Gute Perspektiven für Chinas Staatsanleihemarkt
kjo Frankfurt
Der Markt für chinesische Staatsanleihen ist mittlerweile zu groß, um von Anlegern ignoriert werden zu können. Als drittgrößter Bondmarkt der Welt vereint er attraktive Erträge und Kapitalzuwachspotenzial mit einer schnell wachsenden Volkswirtschaft. Dennoch ist das Exposure ausländischer Anleger in dem wachsenden Markt immer noch gering, meinen die Kapitalanlageexperten von Goldman Sachs Asset Management (GSAM).
Nach Ansicht von GSAM sprechen insbesondere vier wichtige Gründe für chinesische Staatsanleihen. Erstens: Die Binnenwirtschaft nimmt Fahrt auf. China habe sich nach der Pandemie gut erholt und gehöre zu den wenigen Ländern, deren Wirtschaftsleistung nicht nur das Niveau von vor der Pandemie wieder erreicht habe, sondern noch deutlich über dem Stand von Ende 2019 liege. China sei das erste Land gewesen, das von der Pandemie betroffen gewesen sei, und auch das erste, das sich wieder davon erholt habe. „Die Fabriken des Landes gehörten weltweit zu den ersten, die Anfang 2020 schlossen, als sich Covid-19 auszubreiten begann. Aber sie konnten auch früher wieder öffnen, als sich die Neuinfektionen in China verlangsamten“, heißt es bei dem Assetmanager weiter. Wahrscheinlich sei, dass das Wachstum 2021 mehr von der Binnenwirtschaft bestimmt werde. Mit steigenden Impfquoten und Einkommen würden die Investitionen im verarbeitenden Gewerbe und der Konsum eine wichtige Rolle einnehmen.
Bei einem selbsttragenden und von der Binnenwirtschaft beflügelten Wachstum sinke der Bedarf an fiskalpolitischer Unterstützung und Kreditwachstum, mit denen die Regierung die Auswirkungen der Pandemie und des Handelskriegs zwischen den USA und China aufzufangen versuchte. „Daher erwarten wir im Verlauf von 2021 eine Kreditverknappung. Für die Währung ist der makroökonomische Hintergrund dank des nach wie vor starken Wachstums, des Leistungsbilanzüberschusses und des für China vorteilhaften Zinsgefälles günstig“, so die Experten. Man gehe davon aus, dass der Yuan im kommenden Jahr gegenüber den wichtigsten Währungen von Industrie- und Schwellenländern aufwerte.
Zweitens: Chinesische Staatsanleihen bieten hohe Renditen und Diversifikationspotenzial bei einer niedrigen Volatilität. Das bedeute: Chinesische Staatsanleihen wiesen einen attraktiven Renditeaufschlag gegenüber Staatsanleihen aus Industrieländern mit vergleichbarer Laufzeit auf, selbst wenn man den jüngsten weltweiten Zinsanstieg berücksichtige. Chinesische Staatsanleihen hätten beispielsweise einen Anstieg um 150 Basispunkte gegenüber vergleichbaren US-Staatsanleihen verzeichnet, deren Renditen dadurch beeinträchtigt würden, dass das Wachstum langsamer sei und die US-Notenbank Fed ihren eigenen Angaben zufolge vor 2023 nicht an der Zinsschraube drehen werde.
Geringe Korrelation
In einem Rentenportfolio könnten chinesische Staatsanleihen zudem als wirksames Diversifikationsmittel dienen. Sie korrelierten nur geringfügig mit anderen großen Staatsanleihemärkten sowohl in Industrie- als auch in Schwellenländern sowie mit den wichtigsten globalen Indizes für Staatsanleihen. Neben attraktiven Renditen wiesen chinesische Staatsanleihen in der Regel auch eine deutlich geringere Volatilität im Vergleich zu Anleihen aus anderen Industrieländern auf.
Drittens: Kapitalzuflüsse werden durch die Aufnahme in die wichtigsten Indizes steigen. Bis Oktober 2021 werde China in drei wichtigen globalen Rentenindizes vertreten sein. Das könnte insgesamt Investmentzuflüsse im Bereich von 250 bis 300 Mrd. Dollar auslösen, was zu einem Rückgang des Renditeabstands und zu Kapitalzuwachs führen könnte. Die People’s Bank of China habe zudem eine Reihe von Maßnahmen ergriffen, um den Handel für ausländische Anleger zu erleichtern und so das Wachstum des Markts zu unterstützen. „Die Marktliquidität könnte durch den leichteren Zugang voraussichtlich steigen, was Chinas wichtige Rolle am globalen Markt und in einem diversifizierten Rentenportfolio noch festigen wird“, führen die Experten weiter aus.
Viertens: Bei ESG-Aspekten macht China Fortschritte. „Das Land gilt in diesem Bereich zwar nicht als führend, doch es bewegt sich in die richtige Richtung. Nach unserem hauseigenen Scoring-System für Anleihen aus Industrie- und Schwellenländern rangiert China im Mittelfeld und ist daher, was ESG-Kriterien angeht, gleichauf mit vergleichbaren Märkten“, so die Einschätzung bei GSAM. Der Bereich Umwelt sei problematisch in China, doch bei Sozial- und Unternehmensführungsfaktoren schneide das Land besser ab. Der Fokus der Regierung auf ihren aktuellen Fünfjahresplan zur Reduzierung der Treibhausgasemissionen und zur Verbesserung der Luftqualität stimme jedoch zuversichtlich.