„Geringe Korrelation zu klassischen Investments“
Christopher Kalbhenn.
Herr Brezina, warum sollten institutionelle Investoren Infrastrukturanlagen einbeziehen?
Viele institutionelle Investoren werfen ein Auge auf Infrastrukturinvestments. Die entscheidende Frage sollte dabei nicht in erster Linie sein, in was ich investieren möchte, sondern welchen Nutzen ich im Portfolio erzielen möchte. Richtig angegangen, weisen Investments in Infrastruktur eine vergleichsweise geringe Korrelation zu klassischen Investments wie beispielsweise in Aktien oder Renten auf. Weitere Vorteile von Infrastrukturanlagen sind eine risikoadjustiert hohe Rendite, die Möglichkeit einer breiteren Streuung und stabile Erträge mit hohen jährlichen Ausschüttungen. Letzteres ist etwa für Pensionskassen wichtig, die Zahlungen an Ihre Pensionäre zu leisten haben. Investoren müssen allerdings bereit sein, auf einen Teil der Liquidität zu verzichten. Infrastrukturaktien beziehungsweise darauf fokussierte ETFs sind sehr liquide, in einem Abschwung bewegen sie sich jedoch im Gleichlauf mit den Märkten, so dass der Vorteil der geringen Korrelation entfällt. Bleibt also nur der Private-Markets-Bereich, in dem direkt oder indirekt über Fonds angelegt werden kann.
Welche besonderen Stärken hat die Assetklasse?
Eine ihrer besonderen Stärken ist ihre Heterogenität. Zu unterscheiden sind dabei wirtschaftliche und soziale Infrastruktur. Investierbare Assets bieten im Bereich der wirtschaftlichen Infrastruktur die Sektoren Transport und Verkehr, dort etwa Mautstraßen und Flughäfen, Energie, wo wir uns auf erneuerbare Energien fokussieren, Ver- und Entsorgung, dort zum Beispiel Strom- und Gasverteilung sowie Abfallbeseitigung und -aufbereitung, und der große Telekommunikationssektor mit interessanten Assets wie Mobilfunkmasten, Glasfaserkabeln und Datenzentren. Im Bereich der sozialen Infrastruktur bieten beispielsweise Krankenhäuser, Bildungseinrichtungen sowie Sport- und Kulturstätten Anlagemöglichkeiten.
Wie gestalten sich die Erträge von Infrastruktur-Assets?
Die Erträge sind genauso heterogen wie die Assetklasse. Einzelne Infrastruktur-Subsektoren sind in puncto Erträge sogar negativ korreliert. So hat der Verkehrssektor stark unter den Corona-Restriktionen gelitten. Mautstraßen etwa hatten in den europaweiten Lockdowns nur noch 20 bis 30% ihrer normalen Erträge, sofern es sich um volumenbasiert vergütete Mautstraßen handelt. Hier fiel also ein enormer Teil der Zahlungen weg. Gleichzeitig führten das Homeoffice und das Homeschooling oder etwa auch das verstärkt genutzte Streaming in der Telekommunikationsinfrastruktur zu einer sehr hohen Nutzung. Wir haben hier also zwei negativ korrelierte Subsektoren und damit einen natürlichen Hedge. Hier zeigt sich der Vorteil der breiten Streuung der Assetklasse. Wichtig ist in diesem Zusammenhang, die Vergütungssysteme zu unterscheiden. Mautstraßen können beispielsweise nutzungsabhängig, also nach Verkehrsaufkommen, vergütet werden. Ebenfalls gibt es aber zum Beispiel im Rahmen von Public Private Partnerships rein bereitstellungsbasierte Vergütungen mit fest vereinbarten Zahlungen. Dieser Bereich erwies sich in der Pandemie als weiterhin sehr stabil.
Man muss sich also als Investor detailliert mit Verträgen befassen.
Wir schauen daher nicht nur auf Subsektoren, sondern auch auf die vertraglichen Strukturen, die darunter liegen. In unserem Portfolio weisen ca. 75% der Assets vertraglich fixierte Vergütungen auf. Der Nutzen sind hohe fixe Zahlungen, was in der Pandemie sicherlich sehr hilfreich war.
Die hohe Inflation steht derzeit im Fokus der Investoren und Infrastrukturanlagen gelten als Möglichkeit, sich dagegen zu schützen. Wie funktioniert das?
Angesichts einer Inflation im Euroland von 7,5% ist das zweifellos ein wichtiges Thema. Die Energiepreise, Mieten und zunehmend auch die Lebensmittelpreise ziehen an. Infrastruktur ist aber nicht gleich Infrastruktur, weil die Assetklasse ebenso heterogen ist. Ob ein Inflationsschutz möglich ist, hängt von zwei Faktoren ab. Der eine sind hohe Markteintrittsbarrieren beziehungsweise monopolartige Stellungen. Wenn ein Glasfasernetz bereits vorhanden ist, wird kaum ein weiterer Anbieter die enormen Kapitalkosten aufbringen wollen, ein zusätzliches Netz zu errichten, das dieselben Haushalte und Unternehmen bedient. In solchen Fällen haben die bestehenden Anbieter die Möglichkeit, höhere Kosten weiterzugeben. Die zweite Möglichkeit sind vertragliche Konstruktionen, die es dem Investor erlauben, eine höhere Inflation an die Nutzer seiner Infrastruktur weiterzugeben. Das findet man häufig in der sogenannten Kern- oder Basisinfrastruktur. Diese Klauseln können unterschiedlich ausgestaltet sein und entweder starre Preiserhöhungen von z.B. 2% jährlich erlauben, oder es findet eine direkte Koppelung an einen Konsumentenpreisindex statt.
Werden die steigenden Zinsen denn nicht an den Erträgen zehren?
Auch das Zinsgefüge ist wichtig. Die Zentralbanken haben verstanden, dass die höhere Inflation nicht vorübergehend ist, und haben begonnen, die Zinsen zu erhöhen. In den USA könnte der Leitzins bald bei 2% liegen. Das wäre schon ein straffer Zinsanstieg und hätte Auswirkungen auf alle Investitionsmärkte, auch auf Infrastruktur. Wenn Sie als Investor in einer Phase steigender Zinsen Fälligkeiten auf Verbindlichkeiten haben, haben Sie in so einem Umfeld häufig im Rahmen der Anschlussfinanzierung steigende Kosten. Es ist daher wichtig, dass Assets möglichst langfristig und zu fixen oder abgesicherten Zinssätzen finanziert sind, sonst verlieren Sie auf der Kapitalkostenseite, was Sie aus Ihren indexierten Verträgen an zusätzlichem Ertrag vereinnahmen können. Sofern langfristig finanziert, kann Infrastruktur zum Inflationsschutz beitragen.
Ist das denn die Regel?
Nicht in allen Infrastrukturbereichen ist die Möglichkeit einer langfristigen Finanzierung gegeben. Bei den Assets in unserem Portfolio achten wir jedoch sehr stark darauf.
Ihr Portfolio setzt mit erneuerbaren Energien auf einen der großen Trends unserer Zeit. In welche weiteren großen Trends können Anleger über Infrastruktur investieren?
Infrastruktur bietet nicht nur die Möglichkeit, in die Produktion von erneuerbaren Energien zu investieren, sondern auch auf das viel weiter gespannte Thema Energiewende. Europa hat sich große Ziele gesetzt. So soll im Jahr 2050 die Klimaneutralität erreicht werden. In dieser Hinsicht ist bereits viel geschehen. Aber es gibt große Gefälle zwischen den EU-Staaten. In Schweden liegt der Anteil erneuerbarer Energien bei über 50%, Deutschland liegt mit 17% im Mittelfeld, andere EU-Staaten haben in der Stromversorgung noch einen Kohleanteil von zwischen 70% und 80%. Abgesehen davon, dass der Anteil fossiler Energien insgesamt zu hoch ist, ist die Verteilung also sehr unterschiedlich. Hinzu kommen unterschiedliche Herangehensweisen. Anders als Deutschland setzt bspw. Frankreich bei der Dekarbonisierung auf Kernenergie. Diese hat aber ihre Schwächen wie etwa die ungeklärte Frage der Entsorgung, hohe Kosten und extrem lange Genehmigungs- und Bauzeiten. Deutschland ist aus der Kernenergie ausgestiegen und nutzt Erdgas als Übergangstechnologie. Deutschland und Frankreich haben also beide ehrgeizige Ziele, aber es geht zu langsam voran. Die Problematik ist sehr komplex.
Was muss Ihrer Meinung nach geschehen?
Was wir brauchen, ist eine hinreichende Energieinfrastruktur insgesamt, d.h. intelligente Netze für Stromspeicherung und -verteilung, um die durch die erneuerbaren Energien entstehenden Produktionsschwankungen auszugleichen. Weitere kommende Herausforderungen sind beispielsweise ein entstehender Fachkräftemangel und schon heute Rohstoffe, etwa Kupfer, Seltene Erden, Lithium und Kobalt. Beides wird ein Engpass werden. Notwendig ist auch eine Ladeinfrastruktur für elektrisch betriebene Fahrzeuge. Wir brauchen also die Energiewende auch, um eine Mobilitätswende einzuleiten. Tatsache ist: Wir werden das schaffen. Politik, Wirtschaft, Verbraucher und Investoren müssen dazu aber einen Interessensausgleich schaffen. Ein zukünftig wichtiges Thema ist grüner Wasserstoff. Auch das geht nur über eine entsprechende Infrastruktur Derzeit sind wir hier noch nicht aktiv, da noch die Investitionsobjekte, die den Anforderungen unserer Investitionsstrategie entsprechen, fehlen.
Gibt es in Ihrer Anlagepolitik Ausschlüsse?
Im Energiebereich haben wir Ausschlüsse, was fossile Brennstoffe betrifft. Kohlekraftwerke werden Sie bei uns nicht finden, auch nicht Nuklearkraftwerke. Der Gasbereich spielt bei uns nur als Übergangstechnologie eine Rolle, aber nur in geringem Umfang. In Flughafenbeteiligungen sind wir untergewichtet, denn es ist schwierig, sie als nachhaltig zu betrachten. Minenaktivitäten sind ein weiterer Bereich, den wir nicht mitfinanzieren.
Welche Schwerpunkte hat Ihr Fonds?
Der Anteil der erneuerbaren Energien ist bei uns relativ groß. In der Spitze kann der Anteil schon mal 40% erreichen. Das liegt an der Struktur des Portfolios. Wir sind Dachfondsmanager, d.h. wir investieren in andere Fonds, um eine breite Streuung zu erzielen. In erneuerbare Energien legen wir als Aquila Capital auch selbst an. Unser Portfolio besteht zu 65% aus Drittfonds und zu 35% aus direkten Investitionen, überwiegend im Bereich der erneuerbaren Energien.
Das Interview führte