SerieBörsenbetreiber im Beauty Contest: NYSE und Nasdaq (3)

New Yorks Börsenriesen ringen mit neuer Konkurrenz

Die New York Stock Exchange und die Nasdaq bilden nicht nur den wichtigsten Anlaufplatz für US-Börsenkandidaten, sondern ziehen zunehmend mehr internationale Listings an. Doch die Marktbetreiber müssen sich mit neuen Wettbewerbern aus Texas und Chicago sowie einer drohenden härteren Regulierung auseinandersetzen.

New Yorks Börsenriesen ringen mit neuer Konkurrenz

Börsenbetreiber im Beauty Contest: Nyse und Nasdaq (Teil 3)

New Yorks Börsen ringen mit neuer Konkurrenz

Nyse und Nasdaq behaupten globale Dominanz im Listing-Geschäft – Herausforderer aus Texas und Chicago wollen im Markt für Aktiennotizen angreifen

Die New York Stock Exchange und die Nasdaq bilden nicht nur den wichtigsten Anlaufplatz für US-Börsenkandidaten, sondern ziehen zunehmend mehr internationale Listings an. Doch die Marktbetreiber müssen sich mit neuen Wettbewerbern aus Texas und Chicago sowie einer drohenden härteren Regulierung auseinandersetzen.

xaw New York

Für aussichtsreiche europäische Börsenkandidaten führt der Weg zunehmend nach Westen. Mit dem britischen Chipdesigner Arm und dem deutschen Schuhunternehmen Birkenstock haben zwei Hoffnungswerte aus der alten Welt bereits im vergangenen Jahr mit Initial Public Offerings (IPOs) in New York für Aufsehen gesorgt – und einen Trend verdeutlicht, der sich nach Ansicht von Analysten fortsetzen wird. Denn eine Notiz im US-Markt ist inzwischen auch für bekannte europäische Namen erstrebenswert, wie Wirtschaftskanzleien betonen.

Lynn Martin, die Präsidentin der New York Stock Exchange (Nyse), hob zu Jahresbeginn im Interview der Börsen-Zeitung hervor, sich durch „starke Listings ausländischer Unternehmen“ von Wettbewerbern abheben zu wollen. Die Wall Street biete „den Zugang zum breitesten Investorenpool, den es gibt“. Deshalb strebten auch bereits börsennotierte Unternehmen eine Doppelstruktur an, durch die sie weiter in ihrem Heimatmarkt präsent sein könnten und den tieferen und liquidieren US-Markt anzapfen könnten.

Deutsche Firmen im Fokus

„Da der amerikanische Markt in der Regel aber eine höhere Liquidität bietet, laufen die Bewertungen für die Aktien doppelt gelisteter Unternehmen häufig auseinander“, sagte Martin. In der Folge wechselten Unternehmen mit ihrer Erstnotiz nun zunehmend in die Vereinigten Staaten, in denen sie für globale Investoren deutlich stärker sichtbar würden. „Das gilt für alle ausländischen Unternehmen – Deutschland ist aber sicher ein Markt, auf den wir uns scharf fokussieren“, führte die Nyse-Chefin aus.

Nyse-Chefin Lynn Martin will mehr Listings deutscher Unternehmen anziehen. Foto: picture alliance / ASSOCIATED PRESS | Seth Wenig.

Daneben betonte der Vize-Vorsitzende der Börse, John Tuttle, auf einer Reise nach Tokio zuletzt, Gespräche mit einer „starken Pipeline“ an japanischen Unternehmen zu führen, die innerhalb der kommenden 18 Monate US-Listings anstrebten. Zudem wolle die Nyse mehr Interesse aus anderen asiatischen Märkten anziehen. Martin prognostiziert indes, dass sich auch das Fenster für Börsengänge von US-Unternehmen weiter öffnet.

So hat sich der amerikanische IPO-Markt im ersten Halbjahr 2024 befestigt, nachdem er 2022 im Vergleich zum vorangegangenen Boomjahr eingebrochen war und sich 2023 nur langsam erholte. Laut dem Branchenverband SIFMA kam es im ersten Halbjahr zu 74 US-Deals, die mehr als 17 Mrd. Dollar einspielten, wobei nahezu 4 Mrd. Dollar auf ausländische Unternehmen entfiel.

Die Aussicht auf eine geldpolitische Lockerung der Federal Reserve hat die Stimmung an den Kapitalmärkten allgemein aufgehellt. Für das zweite Halbjahr bestehe nun „vorsichtiger Optimismus“, kommentiert Mark Schwartz, bei der Beratungsgesellschaft EY für amerikanische IPOs zuständig. Investoren müssten sich allerdings gewärtig sein, dass die US-Präsidentschaftswahl das Umfeld für Börsengänge beeinflusse. Deswegen strebten einige Unternehmen noch ein kurzfristiges Listing an, während andere ihre Pläne bereits eher auf 2025 ausrichteten.

Die Kanzlei White & Case sieht die Position der US-Börsen als „globale Magneten für grenzübergreifende Listings“ dabei intakt. Und die Analysten von PwC verweisen darauf, dass in der Heimat ungeliebte europäische Energiegiganten den Weg nach Westen antreten dürften, um im tieferen und liquideren US-Markt höhere Bewertungen zu erzielen.

Dabei stehen die Nyse und der Nasdaq Stock Market klar im Fokus der IPO-Kandidaten. Die börsennotierten Muttergesellschaften der Marktbetreiber – die Intercontinental Exchange und Nasdaq, Inc. – haben ihr Aktien-Duopol in den vergangenen Jahrzehnten durch Übernahmen zahlreicher Regionalbörsen gefestigt.

Texaner buhlen um Trading-Volumina

Doch konkurrieren die an der Wall Street bzw. am Times Square ansässigen Riesen nicht mehr nur miteinander. So soll in Dallas die neue Börse TXSE entstehen, die von Investoren um Blackrock und Citadel Securities mit Milliardenmitteln gestützt wird und ab dem kommenden Jahr um Trading-Volumina buhlen will. Ab 2026 wollen die Texaner dann im eigentlich lukrativen Teil des Geschäfts, dem Listing-Markt, angreifen.

Damit schlägt die TXSE in die gleiche Kerbe wie die Investors Exchange oder die als Optionsbörse bekannte CBOE Global Markets. Diese haben bei ihren Versuchen, in den Markt für Aktiennotizen vorzustoßen, bisher zwar nur bescheidene Fortschritte erzielt. Auch ist es für neue Börsen schwierig, Trading-Volumina anzuziehen, weil Investoren an den geschäftigsten Handelsplätzen aktiv sein wollen.

Wettbewerber locken mit niedrigeren Kosten

Allerdings geht die TXSE in einem Umfeld an den Start, in dem sich die Verhältnisse so stark verschieben wie lange nicht. Dutzende Firmen ziehen an Standorte mit laxerer Regulierung, Texas ist inzwischen Heimat von mehr Mitgliedern der Fortune 500 als jeder andere Bundesstaat. Die TXSE will Listing-Kandidaten zudem durch CEO-freundlichere Regeln locken, nachdem die Compliance-Kosten an Nyse und Nasdaq gestiegen sind. Gerade für die Nasdaq waren niedrige Aufnahmeschwellen historisch ein starkes Argument, um Tech-Firmen anzuziehen.

Auch weitere Konkurrenz für die New Yorker Marktbetreiber ist nicht ausgeschlossen. Auf der Führungsetage der CME Group zeigen sich Manager zwar zufrieden mit ihrer aktuellen Marktposition als weltgrößte Terminbörse und heben das klare Duopol von Nyse und Nasdaq in einem „gut funktionierenden“ Markt für Aktienlistings hervor. Dass Angebote im Cash-Markt für Aktien für den Chicagoer Konzern interessant werden, wollen Stimmen aus dem Umfeld der CME aber nicht ausschließen.

Nehme der Terminmarktbetreiber eine starke Kundennachfrage wahr, könne er sich durchaus mit einem Vorstoß in neue Segmente wie den Listing-Markt auseinandersetzen. Mit Verweis auf das hohe Investoreninteresse ist die CME seit 2018 durch die Übernahme von NEX Markets und deren Fixed-Income- und Devisen-Handelsplattformen BrokerTec und EBS zum Beispiel schon in der Brokerage aktiv geworden.

Härtere Regulierung droht

An der Wall Street und am Times Square geben sie sich mit Blick auf Herausforderer gelassen. Doch droht sich im neuen Konkurrenzumfeld auch die Regulierung zu verschärfen. Die Explosion der Zahl an Pennystocks, also Aktien mit Kursniveaus von unter einem Dollar, weckt Rufe nach härteren Listing-Regularien, während die Börsenaufsicht SEC die bisherigen Orderprozesse infrage stellt.

John Tuttle, hier rechts neben Japans Premierminister Fumio Kishida, gilt seit Jahren als wichtigster Kontaktmann der Nyse für Listing-Kandidaten. Foto: picture alliance / newscom | John Angelillo.

Für die Marktbetreiber weht also härterer Wind – und die Nyse muss bald ohne ihren langjährigen Spitzen-IPO-Vertriebler klarkommen. Denn Vize-Chairman Tuttle, der Tech-Firmen wie Palantir von einem Listing an der Traditionsbörse überzeugte, verlässt das Unternehmen nach 17 Jahren. Er wechselt zum in Michigan ansässigen Versicherungsbroker Acrisure und tritt damit den Weg nach Westen an.

Zuletzt erschienen: London Stock Exchange als „Schaufenster für eine internationale Investorenbasis“ (25. Juli) Deutsche Börse hinkt im Marketing hinterher (19. Juli)