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Pandemie verstärkt Dispersion der Aktienmärkte

Durch die Pandemie hat sich die Dispersion, die Streuung der Renditen, an den globalen Aktienmärkten wieder verstärkt. Für aktive Fondsmanager sind das gute Nachrichten.

Pandemie verstärkt Dispersion der Aktienmärkte

Auch im Jahr 2021 eilen Aktienmärkte von Rekord zu Rekord. Die Gründe sind die globale Konjunkturerholung im Zuge der fortschreitenden Impfkampagnen, nach wie vor umfangreiche fiskal- und geldpolitische Unterstützung, starke Unternehmensgewinne, Aktienrückkaufprogramme und nicht zuletzt ein Mangel an Alternativen angesichts deutlich negativer realer Renditen am Anleihemarkt. Die Marktvolatilität befindet sich ebenfalls auf dem Rückzug und nähert sich immer weiter dem Pre-Covid-Niveau an.

Unter der Oberfläche zeigt sich jedoch ein differenzierteres Bild. Der globale Aktienmarkt bewegt sich zurzeit sehr uneinheitlich, d. h. die Kursentwicklungen einzelner Titel fallen relativ heterogen aus. So liegt die Dispersion, gemessen an der Volatilität der Renditen von Einzeltiteln, nach wie vor deutlich über dem Niveau des Jahrzehnts nach der Finanzkrise.

Der Zeitraum von 2011 bis 2020 war durch einen langanhaltenden wirtschaftlichen Aufschwung, niedrige Arbeitslosigkeit sowie geringe Inflation und Zinsen geprägt. In dieser Goldilocks-Economy konnten sich viele Aktientitel unterschiedlicher Länder und Sektoren zumindest in Tendenz ähnlich gut entwickeln – sieht man einmal vom Technologiesektor ab, der über viele Jahre eine Outperformance gegenüber dem Markt erzielen konnte. Die Dispersion war dementsprechend über viele Jahre niedrig. Der Ausbruch der Corona-Pandemie hat diesen Trend abrupt gestoppt und zu signifikanten Strukturveränderungen geführt, die bis heute Auswirkungen auf Aktien, Sektoren, Länder und Stilfaktoren haben.

Growth-Titel setzen sich ab

Rückblickend kann die Pandemie zunächst als Trendverstärker gesehen werden. So konnten sich Growth-Titel, die sich schon in der letzten Dekade stark entwickelten, weiter von Value-Titeln absetzen. Der MSCI AC World Growth Index übertraf sein Value-Äquivalent im Jahr 2020 mit einer historischen Rekordrendite von 35%. Insbesondere der Technologiesektor und zyklische Konsumgüter lieferten Erträge im hohen zweistelligen Bereich. Diese Sektoren profitierten von der Veränderung des Konsumverhaltens der Haushalte, die infolge der Lockdown-Maßnahmen vermehrt auf Online-Handel und Homeoffice setzten. Zusätzlich wurden beide Sektoren auch durch den starken Rückgang der Zinsen infolge der lockeren Geldpolitik der Zentralbanken be­günstigt. Auf der anderen Seite des Spektrums mussten die konjunktursensibleren und valueorientierten Sektoren wie Energie und Finanzwesen Verluste hinnehmen. Insbesondere der Energiesektor verzeichnete aufgrund des Einbruchs der Preise für Energierohstoffe das schlechteste Jahr seit der globalen Finanzkrise.

Auch auf Länderebene konnten sich trotz der globalen Natur der Krise einige Volkswirtschaften schneller erholen als andere. Dazu gehören beispielsweise die USA oder China. Während die amerikanische Wirtschaft von vergleichsweise geringen Restriktionen und besonders um­fangreichen fiskal- und geldpolitischen Maßnahmen gestützt wurde, war es in China vor allem die Fähigkeit der dortigen Firmen, die Produktion rasch auf die in Krisenzeiten benötigten Produkte umzustellen, die der Wirtschaft wieder auf die Beine half. Dagegen hatten andere Länder, unter anderem die Mitgliedstaaten des Euroraums, Schwierigkeiten, an das Vorkrisenniveau der Wirtschaftsleistung anzuknüpfen. Die Heterogenität zwischen den Ländern lässt sich analog auf die Märkte übertragen. So konnten sich amerikanische und chinesische Titel vergangenes Jahr deutlich besser entwickeln als europäische Aktien.

Marktrotationen

Mit Beginn des Jahres 2021 hat sich der Wind an den Märkten gedreht. Im Zuge der globalen Konjunkturerholung kehrte die Inflation zurück. Preise für Öl, Gas und Strom, aber auch von Agrarrohstoffen und Industriemetallen erhöhten sich aufgrund der anziehenden Nachfrage deutlich. Verschärft wurde die Situation zusätzlich durch brüchige Lieferketten. Fabriken, die in Entwicklungs- und Schwellenländern günstige Vorprodukte für den westlichen Markt herstellen, konnten die Produktion nur langsam hochfahren. Zahlreiche Unternehmen – insbesondere aus dem Auto- und Technologiesektor – mussten ihre Produktionsziele daraufhin nach unten anpassen. Die Inflationssorgen führten zudem zu einem Anstieg der Zinsen an den Anleihemärkten und erhöhten den Druck auf die Zentralbanken, ihre ultraexpansive Geldpolitik zu beenden.

Bewertungslücke verkleinert

In diesem Umfeld konnten Value-Titel die Bewertungslücke zu Growth-Titeln in Tendenz verkleinern. Das liegt zum einen daran, dass es sich bei Value-Firmen meist um erfolgreiche und bereits am Markt etablierte Unternehmen handelt, die kurzfristig von einer guten Konjunkturentwicklung profitieren. Zum anderen reagieren diese Titel weniger sensitiv auf steigende Zinsen, da die erwarteten Gewinne von Value-Firmen nicht so weit in der Zukunft liegen, wie dies bei Growth-Aktien der Fall ist, und dementsprechend weniger stark abgezinst werden.

Auf Sektorebene konnten vor allem die Verlierer des letzten Jahres punkten. Dank steigender Zinsen konnten Banken Kredite wieder mit höheren Aufschlägen vergeben und so ihre Rentabilität steigern, während der Energiesektor direkt von steigenden Energiepreisen und höherer Nachfrage profitierte. Zu den Verlierern zählten chinesische Titel. Die verschärfte Unternehmensregulierung durch Chinas Regierung sowie Sorgen um die Finanzstabilität ließen die Kurse deutlich fallen.

Die Pandemie hat zu fundamentalen Strukturveränderungen sowohl in der Realwirtschaft als auch an den Kapitalmärkten geführt. Mit dem möglichen Ende des Goldilocks-Jahrzehnts hat sich die den Märkten zugrundeliegende Dispersion wieder verstärkt. Für aktive Fondsmanager sind das gute Nachrichten: Wenn die Streuung der Renditen größer wird, steigen die Chancen, durch gezielte Investitionen einen klaren Mehrwert für die Anleger zu generieren. In unseren aktiven Multi-Asset-Strategien kann das zum Beispiel über günstige (Wieder-)Einstiege am Aktienmarkt erfolgen. Zusätzlich steht aber auch ein breites Spektrum von Vermögensklassen im Credit- und Rohstoffbereich zur Verfügung, um die sich bietenden Gelegenheiten je nach wirtschaftlichem Umfeld zeitnah und risikokontrolliert wahrnehmen zu können.

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