Japan-Anleger warten auf Katalysator

Ausländer ohne Kaufinteresse - Aktienrückkäufe stützen - Aktivisten und Buy-out-Fonds engagieren sich

Japan-Anleger warten auf Katalysator

Trotz positiver Entwicklungen wie rekordhoher Auskehrungen an die Anteilseigner leidet der japanische Aktienmarkt unter einem Desinteresse ausländischer Investoren. Dies und eine enttäuschende Entwicklung der Unternehmensgewinne sorgt für eine Underperformance im Vergleich zu den internationalen Aktienmärkten.Von Martin Fritz, TokioJapans Aktienmarkt ist im zweiten Quartal international ein Nachzügler geblieben und hinkt nun ein ganzes Halbjahr lang hinterher. Seit Jahresanfang liegt der Nikkei 225 nur 8,4 % und der breit gefasste Topix 6,4 % vorn. Beide Indizes erreichten ihre im April markierten Hochs trotz Rekorden an der Wall Street nicht mehr. Der Hauptgrund für das schwache Abschneiden: Ausländische Investoren verkauften zwischen Januar und Mai Topix-Aktien für netto 580,5 Yen (4,8 Mrd. Euro). Das Geld fließt laut Analysten in chinesische Titel, deren MSCI-Gewichtung steigt. Rekordhohe AuskehrungenNeben dem anhaltenden Erwerb von Aktienindexfonds durch die Zentralbank für im Schnitt 500 Mrd. Yen (4,1 Mrd. Euro) monatlich unterstützte die Zunahme der Aktienrückkäufe den Markt. Laut Morgan Stanley erwarben die Unternehmen im zweiten Quartal Aktien für knapp 3,5 Bill. Yen (28,7 Mrd. Euro) – ein 13-Jahres-Hoch. Fürs laufende Jahr kündigten sie schon Rückkäufe für 5,3 Bill. Yen an, im Gesamtjahr erwartet Morgan Stanley eine Summe von 7 Bill. Yen. Das entspräche knapp der Hälfte der erwarteten Dividendensumme. In der Folge wachsen die gesamten Auskehrungen auf den Rekord von knapp 22 Bill. Yen (180 Mrd. Euro). Gewinne enttäuschenAber diese Aussicht beeindruckte die Auslandsanleger nicht. Sie nahmen die Rückkäufe eher als defensives Handeln wahr und schreckten vor der negativen Gewinnentwicklung zurück. Zwei Quartale in Folge blieben die Erträge hinter dem Konsens zurück, insbesondere in den Sektoren Fahrzeugbau, Maschinen und Halbleiter, die in den Indizes stark vertreten sind. Neben der weltweit schwächeren Nachfrage nach Autos und Smartphones drückte der Handelsstreit zwischen den USA und China auf die Erträge. Zum Beispiel schob das produzierende Gewerbe in China aus Unsicherheit über Strafzölle Aufträge für Maschinen auf die lange Bank. Diese Lage spiegelte sich in den Konjunkturdaten wider, darunter der Fall des Einkaufsmanagerindexes unter die Expansionsschwelle von 50 Punkten und ein deutlicher Rückgang des Tankan-Geschäftsklimaindex für die Großindustrie.Die Japan-Unlust institutioneller Anleger steht nach Ansicht von James Malcolm, Ökonom bei UBS Japan, in starkem Kontrast zum lebhaften Engagement von aktivistischen Aktionären. Ermutigt durch die Anpassung der Corporate Governance an westliche Standards verlangen diese Auslandsinvestoren mit zunehmendem Erfolg höhere Dividenden und Aktienrückkäufe, den Verkauf von Vermögenswerten außerhalb des Kerngeschäfts, die Abspaltung ganzer Sparten, die Entlassung schwacher Manager und die Berufung von mehr unabhängigen Direktoren. Davon profitieren die Aktienkurse dieser Unternehmen von Sony bis zu Lixil. Günstige BewertungenParallel entdecken ausländische Beteiligungsgesellschaften die Inselnation. Das Schwergewicht KKR bezeichnete Japan als den weltweit interessantesten Buy-out-Markt. Bei manchen Werten machen sich die ausländischen Fonds gegenseitig Konkurrenz. Die Attraktivität japanischer Unternehmen ergibt sich aus den günstigen Bewertungen, der billigen Finanzierung und den starken Restrukturierungszwängen durch den demografischen Wandel und die Globalisierung. Das unsichere Wirtschaftsumfeld eröffnet diesen Investoren zusätzliche Chancen. Damit entwickelt sich Japans Kapitalmarkt weiter in die westliche Richtung.Doch für einen Aufschwung am Aktienmarkt selbst fehlt ein Katalysator. Dafür richten sich die Augen vieler Anleger auf die Bank of Japan (BoJ). Die Erwartung fallender Zinsen in den USA ließ den Renditeabstand zwischen japanischen und US-Anleihen schrumpfen. Dies verteuerte den Yen. Angesichts fallender Exporte und der Handelsstreitigkeiten erwartet eine Mehrheit der Japan-Analysten eine Lockerung als nächsten BoJ-Schritt, etwa ein höherer Negativzins oder mehr Aktienkäufe. Jedoch schwindet der politische Rückhalt für Gouverneur Haruhiko Kuroda, der sich anders als die Regierung an das Inflationsziel von 2 % klammert. Auch das Timing verursacht der BoJ Kopfzerbrechen. Ihre nächste Sitzung endet am Tag vor einer möglichen US-Zinssenkung. Zudem möchten die Währungshüter ihr Pulver noch trockenhalten, bis sie die Auswirkung der Umsatzsteuererhöhung im Oktober auf 10 % beurteilen können.J.P. Morgan Chase stufte Japan jüngst mit “übergewichten” ein und erwartet ein Topix-Jahresplus von 6,6 %. Jeffries senkte den Ausblick auf “moderat bearish”.