Hoffnung auf Abe-Sieg treibt Nikkei

Index steigt auf höchsten Stand seit 1996 - Ausländische Anleger melden sich als Käufer zurück

Hoffnung auf Abe-Sieg treibt Nikkei

Die Aussicht auf einen klaren Wahlsieg von Premierminister Shinzo Abe und damit eine Fortsetzung seiner Abenomics genannten Wirtschaftspolitik treibt den japanischen Aktienmarkt. Am Montag stieg der Hauptindex Nikkei auf den höchsten Stand seit dem Jahr 1996.Von Martin Fritz, TokioVor der Parlamentswahl am kommenden Sonntag steht Japans Aktienmarkt unter Strom. Am Montag stieg der Nikkei 225 um 0,5 % auf 21 256 Yen und legte damit den zehnten Handelstag hintereinander zu. Das ist die längste Gewinnstrecke seit Mai 2015. Der breiter gefasste Topix rückte 0,6 % auf 1 719 Punkte vor und brachte es auf sechs Plus-Tage in Folge. Für den Nikkei ist es der höchste Wert seit Ende 1996, für den Topix seit Februar 2007. Das Handelsvolumen stieg auf ein Fünfmonatshoch.Die Rally wird von der Rückkehr ausländischer Investoren an die Tokioter Börse im Viertel Kabutocho getragen. Nach neun Wochen mit Nettoverkäufen wurden ausländische Adressen ab der letzten September-Woche wieder zu Nettokäufern. Unterm Strich erwarben sie in der ersten Oktober-Woche Aktien für 657,5 Mrd. Yen (5 Mrd. Euro). Das war ein Wochen-Höchstwert für 2017.Die Kurszuwächse hängen zum einen damit zusammen, dass die Brisanz der Nordkorea-Krise im September abgenommen hat. Dabei ging der Verkaufsdruck zurück. Zum anderen sind ausländische Anleger in Japan unterinvestiert. Daher kommt es nun zu einem Nachholeffekt. Denn anders als zunächst erwartet dürfte die Regierungskoalition von Premier Shinzo Abe die Wahl klar gewinnen. Nach den letzten Umfragen könnte seine Liberaldemokratische Partei (LDP) aus eigener Kraft die Mehrheit der Sitze erobern. Dagegen ist der Stern der neuen oppositionellen Hoffnungspartei der Tokioter Gouverneurin Yuriko Koike schon verglüht, bevor er richtig aufgegangen ist. Die Hoffnungspartei dürfte deutlich schlechter abschneiden als erwartet, weil Koike selbst nicht für das Parlament kandidiert.Aus Anlegersicht bedeutet dies, dass die Wirtschaftspolitik der Abenomics weitergeht. Insbesondere die Fortsetzung der ultralockeren Geldpolitik scheint gesichert. Entweder die Amtszeit von Gouverneur Haruhiko Kuroda, die im Frühjahr endet, wird verlängert, oder ihm folgt ein ähnlich denkender Geldpolitiker. Falls die Opposition tatsächlich so schwach bleibt wie bisher, dürfte Premier Abe allerdings wenig neuen Ehrgeiz bei Strukturreformen zeigen. Zum Beispiel wird die Forderung der Koike-Partei, die hohen Barreserven der Unternehmen zu besteuern, von der LDP skeptisch beurteilt. Außerdem hält Abe an der Erhöhung der Umsatzsteuer im Oktober 2019 fest. Damit fehlt es an neuen Impulsen, so dass es nach der Wahl zu Gewinnmitnahmen kommen könnte. Laut der Finanzzeitung “Nikkei” ist der Topix-Index bei sieben der acht Unterhaus-Wahlen seit 1993 in den 20 Tagen davor gestiegen, aber in fünf von acht Fällen in den 20 Tagen danach gefallen. Positive FundamentaldatenDaher werden sich viele Anleger in Japan bald wieder auf die positiven Fundamentaldaten fokussieren. Die Wirtschaft dürfte wohl auch im laufenden zweiten Halbjahr wachsen. Das Geschäftsklima für alle Branchen hat den höchsten Stand seit 1991 erreicht. Denn von dem robusten Aufschwung profitieren erstmals seit langem auch kleine und mittlere Unternehmen. Auch bei der Inflation gibt es Lichtblicke: Das Wachstum hat den Arbeitskräftemangel so verschärft, dass erstmals seit Jahrzehnten die Quote der Teilzeitbeschäftigten sinkt. Das läuft mittelfristig auf höhere Löhne und mehr Konsum hinaus. Das könnte den von der Bank of Japan propagierten Tugendkreis von steigenden Löhnen und Preisen in Gang setzen. Aber noch bezweifeln viele Ökonomen, dass die Notenbank ihr Inflationsziel von 2 % wirklich erreichen kann.Ähnlich kontrovers beurteilen Analysten die Perspektiven für die Bewertungen und die Unternehmensgewinne. Der Investment-Direktor der Capital Group, Christophe Braun, hält sowohl Kurs-Gewinn- als auch Kurs-Buch-Verhältnis in Japan für “historisch günstig” (Interview in der Börsen-Zeitung vom 19. September). Investoren sollten diesen Abschlag nutzen, so Braun. Morgan Stanley MUFG begründet ihren Optimismus für den Markt mit anziehenden Gewinnen. 32 % der Unternehmen mit den schwersten und liquidesten Aktien würden den Gewinnkonsens für das dritte Quartal schlagen. Zudem werde die Konsensprognose für 49 % dieser Unternehmen in den nächsten drei bis sechs Monaten nach oben korrigiert und nur bei 11 % nach unten.Dagegen hat sich UBS Japan seit einiger Zeit neutral positioniert. Analyst Toru Ibayashi erwartet im laufenden Geschäftsjahr (bis 31. März 2018) ein Gewinnwachstum nur im mittleren einstelligen Bereich (2016: + 14 %) und empfiehlt Titel, die von einer höheren Inflation profitieren, darunter Immobilienwerte wie Mitsubishi Estate, Internettitel wie Yahoo Japan sowie Bankenwerte wie die Finanzgruppen Mitsubishi UFJ und Sumitomo Mitsui.