Nicht alle Modeketten voll im Trend
Mode wird zunehmend online gekauft, immer öfter auch mobil. Modeketten schlagen sich in diesem schwierigen Umfeld höchst unterschiedlich. Einfach ein Online-Portal aufzubauen reicht nicht, heißt es in einer Studie der Berenberg Bank. Wichtig seien die richtigen Investitionen.amb Frankfurt – Mit den meisten Aktien der etablierten Modeunternehmen war 2016 nicht viel zu gewinnen. Viele Anleger sehen nun die Chance auf einen günstigen Einstieg gekommen. Nach Ansicht der Berenberg Bank wird die Wucht des strukturellen Wandels in der Branche aber immer noch unterschätzt. Den Analysten zufolge geht es bei den Veränderungen nicht allein um den Trend vom Offline- zum Online-Verkauf. Die Gewinner von morgen müssten sich neben einer guten Online-Aufstellung auch durch ein besonderes Produktangebot absetzen und an der richtigen Stelle investieren. In einer Studie rät die Berenberg Bank vor allem bei Asos, Inditex und Yoox Net-A-Porter zum Kauf, aber auch bei der Supergroup. Weiter nach unten gehen werde es unterdessen für Aktien von H & M, Debenhams und Marks & Spencer, alle werden auf “Sell” gestuft. “Hold” heißt das Votum für Zalando und Next. Flexible Lieferkette wichtigDie Branche wandelt sich stark: In den großen und umsatzstarken Einkaufsstraßen präsent sein, das ist heute für die Modeketten nicht mehr ganz so wichtig, meinen die Analysten. Produkte und Preise ließen sich jetzt viel besser vergleichen, die Produktzyklen seien kürzer geworden. Die bisherige Praxis, große Mengen zu niedrigen Preisen in Fernost fertigen zu lassen und Monate später dann in Europas Läden zu bringen, habe eine Schnäppchenmentalität hervorgebracht und sich letztlich überlebt.Die politischen Unsicherheiten in vielen Regionen der Welt machten den Unternehmen zusätzlich zu schaffen. Von Importen abhängige britische Bekleidungsketten litten darüber hinaus unter dem schwachen Pfund. Auf der Gewinnerseite sieht die Berenberg Bank Unternehmen mit flexiblen Lieferketten und verkaufsnahen Produktionsstätten.Investitionen in Online-Auftritt und Vertrieb seien enorm wichtig – aber nicht nur. In manchen Fällen führe der Aufbau einer Online-Plattform lediglich zu Kannibalisierungseffekten, die Gesamtkapitalrendite sinke. Für ganz wichtig halten die Analysten auch die richtigen Anreizsysteme für das Management, das heißt: keine pure Ausrichtung an Umsatz und Gewinn. “Dass sich einige Modeunternehmen nicht an die veränderten Umstände angepasst haben, hängt mit den Prioritäten beim Einsatz von Geldern und der Art der Managementvergütung zusammen”, heißt es in der Studie. Top bei KundengewinnungZum Kauf empfohlen wird zum einen der britische Online-Händler Asos, das Kursziel wird bei 65 Pfund (aktuell 59,24 Pfund) angesetzt. Trotz sehr guter Entwicklung – der Kurs hat sich seit März 2016 fast verdoppelt – habe die Aktie noch Potenzial. Asos sei in Sachen Neukundengewinnung und Verhältnis Seitenbesucher zu Käufern die Nummer 1, das Umsatzwachstum werde sich fortsetzen. Einziger Schwachpunkt sei das Vergütungssystem für Manager mit Orientierung an Umsatz und Gewinn. Die Gewinnschätzungen je Aktie werden leicht angehoben auf jetzt 0,78 Pfund für 2017, 1,04 Pfund für 2018 und 1,31 Pfund für 2019. Auch für die Zara-Mutter Inditex (Industria de Diseño Textil) lautet das Votum “Buy”, der Aktie werden 34 Euro (aktuell 31,91 Euro) zugetraut. Inditex punkte mit trendiger Kleidung und der permanent erneuerten Angebotspalette – on- und offline. Die Gewinnschätzungen für 2017 werden um 1,6 % reduziert auf 1 Euro, für 2018 bleiben sie bei 1,20 Euro, für 2019 werden sie angehoben um 0,8 % auf 1,40 Euro.Ebenfalls empfohlen wird der italienische Online-Händler Yoox Net-A-Porter Group, entstanden 2015 aus der Fusion von Yoox und Net-A-Porter. Das Kursziel liegt hier bei 38 Euro (aktuell 22,22 Euro). Die schwache Kursentwicklung wegen grundsätzlicher Sorgen um den Online-Vertrieb von Designermode war nach Ansicht der Analysten nicht berechtigt, die Umsätze im Online-Luxussegment würden sich in den kommenden fünf Jahren mehr als verdoppeln. Das werde zwar neue Konkurrenz auf den Plan rufen, Yoox Net-A-Porter Group hebe sich aber ab und punkte mit guten Verbindungen zu Luxusmarken, zudem gebe es Potenzial durch die Fusion. Die Gewinnschätzungen werden für 2017 und 2018 um 0,6 % und 0,8 % angehoben auf jetzt 0,60 Euro und 0,77 Euro. Zur britischen Bekleidungsfirma Supergroup wird ebenfalls geraten bei einem Kursziel von 18,50 Pfund (aktuell 14,78 Pfund). Hier sei die Bewertung mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) für 2018 von 12,5 angesichts des Gewinnwachstums je Aktie von 14 % p. a. viel zu niedrig. Die Gewinnprognosen für 2017 bleiben bei 0,85 Pfund, für 2018 und 2019 werden sie um 0,8 % und 4,3 % angehoben auf jetzt 0,96 und 1,08 Pfund. Abgeraten wird unterdessen von H & M, Debenhams sowie Marks & Spencer: Alle drei Unternehmen passten sich nicht ausreichend an die Veränderungen in der Branche an, dazu komme kräftiger Gegenwind durch die Wechselkurse. Der Kleidung der schwedische Modekette Hennes & Mauritz (H & M) (Kursziel 220 skr, aktuell 230,40 skr) fehle das Besondere. Die Pläne, in Design, Lagerhaltungsmanagement und Multi-Channel-Vertrieb zu investieren, kämen zu spät. H & M wird nach Ansicht der Analysten hinter der Konkurrenz zurückbleiben und Marktanteile verlieren. Die Ergebnisprognosen je Aktie bleiben bei 11,90 skr für 2017, 12,90 skr für 2018 und 13,80 skr für 2019.”The dog days aren’t over” heißt es für die britische Kette Marks & Spencer, das Kursziel wird von 2,90 Pfund auf 2,60 Pfund reduziert (aktuell 3,29 Pfund). Kritisiert werden zu lange Lieferzeiten und die wenig originellen Produkte. Die Marktanteile werden den Analysten zufolge weiter fallen, der Online-Auftritt führe lediglich zu Kannibalisierungseffekten. Die Pläne, die Verkaufsflächen in den kommenden fünf Jahren um 10 % zu reduzieren, seien nicht ausreichend. Die Gewinnschätzungen für 2017 bis 2019 werden um 0,9 %, 5,8 % und 8,6 % gesenkt auf jetzt nur noch 29 Pence, 27,40 Pence und 27,50 Pence.Die Kritik an Debenhams (Kursziel 0,46 Pfund, aktuell 0,55 Pfund) klingt ähnlich: ein wenig attraktives Angebot, zu lange Vorlaufzeit wegen der Produktion in Asien, keine schnelle Reaktion auf neue Kundenwünsche, zu viele kostenträchtige Einzelhandelsflächen, die Investitionen in das Offline-Geschäft begrenzten. Die Experten halten eine Expansion nach Kontinentaleuropa zwar grundsätzlich nicht für falsch, Debenhams müsse aber viel Geld in die Hand nehmen. Die Ergebnisschätzungen je Aktie bleiben bei 6,6 Pence und 5,9 Pence für dieses und nächstes Jahr. Schon faire BewertungBei Zalando (Kursziel 34 Euro, aktuell 37,43 Euro) wird nicht das Geschäftsmodell in Frage gestellt. Der Berliner Online-Händler für Schuhe und Mode setze auf ein breites Angebot und habe bereits eine gute Position in wichtigen Märkten. Auch die Anreizsysteme stimmten, da das Management 3 % am Unternehmen halte. Berenberg zufolge ist all das aber schon eingepreist, inklusive des bis 2026 von 1 % auf 4 % steigenden Marktanteils. Dazu drohe Konkurrenz von Amazon. Die Ergebnisprognosen für 2017 bis 2019 werden um 7,2 %, 5,6 % und 3,5 % reduziert auf jetzt nur noch 0,76 Euro, 0,92 Euro und 1,11 Euro je Aktie.Für die britische Bekleidungskette Next (Kursziel 40 Pfund, aktuell 38,86 Pfund) wird ebenfalls kein Potenzial nach oben mehr gesehen. Begründet wird das mit einer unflexiblen Lieferkette, einem beliebigen Angebot, hohen Lagerbeständen und einer schwachen Profitabilität. Die Gewinnschätzungen bleiben bei 4,34 Pfund, 4,09 Pfund und 3,96 Pfund für 2017 bis 2019.