Rohstoffe

Neue Rally am Lithiummarkt

Nach einer drei Jahre dauernden Flaute hat sich der Preis für das in der Batterietechnologie unverzichtbare Lithium stark erholt. Seit dem Ende der ersten Pandemiewelle hat die Nachfrage stark zugelegt, der Markt befindet sich im Defizit. Deutlich zugelegt hat auch der Preis des ebenfalls in Lithium-Ionen-Batterien verwendeten Metalls Kobalt.

Neue Rally am Lithiummarkt

Von Dieter Kuckelkorn, Frankfurt

Im bisherigen Jahresverlauf sind die Preise für Lithium, eines der wichtigsten Metalle für Batterien, stark gestiegen. Der Preis für Lithium­karbonat mit mindestens 99% Reinheit hat sich gegenüber dem Niveau per Ende November 2020 von 40000 Yuan (6100 Dollar) je Tonne auf mittlerweile 90000 Yuan (13750 Dollar) je Tonne mehr als ver­doppelt.

China steht für einen Anteil von rund 60% an der weltweiten Lithiumverarbeitung, daher sind die Preise in China von zentraler Bedeutung. Der Preisanstieg spiegelt die enormen Chancen, die Anleger im Thema Elektromobilität sehen, und die erhöhte Nachfrage nach dem Metall wider. Der Markt befindet sich damit wieder in einer steilen Aufwärtsphase. Gestiegen ist auch der Preis für Lithiumhydroxid, allerdings nur um rund 20%, wobei es nach wie vor einen starken Preisabschlag zu Lithiumkarbonat gibt.

Neue Lage

In den Jahren seit 2018 hatte die Lage noch ganz anders ausgesehen. Gegen Ende 2017 war der Preis für Lithiumkarbonat über die Marke von 160000 Yuan geklettert, was eine Welle von Investments in den Abbau von Lithium auslöste. Selbst auf politischem Gebiet hatten der Lithiumboom und der erwartete Siegeszug der Elektromobilität Folgen. So wird der Putsch vom November 2019 in Bolivien vor allem mit den reichen Lithiumlagerstätten in dem südamerikanischen Land in Verbindung gebracht. Die Verbindung stellte niemand Geringeres als Tesla-Gründer und US-Staatsbürger Elon Musk her, der den erzwungenen Machtwechsel in Bolivien per Twitter im Juli 2020 mit den Worten kommentierte: „Wir werden putschen, gegen wen immer wir wollen! Finden Sie sich damit ab.“

Folge des ersten Lithiumbooms war ein starkes Überangebot, das den Preis bis auf das genannte Tief von 2020 drückte. Die Wende brachte dann die Coronavirus-Pandemie oder, genauer gesagt, die wirtschaftliche Erholung nach dem Ende der ersten Pandemiewelle. Die Nachfrage nach Elektroautos ist seither nämlich stark gestiegen. So hat sich seit Jahresbeginn die Nachfrage nach Elektroautos in China gegenüber dem Niveau von vor einem Jahr mehr als verdreifacht. Umweltfreundlichere Autos werden allmählich zum neuen Standard: In Europa hat es im dritten Quartal 2020 erstmals mehr Zulassungen von Automobilen mit alternativen Antrieben wie Batterien, Hybrid und Biotreibstoffen gegeben als Neuanmeldungen von Dieselfahrzeugen.

Die Perspektiven für den Lithiummarkt deutlich verbessert hat auch der Machtwechsel in den USA. Es wird erwartet, dass die Biden-Administration im Rahmen ihrer Konjunktur- und Infrastrukturprogramme erhebliche Kaufanreize für Elektroautomobile schaffen wird – ein scharfer Kontrast zur Trump-Adminis­tration, die der Ölindustrie stark zu­getan war.

Auch in Europa gibt es mittlerweile umfangreiche Subventionen für Elektroautos, die in den kommenden Jahren noch gesteigert werden dürften. China will erreichen, dass 2025 bereits 20% aller Neuzulassungen auf Elektroautomobile entfallen. Großbritannien will von 2030 an keine neuen Benziner und Diesel-Pkw mehr zulassen. Deloitte erwartet, dass sich die Nachfrage nach Lithium bis 2030 verdoppelt oder sogar verdreifacht.

Ins Defizit geraten

Die starke Nachfrage nach Lithium für alle Arten von Lithium-Ionen- und Lithium-Eisenphosphat-Batterien hat dazu geführt, dass der Lithiummarkt erstmals seit Jahren ins Defizit geraten ist. Für 2021 sagen Analysten eine Nachfrage von rund 450000 Tonnen voraus, die das Angebot um rund 10000 Tonnen übertreffen werde. Erwartet wird, dass sich dieses Defizit in den kommenden Jahren noch vergrößern dürfte, was für weiteren Preisauftrieb sorgen könnte. Dazu trägt bei, dass der Preisverfall von 2018 bis 2020 neue Investments in Lithiumminen weitgehend verhindert hat.

Aktienkurse heben ab

Der neue Lithiumboom hat auch bereits Spuren in den Aktienkursen einschlägiger Minenunternehmen hinterlassen. So hat sich etwa der Kurs von Sociedad Quimica y Minera de Chile (SQM) seit dem Tief von Mitte März 2020 mehr als verdoppelt. Bei der in Shenzhen notierten Tianqi Lithium hat es bis Mitte Januar 2021 einen starken Kursanstieg gegeben, der den Wert des Unternehmens in etwa verdreifacht hat. Die Aktie kletterte bis auf 63,70 Yuan. Gewinnmitnahmen haben dann allerdings dafür gesorgt, dass sich der Kurs bis auf aktuell 36,23 Yuan fast halbierte – der chinesische Aktienmarkt ist für seine Kursausschläge bekannt.

Entgegen ihrem Namen beinhalten Lithium-Ionen-Akkus bekanntlich auch andere Metalle, unter anderem Nickel und vor allem Ko­balt. Neuere Batterietechnologien wie die Lithi­um-Eisenphosphat-Batterie kommen zwar ohne diese beiden anderen Metalle aus. So rüstet Tesla bereits Automobile der Baureihe Model 3 in ihrer Fabrik in Schanghai mit diesen Batterien aus. Gleichwohl hat auch der Kobaltpreis sehr stark zugelegt. Kostete die Tonne Ende 2020 noch 32000 Dollar, hat es im Verlauf des laufenden Jahres an der London Metal Exchange (LME) in der Spitze einen Anstieg bis auf 52500 Dollar gegeben. Dazu trug entscheidend bei, dass es ein Defizit auf dem Markt gab, sowie Befürchtungen, die in Südafrika besonders schlimme Coronavirus-Pandemie könne verhindern, dass im Kongo gefördertes Kobalt über südafrikanische Häfen verschifft wird.

Niedrigere Energiedichte

Ob Kobalt in der Batterietechnologie aber noch ähnlich wie Lithium eine große Zukunft hat, ist zweifelhaft. Lithium-Eisenphosphat-Batterien weisen zwar eine etwas geringere Energiedichte auf als herkömmliche Lithium-Ionen-Batterien. Sie verfügen aber über einen ganz entscheidenden Vorteil für die Elektromobilität: Bei mechanischen Beschädigungen wie in Unfällen neigen sie nicht zu sogenanntem „thermischen Durchgehen“, also einer gefährlichen exothermen Reaktion, bei der sehr große Hitzemengen abgegeben werden. Dies könnte eine wichtige Voraussetzung für den Siegeszug der Elektromobilität sein.