Märkte stehen im Bann des Brexit-Chaos
arp/sts Frankfurt – Die europäischen Finanzmärkte haben am Dienstag im Bann der politischen Entwicklung in London und Rom gestanden. Gerade die chaotischen Entwicklungen rund um den Brexit belasteten. Am Dienstagabend ließ Parlamentspräsident John Bercow einen Antrag von Gegnern eines No-Deal-Brexits zu. Das machte den Weg frei für eine anschließende Abstimmung über die Frage, ob heute über ein Gesetz beraten wird, das einen ungeregelten Brexit verhindern soll. Die Debatte in Westminster war für mehrere Stunden bis zum späten Abend angesetzt. Das Abstimmungsergebnis stand bei Redaktionsschluss noch nicht fest.Zuvor hatte Premierminister Boris Johnson, der Großbritannien unbedingt zum 31. Oktober aus der Europäischen Union führen will, bereits die Mehrheit im Unterhaus verloren. Der Konservative Phillip Lee, ein früherer Unterstaatssekretär im Justizministerium, wechselte mitten in der Sitzung zu den oppositionellen Liberaldemokraten. Johnsons Koalition regierte nur mit einer Stimme Mehrheit im britischen Unterhaus.Signale der Entspannung kamen derweil am Dienstag aus Rom. Die Mitglieder der 5 Sterne sprachen sich mit großer Mehrheit für eine Koalition mit der sozialdemokratischen PD aus. So können Neuwahlen in Italien endgültig verhindert werden. Im europäischen Handel setzten die Marktakteure am Dienstag bereits auf eine Regierungsbildung in Rom. Die Rendite der zehnjährigen italienischen Staatsanleihe fiel zeitweilig bis auf 0,855 %.Das politische Chaos in London belastete zunächst das Pfund. Es fiel bis auf 1,1959 Dollar und damit den tiefsten Stand seit dem 11. Oktober 2016, dem Tag eines Flash Crashs. Später erholte sich Sterling und lag im späten europäischen Handel 0,3 % höher bei 1,2101 Dollar. Händler begründeten dies damit, dass Johnsons Verlust der Parlamentsmehrheit das Risiko eines ungeregelten Brexit gesenkt habe.Die politische Unsicherheit im Vereinigten Königreich und in Italien sowie der anhaltende Handelskonflikt schmälerten die Risikobereitschaft der Anleger. Die Konsequenz waren fallende Aktienkurse und damit einhergehend weiter sinkende Renditen auf Euro-Staatsanleihen. Dazu trugen ebenfalls auf eine US-Rezession hindeutende Konjunkturdaten bei. Der ISM-Einkaufsmanagerindex für die US-Industrie sank erstmals seit 2016 unter die Schwelle von 50 Punkten, deren Unterschreiten Kontraktion anzeigt. Der Dax gab um 0,4 % auf 11 911 Punkte nach, der Euro Stoxx 50 um 0,4 % auf 3 418 Zähler. Mit -0,74% war die zehnjährige Bundrendite so niedrig wie nie zuvor.Unterdessen setzte der argentinische Peso am zweiten Tag nach Einführung von Kapitalkontrollen seine Erholung fort. Der Dollar verbilligte sich um 2,5 % auf 56,05 Peso. – Kommentar auf dieser Seite Berichte Seiten 4, 5, 13 und 14