Palladium glänzt am hellsten

Preis hat sich seit 2016 verdreifacht - Unterdeckung des Marktes dürfte sich ausweiten

Palladium glänzt am hellsten

Der Preis des vor allem in der Autoindustrie verwendeten Edelmetalls Palladium hat sich seit Anfang 2016 verdreifacht. Die Rally ist jedoch möglicherweise noch nicht zu Ende, zumal einige Marktbeobachter davon ausgehen, dass sich die Unterdeckung des Weltmarktes eher noch vergrößert.Von Dieter Kuckelkorn, FrankfurtSeit Anfang 2016 kennt der Palladiumpreis eigentlich nur eine Richtung: nach oben. Die Rally begann bei einem Niveau von rund 500 Dollar je Feinunze. Seither hat sich der Preis mehr als verdreifacht, denn vor zwei Tagen wurde mit 1 565,09 Dollar ein Allzeithoch markiert.Angesichts dieser rasanten Entwicklung müssten nun eigentlich Analysten und Marktteilnehmer vor Übertreibungen warnen, aber vielfach ist das Gegenteil der Fall. So geht der weltgrößte Hersteller, die russische Norilsk Nickel mit einem Marktanteil von rund 40 %, davon aus, dass sich der Nachfrageüberschuss auf dem Weltmarkt, der den Preis antreibt, im laufenden Jahr nochmals ausweiten wird. Nach den Schätzungen des Konzerns wird das Defizit 800 000 Feinunzen betragen, nach jeweils 600 000 Feinunzen in den beiden vergangenen Jahren. Die Palladiumnachfrage ist 2018 auf einen Rekordwert von 10,7 Mill. Unzen gestiegen, für das laufende Jahr geht Norilsk Nickel von 11,2 Mill. Unzen aus. Damit unterscheidet sich Norilsk Nickel allerdings von dem renommierten Marktbeobachter Johnson Matthey, dessen Prognosen konservativer sind. Bei Bloomberg Intelligence wiederum erwartet man, dass die Unterdeckung des Weltmarktes in den Jahren 2019 und 2020 die größte seit den achtziger Jahren sein wird. Die Produktion von Palladium lässt sich übrigens nicht ohne weiteres steigern, da das Metall ein Nebenprodukt der Förderung von Nickel oder Platin ist. Dank an VolkswagenBedanken für den ihnen zuteilwerdenden Geldregen könnten sich die Produzenten des Edelmetalls übrigens bei einem deutschen Autokonzern: Der von Volkswagen losgetretene Dieselskandal hat dazu geführt, dass die weltweite Nachfrage nach Automobilen mit Dieselmotor stark nachgelassen hat, zugunsten von Modellen mit Benzinmotoren. Abgasreinigungsanlagen von Diesel-Pkw verfügen in der Regel über einen Katalysator mit hohem Platinanteil, während Benzinmodelle mit Katalysatoren mit hohem Palladiumanteil ausgerüstet werden. Dieser Paradigmenwechsel in der Autoindustrie lässt sich an den Preisen der beiden Edelmetalle eindeutig ablesen (vgl. Charts). Der erwähnte dramatische Preisanstieg bei Palladium kontrastiert mit einer anhaltenden Baisse bei Platin.Derzeit gehen rund 80 % des geförderten Palladiums in die Autoindustrie, die das Metall in den Benzin-Pkw-Katalysatoren kaum ersetzen kann. In dieser Hauptanwendung des Metalls liegt allerdings auch die Gefahr, dass die Hausse mittel- bis langfristig auslaufen dürfte, wenn wie von den meisten Marktbeobachtern erwartet Elektroautomobile den Benzinkutschen den Rang ablaufen. Davon dürften dann statt Palladium Metalle wie Kupfer, Lithium und Kobalt profitieren. Finanzinvestoren greifen zuEs gibt noch einen weiteren Faktor, der die Nachfrage antreibt. Inzwischen gibt es auch auf Palladium einige Exchange Traded Funds (ETF) wie den Aberdeen Standard Physical Palladium Shares (PALL), so dass auch Geld marktferner Finanzinvestoren den Palladiummarkt erreicht. Viele Marktteilnehmer halten es inzwischen für möglich, dass der Palladiumpreis über die Marke von 2 000 Dollar klettert.Es würde sich dann aber die Frage stellen, wie nachhaltig diese Entwicklung wäre. Einige Analysten sehen trotz der unbestritten hohen Nachfrage die Gefahr einer Marktüberhitzung: “Es wird immer öfter davon geredet, dass es eine Bubble auf dem Palladiummarkt geben könnte wegen der gnadenlosen Rally, die wir gesehen haben”, warnt Analyst Ole Hansen von der Saxo Bank. “Diejenigen, die long gegangen sind, könnten sich veranlasst sehen, ihre Gewinne mitzunehmen, und wir sehen auch möglicherweise Versuche von Marktakteuren, short zu gehen”, befürchtet er.Zurückhaltend ist auch Eugen Weinberg von der Commerzbank. Er geht zwar auch davon aus, dass die Nachfrage von den strengeren Abgasvorschriften in allen wichtigen Märkten getrieben wird, während das Primärangebot stagniert, merkt aber an: “Wir erachten den jüngsten Preisanstieg bei Palladium dennoch als übertrieben und halten eine Korrektur für überfällig.” Andere Analysten sind der Ansicht, dass selbst das gegenwärtige Preisniveau noch nicht ausreichend ist, um mit Blick auf die ungewöhnliche Produktionssituation einen starken Ausbau der Förderung herbeizuführen. Sollten diese Stimmen recht haben, ist vielleicht doch ein Palladiumpreis von 2 000 Dollar in den Karten.