Airline-Aktie

Hohe Flugpreise treiben United Airlines an

Die Aktie von United Airlines hat sich 2022 besser entwickelt als die Titel wichtiger Wettbewerber. Die Ertragsperspektive ist sehr positiv, allerdings ist das zu einem guten Teil eingepreist.

Hohe Flugpreise treiben United Airlines an

Von Dieter Kuckelkorn, Frankfurt

Das Umfeld für Fluggesellschaften ist nach wie vor schwierig. Es droht eine weltweite Rezession, in den Industrieländern lässt die Kaufkraft breiter Bevölkerungsschichten nach und selbst das Wetter scheint sich gegen die Gesellschaften verschworen zu haben, zumindest in den USA. Kurz vor Weihnachten in der lukrativsten Flugsaison des Jahres legte ein Wintersturm in den USA fast den gesamten Luftverkehr lahm. Mehr als 6000 Flüge mussten abgesagt werden. Zu den Schwierigkeiten sollen auch die veralteten staatlichen Computersysteme für die Planung und Überwachung von Flügen beigetragen haben. Vor wenigen Tagen kam es sogar zu einem Komplettausfall des maroden Computersystems der amerikanischen Flugaufsichtsbehörde Federal Aviation Administration (FAA) mit der Folge, dass mehr als 10000 Flüge ausfallen mussten.

Sieht man sich den Aktienkurs der drittgrößten US-Fluggesellschaft United Airlines an, ist von den Schwierigkeiten allerdings wenig zu sehen. Auf Sicht von einem Jahr hat der Kurs um 15% zugelegt, während der wichtigste amerikanische Benchmark-Index S&P500 im gleichen Zeitraum ein Minus von 14% verzeichnete. Damit hat sich United Airlines auch besser geschlagen als der Marktführer Delta Air Lines, dessen Dividendenpapier im gleichen Zeitraum 5% einbüßte. Auch die Nummer 2, American Airlines, sieht schlechter aus als United Airlines: In der gleichen Zeitperspektive hat der Aktienkurs um 1% nachgegeben.

Zuletzt konnte United mit erfreulichen Quartalszahlen glänzen. Bereits das Zahlenwerk für das dritte Quartal fiel viel besser aus als von den Analysten erwartet. Der Gewinn je Aktie betrug 2,81 Dollar je Aktie, Analysten hatten im Schnitt mit 2,24 Dollar gerechnet. Besser als mit 12,72 Mrd. Dollar prognostiziert fielen auch die Erlöse aus mit 12,90 Mrd. Dollar.

Erwartungen übertroffen

Auch mit den vor wenigen Tagen vorgelegten Zahlen für das vierte Quartal gelang es United Airlines, die Markterwartungen hinter sich zu lassen. Der Gewinn je Aktie war mit 2,46 Dollar deutlich höher als die von Refinitiv berechnete Konsensschätzung von 2,10 Dollar. Bemerkenswert ist, dass der Umsatz in den drei Monaten mit 12,4 Mrd. Dollar um 14% über dem Niveau desselben Quartals des Jahres 2019 liegt, also vor dem Ausbruch der Coronavirus-Pandemie, obwohl die Zahl der transportierten Passagiere um 9% zurückging. Der Nettogewinn des Schlussviertels lag mit 843 Mill. Dollar sogar um 31% über dem demjenigen des vierten Quartals 2019. Allerdings waren auch die Kosten um 21% höher im gleichen Zeitabschnitt vor drei Jahren – vor allem ein Ergebnis der gestiegenen Energiekosten. So hat sich der Preis für Treibstoff in etwa verdoppelt und Personalknappheit sorgt für steigende Lohnkosten.

Sehr erfreulich ist auch die Prognose, die die Fluggesellschaft gegenüber den Marktteilnehmern kommunizierte. In den ersten drei Monaten des neuen Jahres sollen die Erlöse um 50% über denjenigen des ersten Quartals 2022 liegen. Die Transportleistung soll um 20% gegenüber derjenigen des gleichen Vorjahreszeitraums klettern. Avisiert wird ein Ergebnis je Aktie zwischen 0,50 Dollar und 1 Dollar, was die bisherige Konsensschätzung von 0,25 Dollar weit hinter sich lassen und für das Gesamtjahr auf eine Vervierfachung gegenüber Vorjahr hinauslaufen würde. Prognostiziert wird nämlich ein adjustierter Nettogewinn je Aktie von 10 bis 12 Dollar, nach 2,52 Dollar für 2022. Analysten waren im Schnitt ihrer Prognosen bislang von 6,54 Dollar ausgegangen.

Auch Delta Air Lines und American Airlines äußerten sich zuletzt positiv über ihre Perspektiven. So geht Delta Airlines von einer Verdopplung des Ergebnisses im Vorjahresvergleich aus. Der Hauptgrund für den Optimismus in der Branche liegt darin, dass es den Unternehmen gelungen ist, die Ticketpreise deutlich anzuheben. Aufgrund einer trotz der Wirtschaftskrise robusten Nachfrage ist die Preisdurchsetzungsmacht der Airlines in den USA groß. So geht United davon aus, dass die Erlöse pro verfügbare Sitzmeile im laufenden ersten Quartal um 25% über dem Niveau des Jahresauftakts 2022 liegen werden. Dafür, dass es United Airlines derzeit so gut geht, gibt es neben den hohen Ticketpreisen noch einen weiteren Grund: So hat sich United im Rahmen der Pandemie weniger stark von alten Assets wie Flugzeugen getrennt.

An der positiven Lage der US-Branche soll sich auch im weiteren Jahresverlauf wenig ändern. Die Gesellschaften rechnen mit einer weiterhin robusten Nachfrage, die die Ausweitung der Kapazitäten übertreffen soll. United hatte nämlich gewarnt, dass der Mangel an verfügbarem Personal und an Flugzeugen den Aufbau der Kapazitäten behindere. In der Summe sollte das Fluggesellschaften weiter hohe Ticketpreise garantieren.

Der Optimismus des Managements zeigt sich auch darin, dass das Unternehmen dabei ist, seine Flotte zu modernisieren. So hat Boeing im Dezember von United Airlines den bisher größten Auftrag für sein Modell Dreamliner 787 erhalten. United will 100 Exemplare kaufen mit der Option auf weitere 100 Stück. Zudem werden 100 Boeing 737 Max gekauft, wobei die Analysten der Deutschen Bank erwarten, dass die Fluggesellschaft aufgrund der großen Bestellmenge einen ansehnlichen Rabatt erhält. Die Neuerwerbungen werden allerdings die Bilanz belasten, United Airlines ist bereits jetzt höher verschuldet als Marktführer Delta Air Lines. Die Deutsche Bank rät gleichwohl weiterhin zum Kauf der Aktie, bei einem Kursziel von 60 Dollar.

Allerdings stellt sich die Frage, inwieweit die positiven Perspektiven für United Airlines bereits im Aktienkurs eingepreist sind. Die US-Analystengemeinde, die freilich für ihre stets positive Grundhaltung bekannt ist, rät überwiegend dazu, die Aktie zu kaufen. Von 21 Häusern stufen zehn den Titel mit „Buy“ ein und drei mit „Overweight“. Allerdings gibt es auch fünf Ratschläge, die Aktie lediglich im Portfolio zu halten, bei einem „Underweight“-Anlageurteil und zwei Verkaufsempfehlungen. Das durchschnittliche Kursziel der Analysten für die kommenden zwölf Monate liegt nur bei 53,88 Dollar, damit nur leicht über dem aktuellen Kurs der Aktie von 52,63 Dollar. Eine ganze Reihe von Analysten hält daher trotz der zu erwartenden guten operativen Performance von United Airlines für das laufende Jahr Delta Air Lines für das bessere Investment.

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