Für Fedex bestehen geopolitische Risiken
Von Dieter Kuckelkorn, Frankfurt
Fedex, oder, wie der Konzern früher hieß, Federal Express ist eine bemerkenswerte Erfolgsgeschichte. Gegründet im Jahr 1971 von Frederick W. Smith als ein Lieferdienst für wichtige Dokumente, die national über Nacht transportiert werden müssen, ist der Konzern heute ein global tätiges Logistik-Unternehmen mit einer Marktkapitalisierung von 53 Mrd. Dollar. Allerdings ist Fedex damit deutlich kleiner als der Hauptkonkurrent UPS, der schon 1907 gegründet wurde und auf eine Marktkapitalisierung von knapp 164 Mrd. Dollar kommt.
Während Logistik-Aktien von der Pandemie stark profitierten, hat sich die Fedex-Aktie zuletzt aber deutlich schlechter entwickelt als der Gesamtmarkt und auch als UPS. So haben die Fedex-Titel seit Jahresbeginn 20% an Wert eingebüßt, UPS hingegen nur 11% und der Benchmark-Index S&P 500 knapp 6%. Auf Sicht von zwölf Monaten ist der Aktienkurs von Fedex um knapp 25% eingebrochen, während die Aktionäre von UPS sogar einen Anstieg von 7% verbuchen konnten.
Es ist zugegebenermaßen ein schwieriges Umfeld, in dem US-Lieferdienste operieren. Der Arbeitsmarkt in den USA ist leergefegt, die Coronavirus-Pandemie behindert weltweit die Aktivitäten und nun kommt auch noch Knappheit an Treibstoff wie Diesel hinzu, was die Kosten in die Höhe treibt. So hat der Konzern mit seinem jüngsten Quartalsergebnis, das er am 17. März vorgelegt hat, die Erwartungen der Marktteilnehmer nicht erfüllen können. Es gelang dem Unternehmen zwar, den Nettogewinn um fast 30% auf 1,22 Mrd. Dollar oder 4,59 Dollar je Aktie anzuheben, bei einem Umsatzwachstum von 14% auf 23,6 Mrd. Dollar. Allerdings hatten die Analysten im Durchschnitt der Schätzungen mit einem Gewinn je Aktie von 4,64 Dollar gerechnet, was die Aktie mit einem deutlichen Kursrückgang quittierte.
Fedex hat weniger stark von der Erholung der Volumina mit dem Abklingen der Pandemie profitiert als der Wettbewerber UPS. Analysten warnen auch bereits von einem größer werdenden Abstand zum Marktführer. Der neue Chief Operating Officer Raj Subramaniam, der erst im Mai den Spitzenposten vom Firmengründer Smith übernahm, hatte den Anlegern zu beichten, dass sich die Aussichten gegenüber den bisherigen Erwartungen verschlechtert haben, was er auf die sich nach wie vor schnell verbreitende Omikron-Variante des Coronavirus schob.
Mäßiges KGV
Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Aktie derzeit nicht teuer ist. Das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) auf Basis der vergangenen vier Quartale liegt bei 13,6, es ist damit aber etwas höher als bei UPS mit 12,9. Da der Aktienkurs derzeit aber nur ungefähr das 0,6-Fache der Erlöse pro Aktie ausmacht, gilt die Aktie als preisgünstig. Dementsprechend sind die Analysten positiv eingestellt: Von 31 Häusern raten 19 zum Kauf und 24 stufen die Aktie mit „Overweight“ ein. Acht Analysten raten immerhin dazu, die Aktie im Portfolio zu behalten. Verkaufsempfehlungen gibt es gar keine. Gemäß dem durchschnittlichen Kursziel von 288,54 Dollar hätte die Aktie ein Potenzial von 39%.
Allerdings hat der Konzern gegenwärtig auch Probleme zu bewältigen. Ein Problem liegt im akuten Arbeitskräftemangel, der dazu führt, dass es derzeit vor allem im US-Geschäft von Fedex Ground zu Verzögerungen in der Auslieferung kommen soll. Dazu trägt nicht nur bei, dass viele Arbeitnehmer durch die Omikron-Virusvariante ausfallen. Eigentlich ist UPS momentan grundsätzlich im Vorteil, mit seiner gewerkschaftlich organisierten Belegschaft, der höhere Löhne gezahlt werden und die damit ein attraktiver Arbeitgeber ist. Subramaniam warnte aber bei der Vorlage des Quartalsergebnisses, dass die Margen im Ground-Geschäft in der zweiten Jahreshälfte unter den bisherigen Erwartungen liegen würden und keinen zweistelligen Prozentsatz erreichen. Die Analysten von Wolfe Research weisen darauf hin, dass Fedex in dieser Sparte auf 8% Marge komme, UPS sich aber in Richtung 12% bewege. „Ich bin wie ein Laser darauf fokussiert, unsere Margen zu verbessern“, verspricht der neue CEO jedenfalls.
Branchenkennern zufolge gibt es auch Verbesserungspotenzial in der Organisation des Konzerns. So habe Smith darauf Wert gelegt, dass die einzelnen Geschäftseinheiten des Konzerns unabhängig voneinander operieren. UPS setzt jedoch auf eine stärker integrierte Organisation, was der neue Fedex-CEO jetzt ebenfalls durchsetzen will.
Das Heben von Synergien scheint dringend notwendig zu sein, weil der Konzern wie die gesamte Branche mit stark steigenden Kosten zu kämpfen hat. Neben höheren Löhnen und Gehältern führen der Ukraine-Krieg und die westlichen Sanktionen zu einem starken Anstieg der Treibstoffkosten für den Konzern. Insbesondere die Diesel-Produktion in den USA ist betroffen. Im Rahmen der Verschärfung der Sanktionen ist damit zu rechnen, dass die USA diese Ölimporte aus Russland nicht mehr fortsetzen. Darüber hinaus erwarten die Rohstoff-Analysten von J.P. Morgan, dass der Ölpreis bis auf einen Rekordstand von 185 Dollar je Barrel klettern könnte, sofern sich die USA und die EU auf einen vollständigen Boykott russischen Erdöls einigen. Dies würde die Treibstoffkosten für die Logistikunternehmen durch die Decke gehen lassen.
Es könnte für die Logistikbranche noch viel schlimmer kommen. Die US-Regierung wirft China vor, Russland wirtschaftlich zu unterstützen und die Sanktionen zu sabotieren. Sollte sich der Ukraine-Krieg in die Länge ziehen und sollten, was sich bereits abzeichnet, die westlichen Sanktionen gegen Russland nicht den gewünschten Erfolg zeigen, könnten diese auf China ausgeweitet werden. Das China-Geschäft ist aber für Logistikkonzerne wie Fedex sehr viel wichtiger als das Russlandgeschäft. Es ist zu erwarten, dass die US-Regierung derartige Maßnahmen gegen China eher früher als später beschließt, da sie die Zwischenwahlen zum Kongress im November wohl verlieren wird, was ihre Handlungsfähigkeit danach einschränkt.
Die Aktie von Fedex ist zwar gegenwärtig günstig bewertet und der neue CEO strebt auch notwendige Adjustierungen innerhalb des Konzerns an. Anleger, die sich für die Fedex-Aktie interessieren, könnten aber gut beraten sein, zunächst einmal die geopolitischen Stürme abzuwarten.