Pensionseinrichtungen müssen umsteuern
Seit rund fünf Jahren gehen in Deutschland immer mehr Menschen der geburtenstarken Babyboomer-Generation in den Ruhestand. Das führt zu den bekannten Problemen bei der gesetzlichen Rente, bei der sich das Verhältnis von Beitragszahlern zu Rentenbeziehern bereits erheblich in Richtung Ruheständler verschoben hat und weiter verschieben wird. Mittlerweile beziehen mehr als 21 Millionen Deutsche eine staatliche Rente, und schon heute stehen einem Altersrentner nur noch rund zwei Beitragszahler gegenüber, meldet das Demografie-Portal von Bund und Ländern.
Als herausfordernd erweist sich diese demografische Entwicklung aber nicht nur für das gesetzliche Rentensystem, auch für Pensionseinrichtungen resultiert zumindest indirekt Handlungsbedarf. Sie bieten im Rahmen der betrieblichen Altersvorsorge die beliebteste Form der privaten Vorsorge, ergibt die aktuelle HDI-Rentner-Studie.
Negative Cashflows in Sicht
Immer mehr dieser Pensionskassen sehen sich mit steigenden Rentenauszahlungen bei gleichzeitig sinkenden Beitragseinnahmen konfrontiert. In Großbritannien ist dieser Prozess bereits weit fortgeschritten: Fast drei Viertel aller britischen Defined-Benefit-Pensionsfonds haben zurzeit negative Cashflows. Ein Pensionsplan ist dann Cashflow-negativ, wenn die Renten-Leistungen die laufenden Beitragseinnahmen übersteigen oder – vereinfacht gesagt – wenn sich ein Bestand im Auszahlungsmodus befindet.
Mit steigendem Reifegrad trifft das auch auf etliche deutsche Kassen zu. Bereits seit 2017 sinken auch hierzulande die Beitragszahlungen, sei es, weil es weniger Neuaufnahmen gibt, sei es, weil das Geschäft für Neuanwärter gänzlich geschlossen wurde, um den Bestand abzuwickeln. Experten gehen davon aus, dass die Auszahlungen über alle deutschen Pensionskassen hinweg bereits ab 2025 die Beiträge übersteigen werden und somit ein Großteil dieser Kassen in die Entsparphase übergeht.
Das hat erhebliche Konsequenzen für die Anforderungen an ihre Kapitalanlagen, die durch das aktuelle Marktumfeld noch verstärkt werden. Zu nennen sind hier etwa die nachlassende Liquidität der Credit-Märkte und die steigenden Transaktionskosten.
Timing von Erträgen wird wesentlicher Faktor
In Zeiten hoher Beitragseinnahmen und zunächst allenfalls geringer Auszahlungen ging es zuallererst darum, diesen positiven Cashflow einzusetzen, um einen bestimmten Ziel-Ausfinanzierungsgrad zu erreichen und zu erhalten. Entsprechend dem langen Zeithorizont und einer daraus resultierenden Risikotragfähigkeit lag der Fokus in der Aufbauphase auf erzielbaren Investmenterträgen und einem Zuwachs des Vermögens.
Mit Erreichen des angestrebten Ausfinanzierungsgrads ging es dann für immer mehr Pensionskassen in einem zweiten Schritt darum, ihr vorrangiges Ziel von der Renditemaximierung auf die Sicherung ihrer Vermögenswerte zu verlagern und mittels des sogenannten Liability Driven Investing (LDI) an ihren langfristigen Verbindlichkeiten zu orientieren und dabei unrentable Marktänderungsrisiken bei Inflation und Zinsen derivativ abzusichern.
In der Auszahlphase mit ihren negativen Cashflows sind allerdings auch LDI-Ansätze nur bedingt geeignet. Denn naturgemäß gewinnt in dieser Phase das Timing von Erträgen entscheidend an Bedeutung. Sie müssen der Pensionseinrichtung möglichst genau immer dann zur Verfügung stehen, wenn sie Rentenzahlungen zu leisten hat. Denn nur so lassen sich sogenannte Forced-Selling-Risiken – also Zwangsverkaufsrisiken – vermeiden. Hiermit ist gemeint, dass eine Pensionseinrichtung dazu gezwungen sein könnte, Teile ihrer Kapitalanlage zu einem ungünstigen Zeitpunkt veräußern zu müssen, beispielsweise nach einem Kurseinbruch, um Rentenzahlungen bedienen zu können.
Dabei bedeutet ein erzwungener Verkauf zu einem ungünstigen Zeitpunkt nicht nur die unmittelbare Realisierung von Verlusten; das hierdurch sowie durch die Auszahlungsverpflichtungen verringerte Kapitalanlagevolumen erschwert gleichzeitig, die erlittenen Verluste in der Folge durch eine Markterholung mit überdurchschnittlichen Erträgen wieder auszugleichen.
Um diese Risiken zu adressieren, etabliert sich zunehmend ein alternativer Ansatz: Vor allem in Großbritannien nutzen bereits zahlreiche Pensionsfonds sogenannte Cashflow-Driven-Investmentlösungen (CDI), um das Risiko von Zwangsverkäufen zu verringern sowie ihre Cashflows und Auszahlungsverpflichtungen zu planen. Kern von CDI-Strategien, die auch in Deutschland immer stärker in den Fokus rücken, ist die bereits angedeutete Abstimmung der Einkommensströme aus der Kapitalanlage auf die Zahlungsverbindlichkeiten.
Buy-and-Maintain für hohe Planbarkeit ohne Veräußerungszwang
Um das Ziel einer möglichst genauen Abdeckung der Verpflichtungen durch Kapitalerträge zu erreichen, eignen sich grundsätzlich Investments in eine ganze Reihe von Vermögenswerten. Voraussetzung ist, dass diese gut planbare, vertraglich garantierte Cashflows liefern.
Als Anlageklasse erfüllen insbesondere Unternehmensanleihen (oder „Kredite“) alle Voraussetzungen für eine zuverlässige Strategie zur Generierung von Cashflows. Sie bieten ein vorhersehbares Cashflow-Profil ohne variable Zahlungen, verbunden mit einem Durationsrisiko und einem Aufschlag gegenüber Staatsanleihen. Dies und ihre relativ hohe Liquidität und Flexibilität sind gute Argumente für Pensionspläne, Unternehmensanleihen als Hauptbestandteil ihrer Cashflow-Strategie zu betrachten.
Mit Krediten als Eckpfeiler können CDI-Lösungen dann durch andere Satellitenelemente wie Sachwerte ergänzt werden. Immobilien können ebenso wie Infrastrukturinvestments bei der Verwaltung von Verbindlichkeiten und Cashflows helfen, obwohl sie aufgrund ihrer Illiquidität nur für sehr langfristige Cashflows geeignet sind.
Entscheidend ist, die Rolle von Kreditinvestments neu zu definieren. Früher bestand ein typisches Anlageziel für eine Kreditallokation darin, eine Benchmark aktiv zu schlagen oder einen bestimmten Index passiv nachzubilden – beides sind Strategien, die sich ausschließlich auf Anlagerenditen und das Schließen von Defiziten konzentrieren. Heute sollten kapitalgedeckte Einrichtungen einen benchmarkunabhängigen Ansatz verfolgen und sich stattdessen auf die Sicherung der vorhandenen Vermögenswerte und die Zahlung der fälligen Renten konzentrieren. Dieses neue Ziel erfordert einen anderen Investitionsansatz.
Am zuverlässigsten lässt es sich mit einer „Buy and Maintain“-Strategie erreichen: Indem sie Qualitätsanleihen bis zur Fälligkeit hält und sicherstellt, dass sich die Cashflows – also Zinszahlungen und Rückzahlung zur Fälligkeit – wie erwartet entwickeln, muss die Pensionseinrichtung keine Vermögenswerte veräußern, um die Leistungen zu erbringen. Ein Buy-and-Maintain-Ansatz schaltet so nicht nur kurzfristige Kursrisiken aus, er kann auch die Transaktionskosten drastisch senken und gleichzeitig verhindern, dass das Versorgungswerk bei einem Ausverkauf am Markt zum Verkauf gezwungen wird.
Voraussetzung für den Erfolg ist eine umfassende Analyse von Kredit- und Ausfallrisiken. Das bedeutet, dass ein erheblicher Teil der Aufmerksamkeit dem Kredit-Research gewidmet werden muss, wobei die Analysten die Fundamentaldaten jedes einzelnen Unternehmens, in das der Manager investiert, eingehend prüfen müssen. Zusätzliche finanzielle Überlegungen wie Umwelt-, Sozial- und Governance-Kriterien (ESG) sollten in die Analyse einbezogen werden. Ein Unternehmen muss nachweisen, dass es über ein nachhaltiges Modell verfügt, das auch unter veränderten wirtschaftlichen und regulatorischen Bedingungen gedeihen kann.
Auf diese Weise bietet Buy and Maintain Credit den Anlegern den Vorteil einer langfristigen fundamentalen Kreditanalyse, die bei einem typischen passiven, indexorientierten Ansatz fehlt. Während sich klassische Fixed-Income-Strategien eher auf kurzfristige Bewertungen konzentrieren, befasst sich ein Buy-and-Maintain-Ansatz eingehender mit dem künftigen Potenzial des Unternehmens, über Jahrzehnte hinweg Erträge zu erwirtschaften.