Geld oder BriefCoinbase

Kryptobörse im Fadenkreuz der SEC

Die Aussicht auf einen Marktstart der ersten Spot-basierten Bitcoin-ETFs in den USA hebt die Stimmung im Digital-Assets-Segment. Auch die Plattform Coinbase gilt es direkter Profiteur – doch droht ein langwieriger Rechtsstreit mit der SEC den Kurs des an der Nasdaq gelisteten Dienstleisters nachhaltig zu belasten.

Kryptobörse im Fadenkreuz der SEC

Geld oder Brief

Krypto-Plattform Coinbase im Fadenkreuz der US-Börsenaufsicht

Von Alex Wehnert, New York

Coinbase liegt in einem Rechtsstreit mit der Börsenaufsicht SEC, der nicht nur über die Zukunft der Handelsplattform entscheiden – sondern auch die Regulierung digitaler Assets in den USA prägen dürfte. Die Behörde stuft eine Vielzahl an Kryptowährungen, die über Coinbase handelbar sind, als unrechtmäßig begebene Wertpapiere ein. Eine Anfang Juni eingereichte Klage der SEC könnte für die Plattform nach Ansicht der britischen Großbank Barclays hohe Strafzahlungen nach sich ziehen – und damit laut Analysten noch heftige Rücksetzer der an der Nasdaq gelisteten Coinbase-Aktie nach sich ziehen.

Milliardenstrafen drohen

Schließlich dringt die Aufsicht darauf, alle unrechtmäßig erzielten Erträge des Marktplatzbetreibers abschöpfen zu dürfen. Die Formulierung bezieht sich, wie Barclays hervorhebt, also nicht nur auf die Gewinne aus dem Handelsangebot für Cyberdevisen außer Bitcoin und Ethereum. Schlimmstenfalls könnte Coinbase nach Berechnung der Barclays-Analysten gezwungen sein, mehr als 6 Mrd. Dollar an seit Anfang 2020 erzielten Erlösen abführen zu müssen. Mögliche Zivilstrafen sind dabei noch nicht eingerechnet.

Coinbase-CEO Brian Armstrong hält dagegen. Er wirft der SEC vor, mit ihrer konfrontativen Haltung zu Digital Assets der Zukunft des Finanzplatzes USA zu schaden. Zudem kritisiert er aus seiner Sicht überkomplexe Registrierungsprozesse bei der Aufsicht. Wirtschaftskanzleien bezweifeln, dass Armstrongs Reaktion strategisch vernünftig ist. Mit seinen Versuchen, die SEC bloßzustellen, stachle er die Aufsicht wohl nur zusätzlich auf.

Die Klage der Behörde könnte laut dem Analysedienstleister Bloomberg Intelligence indes tiefgreifende Veränderungen im Geschäftsmodell von Coinbase auslösen. So sei die Plattform möglicherweise gezwungen, ihren Broker-Service abzuspalten und sich verstärkt internationalen Märkten zuwenden – und dies eventuell auch schon, bevor in dem Fall überhaupt ein Urteil ergangen sei. Bisher ist die Kryptobörse in den USA führend.

Unabhängig von den Erfolgsaussichten vor Gericht stellt sich für Coinbase-Anleger zudem die Frage, wie lange sich die Auseinandersetzung mit der SEC hinziehen dürfte – denn anhaltende rechtliche Unsicherheiten könnten Neukunden laut Analysten davon abbringen, über die Plattform zu handeln. Zudem sind mit einem langen Prozess in der Regel umso höhere Rechtskosten verbunden. Der durchschnittliche Zivilrechtsstreit mit Beteiligung von US-Unternehmen dauert 27 Monate – doch wie Barclays anmerkt, stellt die SEC-Klage gegen Coinbase bei weitem keinen durchschnittlichen Fall dar.

Zwar sei vorstellbar, dass sowohl die Aufsicht als auch die Kryptoplattform zu einer schnelleren Lösung drängten, um regulatorische Klarheit zu schaffen. Allerdings könne gerade das Bemühen von Coinbase um eine Grundsatzentscheidung zur Einstufung von Krypto-Token als Assetklasse den Prozess in die Länge ziehen. Der Broker Robinhood listet von der SEC als Wertpapiere klassifizierte Cyberdevisen wie Solana, Cardano und Polygon unterdessen bereits aus.

Zudem erachteten Experten es als wahrscheinlich, dass auch der Staking-Dienst Coinbase Earn, über den Investoren Zinserträge auf Kryptowährungen verdienen können, als Wertpapierangebot eingestuft werde. Für Coinbase ist dies umso problematischer, als die Plattform diesbezüglich nicht nur als Handelsdienstleister, sondern als Produktanbieter verantwortlich gemacht werden könnte. Neben Strafzahlungen würden also auch hohe Registrierungskosten, um das Staking-Angebot weiterbetreiben zu können, fällig werden.

Robuste Kursentwicklung

Trotz des Konflikts mit der SEC zeigt sich die Coinbase-Aktie im laufenden Jahr äußerst fest: Zwischen Anfang Januar und Donnerstagabend legte das an der Nasdaq gelistete Papier um 105% zu. Von 32 Investmenthäusern, die den Titel regelmäßig beobachten, empfehlen laut dem Informationsdienstleister Bloomberg zwölf die Aktie zum Kauf. Weitere zwölf votieren auf "Halten", acht raten zum Verkauf.

Die robuste Stimmung ist darauf zurückzuführen, dass Marktteilnehmer auf die Einführung eines Spot-basierten Bitcoin-ETF in den USA hoffen. Diese Hoffnung erhält durch Anträge großer Vermögensverwalter wie Blackrock auf Registrierung solcher Indexfonds neue Nahrung. Krypto-Enthusiasten setzen darauf, dass Spot-ETFs institutionelle Investoren anziehen und zusätzliches Kapital in den Digital-Assets-Markt spülen dürften. Coinbase könnte daher von allgemein steigenden Handelsvolumina profitieren – gilt aber auch als direkter Nutznießer. Denn die Kryptobörse ist als Assetverwahrer für das Blackrock-Vehikel eingeplant.

In Kanada, wo Spot-Produkte auf Bitcoin bereits seit Februar 2021 zugelassen sind, ist das Narrativ von der institutionellen Massenadoption bisher jedoch nur bedingt aufgegangen. Der größte an der Toronto Stock Exchange gelistete ETF auf die führende Cyberdevise kommt auf ein verwaltetes Vermögen von umgerechnet 796 Mill. US-Dollar, die nächstgrößeren Vehikel fallen dagegen schon deutlich ab.

Ohnehin gilt eine Freigabe für Bitcoin-Spot-ETFs in den USA als zweifelhaft. Denn die SEC lehnte Anträge auf solche Fonds bisher stets mit Verweis auf die niedrige Liquidität und starke Manipulationsanfälligkeit des Spot-Marktes ab. Auch an dieser Stelle dürfte die Aufsicht also einen weiteren Börsenaufschwung von Coinbase gefährden. Die Aktie handelt laut Refinitiv indes bereits zum 2,92-Fachen des Buchwerts, der Median der Branche lautet auf 1,13 – das Rückschlagspotenzial gilt also als beträchtlich.

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