Harter Brexit hart für Autoaktien

Oddo BHF schlüsselt die größten Verlierer eines ungeregelten britischen EU-Austritts am Aktienmarkt auf

Harter Brexit hart für Autoaktien

Die Aktien von europäischen Autoherstellern, Fluglinien und Banken würden von einem ungeregelten Brexit am stärksten in Mitleidenschaft gezogen. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie von Oddo BHF zu den Konsequenzen eines harten Brexit. Britische Aktien gerieten wohl am stärksten unter Druck.Von Stefan Schaaf, FrankfurtGibt es einen harten Brexit, wird er verschoben oder gar ein neues EU-Referendum ausgerufen? Noch immer sind die Modalitäten unklar, unter denen das Vereinigte Königreich die EU verlässt – und das einen Monat vor dem angestrebten Austrittstermin. Die übergroße Mehrheit der Marktakteure rechnet jedenfalls noch immer mit einer Übereinkunft.Doch für den Fall, dass irgendetwas schiefläuft, hat Oddo BHF seine Kunden nun vorbereitet. In einer Studie, die der Börsen-Zeitung exklusiv vorliegt, untersucht das Analystenteam des französisch-deutschen Hauses, welche Indizes, Branchen und Einzelwerte von einem harten Brexit besonders betroffen wären. Erstellt wurde die Studie unter Leitung von Chefvolkswirt Bruno Chevalier und dem leitenden Aktienanalysten Stephane Houri (vgl. Interview unten). Während bei einem harten Brexit neben dem britischen vor allem die Aktienmärkte in Irland und Nordeuropa leiden würden, wären auf Branchenebene die Aktien von Autoherstellern, Rüstungs- und Luftfahrtunternehmen, Fluggesellschaften sowie Banken voraussichtlich die größten Verlierer.Mit Ausnahme der Studien, welche von Brexit-Befürwortern erstellt wurden, gibt es einen großen Konsens: Ein harter Brexit würde die Wirtschaft im Vereinigten Königreich einbrechen lassen. In abgeschwächter Form würde allerdings auch die künftige EU-27 belastet.Sollten die Briten ohne Übereinkunft ausscheiden, so würde der Handel künftig nach den Regeln der Welthandelsorganisation WTO erfolgen, was Zollkontrollen und die Einführung nichttarifärer Handelshemmnisse zur Folge hätte. Betroffen wäre davon rund die Hälfte der britischen Exporte, da diese in die EU gehen. Umgekehrt ist es deutlich weniger. Von den deutschen und französischen Exporten fließen nur rund 7 % über den Kanal. Und selbst bei den am stärksten betroffenen Iren sind es nur 15 %.”Im Falle eines No Deals würde der Handel massiv zurückgehen, was zu einer Störung der britischen Wirtschaft und einer drastischen Verschärfung der finanziellen Bedingungen führen würde”, heißt es in der Studie. Daraus folge auf mittlere Sicht ein Wachstumsverlust für das Vereinigte Königreich von 5 %, womit die Konsequenzen fast so stark wären wie während der globalen Finanzkrise. Für die Eurozone wird ein Schock von rund 1 % erwartet. FTSE 250 größter VerliererEntsprechend der Betroffenheit einzelner Länder und der an ihren Aktienmärkten notierten Unternehmen ergeben sich den Analysten zufolge auch unterschiedlich starke Konsequenzen für die europäischen Indizes. Auch wenn, wie die Analysten einräumen, die Auswirkungen nicht genau zu quantifizieren ist, so seien zwei Dinge klar: Ein harter Brexit wird die europäischen Aktienmärkte belasten, und er ist trotz der näher rückenden Deadline in die Kurse noch nicht eingepreist. In der Studie wird der Londoner FTSE 250, der viele auf den britischen Binnenmarkt orientierte Unternehmen enthält, als am meisten von einem harten Brexit betroffener Aktienindex genannt. Ihm folgt der stärker von global ausgerichteten Unternehmen geprägte FTSE 100 und danach der irische Iseq, anschließend die paneuropäischen Indizes Stoxx 50 und Stoxx 600. Warum der Auswahlindex Stoxx 50 stärker betroffen sein könnte als der Stoxx 600, obwohl er nur 5 % britische Aktien (Stoxx 600: 25 %) enthält, begründen die Analysten folgendermaßen: “Der absehbare Rückgang des Stoxx 600 könnte durch Anleger außerhalb der Eurozone, die in Schweizer Aktien (18 % des Index) investieren, abgefedert werden, obwohl die bilateralen Bankverbindungen wichtig sind.”Auf Länderebene sehen die Analysten die Märkte in Skandinavien sowie in Belgien und den Niederlanden am stärksten betroffen. Sie raten daher zur Untergewichtung der entsprechenden Indizes. Unter den vier großen Volkswirtschaften der Eurozone habe Deutschland die größte Exposition gegenüber dem Vereinigten Königreich mit einem Anteil von 3,3 % seiner Wirtschaftsleistung. Spanien kommt auf einen Wert von 3,1 %, Frankreich auf 2,7 % und Italien auf 1,8 %. Dax riskanter als CAC 40Im Fall der beiden südeuropäischen Länder könnte diese vorteilhafte Position jedoch durch interne politische Risiken unterminiert werden, warnen die Autoren der Studie. Deshalb wird der italienische FTSE MIB mit Platz 10 als riskanter als der Dax mit Platz 11 eingeschätzt. Ihm folgen dann der spanische Ibex und der französische CAC 40.Ein Belastungsfaktor für den deutschen Aktienmarkt wäre die starke Gewichtung der Aktien von Autoherstellern und -zulieferern in den wichtigen Indizes. Aus Frankreich könnte allerdings Peugeot stark betroffen sein wegen ihrer britischen Tochter Vauxhall.