Glaube an V-förmige Erholung gering

Fondsmanager erwarten stärkeres Wachstum - Gier der Investoren bleibt trotz Börsenrally aus

Glaube an V-förmige Erholung gering

Während Assetmanager weltweit optimistischer für die globale Konjunktur werden, beobachten sie die Rally an den Aktienmärkten mit Skepsis. Die Angst vor dem Coronavirus bleibt hoch – aufgrund der starken Fiskalstimuli werden europäische Aktien aber attraktiver, so das Ergebnis einer Umfrage der BoA.xaw Frankfurt – Fondsmanager befinden sich derzeit in einem Zwiespalt. So ziehen ihre realwirtschaftlichen Erwartungen kräftig an, während sie die Rally der Aktienmärkte skeptisch beobachten. Dies ergibt die jüngste, vom 2. bis 9. Juli vorgenommene globale Fondsmanagerumfrage der Bank of America (BoA).Demnach rechnen netto 72 % (Saldo aus positiven und negativen Antworten in Prozent der Umfrageteilnehmer) auf Sicht von zwölf Monaten mit einem stärkeren Wachstum der Weltwirtschaft. Dies stellt einen Anstieg von elf Prozentpunkten gegenüber dem Vormonat und den höchsten Stand seit Januar 2014 dar. Dabei gaben 36 % der Befragten sogar an, die globale Konjunktur werde “deutlich stärker” anziehen – dies ist der höchste gemessene Anteil seit Beginn der Umfrage im Oktober 1994. Allerdings bleibt der Glaube an eine V-förmige Erholung gering: Nur 14 % der Fondsmanager erwarten eine solche, im Vormonat waren es noch 18 %. Dagegen rechnen 30 % mit einer W-förmigen Erholung, 44 % halten einen U-förmigen Verlauf für wahrscheinlich.Trotz der 24 Bill. Dollar schweren Rally an der Wall Street bleibt die Gier der Investoren daher bislang aus. Der Durchschnitt der angegebenen Kassaquoten der Fonds, der im Zuge der Juni-Umfrage noch den stärksten monatlichen Rückgang seit August 2009 verzeichnet hatte, legte im Juli wieder zu. Nach 4,7 % im Vormonat stieg er auf 4,9 %. Bullenmarkt-Indikator steigtDer “Bull & Bear”-Indikator der BoA liegt mit 2,9 Punkten zwar deutlich über dem Niveau vom Frühjahr, ist aber noch weit vom Bullenterritorium oberhalb von acht Punkten entfernt. Schließlich hält mit einem Nettoanteil von 71 % eine leicht rückläufige, aber immer noch eine überdurchschnittlich hohe Zahl der Umfrageteilnehmer den Aktienmarkt für überbewertet.Für große Unsicherheit sorgt nach wie vor das Coronavirus. Eine zweite Pandemiewelle halten 52 % der Befragten für das derzeit größte Marktrisiko, im Juni waren es noch 49 %. Infolge der Lungenseuche erwarten die Fondsmanager mehrere strukturelle Änderungen in der globalen Wirtschaft: Die bedeutendste werde dabei die Rückverlagerung der Produktion in die Heimatländer der Unternehmen sein – daran glauben netto 67 %. Dagegen halten die Befragten eine künftige Zinskurvenkontrolle durch die Fed für eher unwahrscheinlich, per saldo rechnen 54 % nicht mit einer langfristigen Steuerung der Zinsen.Die Sorge vor einem systemischen Kreditereignis drängt zurück in die Top drei der Gefahren und verdrängt dort die Sorge vor einer dauerhaft hohen Arbeitslosigkeit. So sorgen sich 11 % der Fondsmanager am stärksten davor, dass ein großer Teil der Gläubiger seine Kredite aus Verzugsgründen sofort fällig stellt. Derweil steht auch das Ergebnis der US-Wahlen wieder stärker im Fokus der Investoren, nach 10 % im Juni sehen dieses Ereignis nun 15 % der Befragten als größtes Risiko – damit rückt es in der Rangliste von Platz drei auf Platz zwei vor. Die Sorge vor einem Auseinanderbrechen der EU, im Mai noch mit 11 % auf Platz drei der Finanzmarktrisiken, ist hingegen inzwischen komplett aus der Liste der Gefahren verschwunden. Europa im AufwindTatsächlich zeigt sich im erhöhten Engagement der Investoren in europäischen Aktien laut der BoA eine der größten Verschiebungen im Vergleich zum Vormonat. Die fiskalpolitischen Stimuli innerhalb der Europäischen Union führen dazu, dass die Fondsmanager bei Titeln aus der Staatengemeinschaft schon deutlich stärker zugegriffen haben – zudem planen per saldo 21 % der Befragten, EU-Aktien in den kommenden zwölf Monaten überzugewichten. Gegenüber dem Juni ist das ein Zuwachs von sieben Prozentpunkten. Zudem glauben netto 42 % der Umfrageteilnehmer, dass der Euro aufwerten wird. Im Vormonat waren es noch 30 %. Neben dem Interesse an der EU und der Eurozone hat sich auch die Partizipation am Rohstoffmarkt ausgeweitet. Per saldo gaben 12 % der Fondsmanager an, Rohstoffe übergewichtet zu haben, dies ist der höchste Wert seit Juli 2011. Derweil sind netto 31 % in Anleihen untergewichtet. Gegenüber dem Vormonat ist die Bondallokation damit zwar um fünf Prozentpunkte rückläufig, liegt allerdings immer noch über ihrem langfristigen Durchschnitt. Die Aktienallokation hingegen rangiert mit einem Rückgang um einen Prozentpunkt auf ein angegebenes Netto-Übergewicht von 5 % unter dem langfristigen Mittelwert.Innerhalb des Aktienmarktes haben die Fondsmanager ihre Investitionen in die Rally-Zugpferde Pharma und Technologie ausgeweitet. Allerdings stellen die US-Tech-Werte nach Ansicht von 74 % der Befragten das überlaufenste Marktsegment dar – dies ist der höchste Anteil seit Beginn der Befragung. Angesichts der bereits sehr hohen Kursniveaus und der Positionierung eines großen Teils der Marktteilnehmer ergibt sich laut den BoA-Strategen aus konträrer Sicht derzeit ein guter Zeitpunkt, um Short-Positionen gegenüber den Tech-Titeln aufzubauen. Dagegen sorge die vergleichsweise robuste Entwicklung des Ölpreises trotz Spekulationen um Produktionsausweitungen der Opec für Einstiegschancen im Energiesektor.