Die Hausse des gelben Metalls läuft am Minenbetreiber Barrick vorbei
Geld oder Brief
Gold-Rally läuft an Schürfer Barrick vorbei
Von Martin Dunzendorfer, Frankfurt
Der Preis für eine Feinunze Gold ist seit Jahresanfang um knapp 30% gestiegen. Das Edelmetall profitierte vor allem von seinem Ruf als „Sicherer Hafen“ in stürmischen Zeiten. Das diese herrschen, liegt an den Kriegen in der Ukraine und im Nahen Osten, am rigorosen Streben Chinas nach mehr politischer und wirtschaftlicher Macht, an Energieknappheit, Handelskriegen, an der schwachen Entwicklung der Weltwirtschaft und der Unsicherheit über die künftige US-Politik. Doch auch der vermeintliche Schutz vor Inflation und Käufe durch Zentralbanken trugen zu dem kräftigen Anstieg des gelben Metalls bei.
Ernüchternde Performance
Im Vergleich dazu war die Performance der meisten großen Minenbetreiber 2024 bislang eher ernüchternd. Abgesehen von der Rally, die Agnico Eagle Mines hinlegte – die Notierung des kanadischen Unternehmens zog seit Jahresanfang um etwa 40% auf einen Marktwert von derzeit 39 Mrd. Dollar an –, gingen die Kursgewinne nicht über den Anstieg des Goldes hinaus oder blieben sogar darunter. Der wesentliche Grund dafür sind die Kosten für Maschinen, Personal, Transport und Instandhaltung sowie Umweltschutz, die stärker zunehmen als die Einnahmen aus den Goldverkäufen.
Zu den größten Enttäuschungen für Anleger zählt die Aktie des kanadischen Minenbetreibers Barrick Gold. Viele Jahre lagen Barrick und die in Denver (Colorado) ansässige Newmont gleichauf, was die Marktkapitalisierung anging. Zeitweise war Barrick der schwerste Branchenwert, dann wieder Newmont. Durch Übernahmen – etwa 2019 von Goldcorp, damals einer der zehn größten Goldproduzenten der Welt – ist der US-Konzern aber in den vergangenen Jahren Barrick weit enteilt. Während Newmont inzwischen 60,5 Mrd. Dollar auf die Waage bringt, kommt Barrick nur auf 34,5 Mrd. Dollar. Schlimmer noch: Agnico Eagle Mines, deren Sitz in Toronto ist, hat dank der Kursrally Barrick sogar von Platz 2 unter den Branchenschwergewichten verdrängt. Agnico profitierte davon, dass eine strikte Politik der No-forward-Goldverkäufe verfolgt wird, die bei steigenden Goldpreisen zu überproportional anziehenden Gewinnen führt.
Analysten raten zum Kauf
Analysten sind für Barrick äußerst positiv gestimmt: Das nahezu einhellige Anlageurteil, das die 22 von Reuters erfassten Research-Häuser, die Barrick beobachten, fällen, ist: „Kaufen“. Das mittlere Kursziel liege bei 23,05 Dollar, was beim derzeitigen Kurs von etwa 20 Dollar ein Aufwärtspotenzial von 15% bedeutet. Das höchste Kursziel liege bei 27,94 Dollar (Aufwärtspotenzial: 40%), das niedrigste bei 20,73 Dollar (4%).
Die Konzernführung von Barrick habe Wachstumsinitiativen initiiert und Maßnahmen zur Produktionssteigerung ergriffen, heißt es in den Studien der Analysten anerkennend. Zudem zeichne das Unternehmen eine solide Finanzlage aus. So wies Barrick zuletzt Nettoschulden von 688 Mill. Dollar aus; das ist kaum mehr als ein Zehntel dessen, was Erzrivale Newmont (6,6 Mrd. Dollar) zeigte. Auch Agnico Eagle Mines wies mit knapp 1,1 Mrd. Dollar deutlich höhere Nettoschulden aus. Von 2024 an werde Barrick netto schuldenfrei sein und 2025 eine Netto-Vermögensposition von über 1,5 Mrd. Dollar zeigen, hat der Board angekündigt.
Im Vergleich zu Newmont und Agnico Eagle erscheinen die Multiples von Barrick attraktiver. Nach Reuters-Daten liegt der Enterprise Value (EV) von Barrick mit 44,4 Mrd. Dollar um rund 27% über der Marktkapitalisierung, bei Newmont sind es nur 11% und bei Agnico sogar nur 2%.
Erwartetes KGV für 2024 bei 16,5
Auf Basis der von Market Screener ermittelten Konsensschätzungen liegt das erwartete Kurs-Gewinn-Verhältnis von Barrick 2024 bei 16,5 und sinkt 2025 und 2026 auf 12,2 bzw. 10,6. Diese Werte liegen jeweils deutlich unter denen von Newmont und Agnico Eagle. Auch in puncto Kurs-Buchwert-Verhältnis (2024e: 1,4; 2025e: 1,3), EV zum Free Cashflow (2024e: 22; 2025e: 13) und EV zum Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen, Ebitda, (2024e: 5,3; 2025e: 3,9) wird Barrick den Prognosen zufolge klar besser dastehen als die Wettbewerber, wobei Agnico bei fast allen Kennzahlen ungünstigere Multiples aufweist als Newmont.
Neben dem Marktrisiko – viele Beobachter rechnen nach dem starken Anstieg des Goldpreises nun mit einer längeren Konsolidierung – dürfen bei Bergbauunternehmen auch die Risiken nicht unterschätzt werden, die sich daraus ergeben, dass viele Minen in politisch instabilen Regionen betrieben werden. So wurde Anfang der Woche bekannt, dass Malis Militärregierung von Barrick umgerechnet mindestens 500 Mill. Dollar an ausstehenden Steuern und Dividenden fordert.
Barrick hatte erst am 30. September erklärt, es habe sich mit der Regierung auf eine Lösung der bestehenden Forderungen und Streitigkeiten geeinigt.
Afrika will größeres Stück vom Kuchen
Derzeit streben Regierungen in ganz Afrika danach, Kapital aus dem Wettlauf um Bodenschätze zu schlagen. Die Minen auf dem Kontinent werden großteils von ausländischen Unternehmen betrieben. Um die Betreiber zum Einlenken zu bringen und einen größeren Anteil an den Einnahmen in die Staatskassen zu leiten, werden u.a. Mitarbeiter – vor allem einheimische – verhaftet und mit dem Entzug von Bergbaulizenzen gedroht.