werde diese zunächst um ein Drittel auf 4 Mill. Barrel am Tag angehoben – das Niveau aus der Zeit vor den inzwischen aufgehobenen Sanktionen. Als Reaktion sackte der Ölpreis der Sorte West Texas Intermediate (WTI) am Montag um mehr als 4 % auf 36,94 Dollar ab. Die Aktien von Ölfeldausrüstern wie Baker Hughes oder Schlumberger verloren rund 3 %, während das Öl- und Gasexplorationsunternehmen Chesapeake Energy sogar mehr als 6 % einbüßte. Die Zahl der aktiven Ölfelder ist in den USA mit 480 in der vergangenen Woche auf den tiefsten Wert seit Beginn der Aufzeichnungen im Jahr 1949 gefallen. Ein weiterer Rückgang scheint mit der neuerlichen Wende in der Preisentwicklung nicht ausgeschlossen.Auch andere Rohstoffe haben ihre Tiefstkurse verlassen und einigen Firmen zu unerwartet kräftigen Kurserholungen verholfen. Der Aluminiumkonzern Alcoa hat seit dem Tief Mitte Januar über 40 % an Wert zugelegt. Der 3-Monats-Aluminiumpreis an der London Metall Exchange ist in dieser Zeitspanne um mehr als 100 Dollar auf 1 561,50 Dollar gestiegen. Außerdem profitiert Alcoa von der optimistischeren Konjunktureinschätzung, weil das Geschäft mit vorgefertigten Teilen für Automobil- und Flugzeugindustrie in den vergangenen Jahren kräftig ausgebaut wurde. Alcoa profitiert so doppelt – vom gestiegenen Rohstoffpreis und der gesunkenen Rezessionsangst.