Aktienmarkt

Noch bis Ende September im Seitwärtstrend

Der Aktienmarkt wird bis Ende September noch keine klare Richtung einschlagen, sondern weiter im Seitwärtstrend verharren.

Noch bis Ende September im Seitwärtstrend

Von Christoph Geyer*)

Immer wieder verblüffen die Kritiker, nicht nur der technischen Analyse, sondern jeder nur denkbaren Analysemethode, damit, dass sie es im Nachhinein viel besser gewusst haben als der kritisierte Analyst. Warum hat man nicht diese oder jene Prognose erstellt, da es ja völlig klar war, dass es so kommen musste. Besonders beliebt sind die Kritiker, die es bereits vorher ganz genau wissen, dass die Analyse falsch ist. Wenn es dann so weit ist, dass die erwartete Bewegung eingetroffen ist, oder eben nicht, werden sie sich entsprechend positionieren und es wieder einmal besser gewusst haben. Keine Analysemethode kann von sich behaupten, immer richtig zu liegen. Jeder seriöse Analyst wird für sich und seine Leser immer versuchen die bestmögliche Prognose abzugeben. Die verschiedenen Analysemethoden bieten dabei verschiedene Ansätze und müssen häufig miteinander kombiniert werden.

Keine Garantie

Der ungeübte Leser wird hierbei zuweilen irritiert und glaubt, dass eine einzige Methode bereits zum Erfolg führt. Dass dies nicht der Fall sein kann, beweist in der technischen Analyse die beliebte Analyse der Saisonalität. Es handelt sich hierbei um die Betrachtung der vergangenen Jahre und die Suche nach wiederkehrenden Bewegungen. Selbst eine perfekte Statistik der letzten Jahre ist kein Garant dafür, dass es auch im laufenden Jahr so kommen muss. Die Rahmenbedingungen und aktuelle Ereignisse sowie ganz besonders das Verhalten der Marktteilnehmer müssen im Vordergrund der Analyse stehen.

So war im vergangenen Jahr in den USA darauf zu achten, wie die Marktteilnehmer auf den Ausgang der amerikanischen Präsidentenwahl reagieren. Zwar gibt es einen statistischen Wert der Präsidentschaftswahljahre, dieser kann aber keine Überraschungen und erst recht nicht die Reaktion der Märkte vorhersagen, sondern nur das typische Verhalten in einem Präsidentschaftswahljahr.

Kaum Korrekturen

Aktuell macht der amerikanische Aktienmarkt einen deutlich stärkeren Eindruck als der deutsche Markt. Der breit gefasste Index S&P500 läuft immer weiter nach oben und weist nahezu keine oder nur sehr kleine Korrekturen auf. Etwas volatiler, aber mit einem ebenfalls übergeordneten Aufwärtstrend zeigt sich die Technologiebörse Nasdaq. Derzeit gibt es keinen Grund, daran zu zweifeln, dass diese Trends noch weiter anhalten können.

Die Statistik beim Dax für die kommenden Wochen weist eine eher uneinheitliche bis schwächere Situation auf. In den vergangenen 33 Jahren hat der Dax von Anfang September bis Anfang Oktober in 19 Jahren eine zum Teil sehr negative Bilanz ausgewiesen. Die 14 po­sitiven Jahre waren mit meist bescheidenem Plus versehen. Zur statistischen Wahrheit gehört aber auch, dass die letzten 15 Jahre eher ausgeglichen verlaufen sind. Dieses Beispiel zeigt, dass man sich allein auf die Statistik nicht verlassen sollte.

Wahlen im Fokus

Ein Blick auf den Chart und der damit verbundene Blick auf die Reaktionen der Marktteilnehmer zeigt, dass noch viele andere Faktoren eine Rolle spielen. Wie in den Vereinigten Staaten im vergangenen Jahr, stehen bei uns in Deutschland in diesem Jahr wichtige Wahlen an. Der seriöse technische Analyst wird sich nicht an Spekulationen beteiligen, bei welchem Wahlausgang sich der Markt wie bewegen wird. Häufig genug hat sich in der Vergangenheit gezeigt, dass sich Prognosen zu den Wahlausgängen und die erwarteten Marktreaktionen als völlig falsch herausgestellt haben. Dabei geht es hier nicht darum, wie die Wahl ausgehen wird, sondern darum, wie die Marktteilnehmer auf einen be­stimmten Wahlausgang reagieren würden. Daher ist der technische Analyst wie immer gut beraten, wenn er die Wahl abwartet und die Reaktion der Handelsbeteiligten analysiert.

Dynamik lässt nach

Es fällt aber bereits jetzt auf, dass die verschiedenen Szenarien und Umfrageergebnisse kaum am Markt bewertet werden. Entweder sind die Themen der Welt noch zu bedeutend (und) oder die Lage bei der Wahl ist noch so undurchsichtig und eng, dass sich die Marktteilnehmer nicht in die eine oder andere Richtung positionieren wollen. Entsprechend uneinheitlich – und das passt wieder zur Statistik – ist die Marktbewegung seit einigen Wochen. Natürlich stellt sich der übergeordnete Trend deutlich positiv dar. Die Dynamik hat aber seit Frühsommer dieses Jahres klar nachgelassen.

Die zurückliegenden Monate waren aber immer wieder von leicht höher liegenden Seitwärtstrends bestimmt. Dabei hat sich beim MACD-Indikator zwar eine Divergenz etabliert, diese konnte bislang aber ihre Wirkung, nämlich eine Abwärtsbewegung oder wenigstens Korrekturbewegung, nicht entfalten.

Dies dürfte auch kaum mehr erfolgen. Vielmehr ist zu erwarten, dass der Seitwärtstrend noch bis Ende September anhält. Sollten die Marktteilnehmer der Bundestagswahl weiterhin so neutral gegenüberstehen, dürfte dann die jährlich stärkste Phase bevorstehen. Statistik ist aber nicht alles und entsprechend muss zu gegebener Zeit die technische Lage neu bewertet werden.

*) Christoph Geyer ist technischer Analyst bei der Commerzbank.