Ibex 35 tritt auf der Stelle

Ein robuste Konjunktur und die Haushaltskonsolidierung stimmen Analysten aber leicht optimistisch

Ibex 35 tritt auf der Stelle

Die jahrelange unstabile politische Lage in Spanien könnte nach dem Wahlsieg der Sozialisten ein Ende nehmen. Die Börse reagierte gelassen auf die Aussicht einer Linksregierung, obwohl diese neue Belastungen für große Unternehmen anstrebt Der Leitindex Ibex 35 trat zuletzt auf der Stelle.Von Thilo Schäfer, MadridAm Montag nach dem Sieg der Sozialisten von Ministerpräsident Pedro Sánchez bei den vorgezogenen Parlamentswahlen am 28. April reagierte der Schwergewichtsindex Ibex 35 der spanischen Börse erstmals in der Geschichte der spanischen Demokratie mit Kursgewinnen. Das war sicherlich nicht allein der politischen Lage geschuldet. Doch an den Märkten war schon eine gewisse Erleichterung zu spüren darüber, dass am Ende ein relativ klares Ergebnis heraussprang. Leicht wird es für Sánchez nicht, in den nächsten vier Jahren mit verschiedenen Partnern in Minderheit zu regieren. Doch die von vielen Anlegern befürchtete Hängepartie und das Szenario erneuter Neuwahlen blieben aus.Dabei ist für die Börsianer die wahrscheinliche Variante einer sozialistischen Minderheitsregierung, die von der Linkskoalition Unidas Podemos, den moderaten baskischen Nationalisten der PNV und anderen Regionalparteien getragen wird, nicht die Ideallösung. Vor und nach der Wahl forderte Wirtschaftsvertreter und einige Bankanalysten einen Pakt zwischen der PSOE von Sánchez und der liberalen Ciudadanos, die jedoch um keinen Preis mit den Sozialisten ins Boot steigen will. Immerhin ist der Regierungschef nun nicht mehr auf die Stimmen der radikalen Separatisten in Katalonien und dem Baskenland angewiesen.Der Ibex 35 bewegte sich in den Wochen vor der Wahl kaum von der Stelle und trudelte sich unterhalb der 9 500 Punkte ein. Am Montag musste die spanische Börse wie alle anderen Märkte kräftige Verluste wegen des neu entfachten Handelsstreit zwischen China und den USA hinnehmen. Seit Jahresbeginn legte der Ibex 35 jedoch um rund 10 % zu, nach einem sehr schwachen Börsenjahr 2018. Beruhigend für die Anleger ist die anhaltend robuste Konjunkturlage in Spanien. Das Bruttoinlandsprodukt stieg in den ersten drei Monaten des Jahres um 0,7 %, leicht mehr als im Schlussquartal 2018. Für das Gesamtjahr erwarten fast alle Volkswirte ein Wachstum von etwas mehr als 2 %.Zudem sank das Haushaltsdefizit im vergangenen Jahr erstmals seit der Krise unter die 3 %-Marke. Sánchez hatte bei der Europäischen Kommission eine gewisse Lockerung der Defizitvorgaben ausgehandelt. Der Sozialist sieht sich jedoch zur Konsolidierung verpflichtet. Um nicht erneut in Schieflage zu geraten, sollen die geplanten höheren Staatsausgaben durch neue Steuern finanziert werden.”Kurzfristig mögen diese Maßnahmen der Konjunktur einen leichten Schub geben, mittel- bis langfristig dürften sie das Wachstum aber bremsen, da sie die Wettbewerbsfähigkeit Spaniens beeinträchtigen. Zudem dürfte das um Konjunktur- und Zinseffekte bereinigte Defizit weiter zulegen. An den Märkten dürfte dies vorerst allerdings kaum für größere Unruhe sorgen, auch weil die spanische Wirtschaft in den kommenden Quartalen eher stärker wachsen dürfte als der Durchschnitt des Euroraums”, kommentierten die Analysten der Commerzbank.Die Marschroute der zukünftigen Sánchez-Regierung ist klar, denn die Maßnahmen werden im Wesentlichen dem entsprechen, was im Haushaltsplan stand, dessen Ablehnung im Parlament die vorgezogenen Neuwahlen provoziert hatte. Große Unternehmen und Großverdiener sollen mehr Steuern zahlen. Finanzmarktsteuer geplantAußerdem planen die Sozialisten eine Finanzmarkttransaktionssteuer und eine Abgabe auf große Technologieunternehmen. Im Gespräch ist auch noch einen Sonderabgabe für Banken, mit welcher die Staatshilfen für die Branche während der Krise zurückgewonnen werden sollen. Die Kurse der großen Geldinstitute sind seit Jahresbeginn zwar gestiegen, sie konnten das schlechte vergangene Jahr jedoch noch nicht aufholen.Ein Sektor, der nach dem Sieg der Sozialisten vom Markt abgestraft wurde, sind die großen Energiekonzerne des Landes. Denn Sánchez ist fest entschlossen, den Bereich der erneuerbaren Energiequellen zu fördern, indem Privatleute und kleine Investoren leichter ihren eigenen Strom erzeugen können. “Banken und Versorger könnten unter etwas Druck geraten, falls Steuern und die Regulierung verschärft werden”, urteilten die Analysten von UBS in einer Studie zum Wahlausgang. “Generell aber erwarten wir, dass spanische Aktien von politischen Nachtrichten relativ unberührt bleiben und eher von glaubhaften Bewertungen, plausiblem Gewinnwachstum und einer Sensibilität gegenüber dem globalen Zyklus und Zinsraten beeinflusst werden”, so das Schweizer Bankhaus.Die politische Unsicherheit der Monate bis zu den vorgezogenen Parlamentswahlen könnte auch einer der Faktoren für die Flaute mit Börsengängen in Spanien in diesem Jahr sein. Bislang hat sich 2019 kein größeres Unternehmen aufs Parkett gewagt. So hat beispielsweise der Erdölkonzern Cepsa Pläne für einen Börsengang bis auf Weiteres auf Eis gelegt.