In der Volatilität der Adyen-Aktie liegen Chancen
GELD ODER BRIEF
Viel Optimismus für Adyen
Von Björn Godenrath, Frankfurt
Von Björn Godenrath, Frankfurt
Bei der Aktie des Payment-Dienstleisters Adyen ist ein interessantes Phänomen zu beobachten: Während die Geschäftsentwicklung recht stabil verläuft, erlebt die Aktie immer wieder Handelstage mit starken Schwankungen. So war es auch im April, als die Niederländer Umsatzzahlen und Transaktionsvolumen für das erste Quartal veröffentlichten, die zwar den Konsensschätzungen entsprachen bzw sogar leicht darüber lagen, wo sich aber doch ein Haar in der Suppe fand: Das Verhältnis von Umsatz zu Transaktionsvolumen (Take Rate) sei so schlecht gewesen wie noch nie seit dem Börsengang, so die Analysten von J.P. Morgan. Die Befürchtung: Adyen könnte zu stark über Rabatte an Abwicklungsvolumen kommen. Die Aktie jedenfalls sackte um 15% ab, was von den Marktbeobachtern mehrheitlich als Kaufgelegenheit interpretiert wurde.
Sportlich bewertet
Wie ist die Lage fundamental zu beurteilen? Zum einen kann man nicht viel meckern, wenn die Wachstumsraten bei über 20% (Umsatz) und deutlich über 40% (Transaktionsvolumen) liegen, zeigt es doch, dass Adyen ihr Geschäft des Processing von Zahlungen im E-Commerce mit bestehenden und neuen Kunden kräftig ausbauen kann. Zum anderen ist das Papier mit einem 2025er KGV von 33 doch schon sportlich bewertet – und da kann jeder kleine Ausrutscher hart bestraft werden, selbst wenn die mittelfristige Equity Story intakt ist.
Und das ist sie, wurden die Prognose für das laufende Jahr und die Mittelfrist-Ziele doch bei Vorlage der Zahlen für das erste Quartal bestätigt. Bis 2026 will Adyen den Umsatz jährlich im Zwanziger-Prozentbereich steigern, zudem soll die operative Gewinnmarge bis 2026 über 50% steigen von zuletzt rund 43% (Ebitda-Marge). Dass das Adyen-Management um die beiden Co-CEOs Pieter van der Does und Ingo Uytdehaage überhaupt so ein commitment abgegeben hat, liegt daran, dass der Kurs im August 2023 heftigst um 40% abgestürzt war, als Investoren einen anhaltend hohen Kostenaufbau monierten. Adyen stürzte in eine Glaubwürdigkeitskrise, weil die Investoren die mit Kapitalmarktinformationen geizende Adyen inzwischen als „black box“ empfanden.
Botschaft verstanden
Das Management hatte die Botschaft aber verstanden und begab sich auf eine Roadshow zu den Investoren und erklärte, wie die neuen Mittelfristziele zu erreichen seien und dass sich die Investitionen in den US-Markt lohnen. Zudem gelobte man Besserung bei der Kapitalmarkt-Transparenz. Gewinnzahlen rückt Adyen aber weiter nur halbjährlich raus, was am 15. August mit Vorlage des Halbjahresberichts wieder der Fall sein wird.
Die Aktie war nach einer Erholung im Mai zuletzt wieder abgebröckelt auf Kurse bei 1.108,00 Euro. Das Hoch bei Kursen von über 2.500 Euro scheint da in weiter Ferne. Allerdings hat Adyen auch auf dem aktuellen Niveau mit 34 Mrd. Euro eine stolze Marktkapitalisierung. Die Deutsche Bank kommt auf 30 Mrd. Euro und die Commerzbank ist mit 17 Mrd. Euro gerade mal halb so viel wert wie Adyen.
Dafür ist Adyen aber auch ein Wachstumswert mit hohen Bruttomargen, was eine erhöhte Bewertung rechtfertigt. Zudem sollte die weitere Entwicklung ja so aussehen, dass zum einen das Gros des Aufwands zum Aufbau der globalen Händlerplattform gebucht ist. Und zum anderen geht immer mehr Volumen auf vorhandene Infrastruktur, es wird also – wie es für ein Fintech laufen soll – klassisch skaliert.
Preiskämpfe vermeiden
Das Risiko liegt darin, dass Konkurrenten in der Zahlungsabwicklung Preiskämpfe anzetteln. Solchen Konstellationen kann Adyen bislang gut aus dem Weg gehen, entfällt 80% des Wachstums doch auf bestehende Kunden. Diese gehen mit Adyen global und sorgen für eine anhaltend hohe organische Wachstumsrate. Das sollte auch bis über 2026 hinaus, wenn der Mittelfristplan ein Update erhält, so bleiben.
Fintech mit Banklizenzen
Zudem weisen Payment-Experten darauf hin, dass Adyen eben nicht nur das Processing ausführt, sondern als Fintech mit Banklizenz auch das Settlement. Dieses steht für mehr als die Hälfte der Bruttoeinnahmen, das Processing für ein Viertel. Und die Banklizenz kann dann auch das Sprungbrett sein für weitere Dienste mit Anbindung an die Backend-Infrastruktur der Zentralbanken. In Europa kommen Instant Payments, in den USA FedNow. Und während US-Neobanken vorerst keinen Zugang zu FedNow erhielten, ist Adyen in der ersten Kohorte dabei. Das spricht dafür, dass die Niederländer ein gute Tech-Plattform haben – und einen guten Umgang mit den Regulatoren pflegen.
Analysten raten weiterhin mehrheitlich zum Kauf der Aktie. Die Kursziele bewegen sich in einer Spanne von 1.500 bis 1.900 Euro, wobei Goldman Sachs zwar most bullish ist, das Kursziel aber im Mai um 100 Euro nach unten setzte. Außerdem senkte Jefferies Anfang Juli das Kursziel auf 1.695 Euro. Auch die DZ Bank covert den Payment-Wert, das Kursziel liegt bei 1.500 Euro.