Japan hofft auf den Trump-Effekt

Erwartete Gewinnwende soll Nikkei und Topix antreiben - Dollar-Schwäche größtes Risiko für Kurse

Japan hofft auf den Trump-Effekt

Die Wirtschaftspolitik des kommenden US-Präsidenten Donald Trump wird nach Ansicht verschiedener Brokerhäuser die japanischen Aktienindizes im Jahr 2017 auf ein neues 20-Jahres-Hoch treiben. Grund dafür ist die Erwartung eines starken Dollar.Von Martin Fritz, TokioJapans Aktienmarkt hat ein durchwachsenes Jahr 2016 erlebt. Nach kräftigen Einbrüchen durch China- und Brexit-Sorgen schaffte der Markt erst im Herbst die Wende. Unterm Strich konnte der Nikkei 225 um 0,4 % und der marktbreite Topix um 0,6 % zulegen. Beide Indizes schlossen damit das erste Mal seit den achtziger Jahren fünf Jahre in Folge im Plus.Zwar ist Japans Volkswirtschaft 2016 erstmals in einem Kalenderjahr seit 2005 voraussichtlich vier Quartale am Stück gewachsen. Doch die Tokioter Börse korreliert traditionell sehr stark mit dem Yen-Wechselkurs. Im ersten Halbjahr hatte eine Yen-Aufwertung von bis zu 20 % die Kurse stark belastet. Der Tiefpunkt wurde erst Ende Juni nach dem Brexit-Votum erreicht. Kräftigen Schub erhielt die Börse dann nach der Wahl von Donald Trump zum US-Präsidenten, als der Yen infolge der höheren Renditedifferenz zwischen US- und Japan-Staatsanleihen fiel.Mehrere Brokerhäuser sagen eine Fortsetzung der Abwertung und damit einhergehend steigende Aktienkurse für 2017 voraus. Der schwache Yen wirkt wie ein Gewinnturbo vor allem für den Exportsektor. In der Vergangenheit lockte diese Entwicklung immer ausländische Investoren an. Japanische Privatanleger haben zwar seit November in die steigenden Kurse hinein verkauft. Doch dies wurde durch die Käufe von ausländischen Adressen schon mehr als wettgemacht. Vor diesem Hintergrund erwarten Goldman Sachs und Nomura einen Nikkei von 21 000 Yen (aktuell: 19 114) für Ende 2017. Morgan Stanley rechnet mit einem Topix-Zuwachs auf 1 800 (1 519). Nomura begründet die optimistische Prognose mit einem Anstieg des Ebit-Gewinns pro Aktie der Topix-Unternehmen um 6 bis 7 %. Die Hälfte der Kursgewinne gehe auf das Konto dieser erhöhten Erträge, die andere Hälfte werde eine Folge der Indexfonds-Käufe der Bank of Japan von jährlich 6 Bill. Yen (49 Mrd. Euro) sein, betont Nomura. Verlorene JahrzehnteAls bevorzugte Sektoren wurden Industrieelektronik, Fabrik- und Schiffsbau sowie Einzelhandel genannt, als Risiken ein Anstieg der Inflation, ein Ende der lockeren Geldpolitik und eine Zunahme des Konsums. Ethan Harris, Chefökonom der Bank of America, wiederum sieht für Japan die Chance, seine verlorenen Jahrzehnte zu überwinden, weil der Mangel an Arbeitskräften sich bald in steigenden Löhnen niederschlagen werde. Die Notenbank könne durch die Fixierung der Zehn-Jahres-Rendite bei 0 % das steigende Haushaltsdefizit ausgleichen.Zugleich melden sich zweifelnde Stimmen zu Wort. Eine Gefahr für die Aktienkurse in Japan ergäbe sich vor allem aus einer neuerlichen Aufwertung des Yen. Ein zu starker Dollar ist nicht im Interesse der USA. Daher könnte Trump den Greenback schwächer reden, so wie es Präsident Bill Clinton 1993 nach seinem Amtsantritt tat. Danach wertete der Yen damals innerhalb von sechs Monaten um 20 % auf. Yen-Bulle Toru Sasaki von J.P. Morgan erwartet zum Jahresende einen Wechselkurs von 99 Yen/Dollar – 18 Yen weniger als aktuell – und begründet dies mit dem absehbaren Protektionismus unter Trump. In diesem Fall müssten ausländische Anleger darauf hoffen, dass ihr Währungsgewinn höher ist als ihre Kursverluste. Yen-Bär Yunosuke Ikeda von Nomura sagt 125 Yen/Dollar für Ende 2017 voraus, falls die US-Notenbank drei Zinsschritte geht, bei zwei Schritten wären es 120 Yen/Dollar. Dann hätte der Yen allerdings nur noch wenig Abwertungspotenzial. Optimisten und ZweiflerDie UBS hält unter Verweis auf den aktuellen Renditeabstand der zehnjährigen Anleihen einen Wechselkurs von 110 Yen/Dollar für angemessen. Nach einem Plus von 4 % im zu Ende gehenden Geschäftsjahr würden die Ebit-Gewinne 2017 (ab 1. April) nur um 5 % wachsen, sagt die UBS vorher. Dies sei mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis von 15 bis 16 bereits jetzt vorweggenommen. Konkret empfiehlt die Schweizer Bank Unternehmen mit niedrigem Kurs-Buch-Verhältnis mit starker Bilanz und gefüllter Barkasse, was höhere Dividenden und Aktienrückkäufe ermögliche, so UBS-Analyst Toru Ibayashi.Grundsätzliche Zweifel an einem Aufschwung äußert der für Japan zuständige Deutsche-Bank-Chefökonom Mikihiro Matsuoka. Sowohl Abenomics als auch die Wirtschaftspolitik von Trump würden die Erwartungen enttäuschen, da weder in Japan noch in den USA nach ihren großen Finanzkrisen steigende Gewinne zu höheren Investitionen und Löhnen geführt hätten, erklärt Matsuoka. Daran änderten auch Steuersenkungen nichts. Tatsächlich erwartet die Mehrheit der Ökonomen für 2017 nur ein Wachstum von Japans Wirtschaftsleistung um knapp 1 %.