Peronisten-Sieg verunsichert Märkte
Die Rückkehr der Peronisten an die Macht in Argentinien hat die Finanzmärkte verunsichert. Allerdings fielen die Reaktionen milder aus, als zuvor erwartet worden war. So stieg der Peso sogar leicht an. Jedoch ist die Unwägbarkeit in der 45-tägigen Übergangsphase sehr hoch, weil der Wahlsieger bislang gemischte Signale aussendet.af Buenos Aires – Der Wahlsieg der Peronisten über den Amtsinhaber Mauricio Macri hat die argentinischen Finanzmärkte weniger stark unter Druck gesetzt als erwartet. So konnte Macri, der bei den Vorwahlen im August noch 17 Prozentpunkte hinter dem peronistischen Kandidaten Alberto Fernández gelegen hatte, den Rückstand auf weniger als 8 Punkte verkürzen. Macri erreichte knapp 40,4 %, während Fernández 48,1 % erreichte. Im Rahmen dieser Aufholjagd konnte Macri in den ökonomisch starken Zentralprovinzen, Entre Rios, Santa Fé, San Luis und Mendoza gewinnen. Im Hauptstadtdistrikt erreichte seine Koalition “Juntos por el cambio” mit 55 % sogar die absolute Mehrheit und in der Kirchner-kritischen Provinz Córdoba kam Macri trotz der massiven wirtschaftlichen Probleme auf über 60 %. Diese Resultate trugen Macris Koalition Zugewinne in der Abgeordnetenkammer ein, wo Fernández keine eigene Mehrheit haben wird. “Es ist kein durchschlagender Sieg für Alberto Fernández. Die nächste peronistische Regierung wird sehr konditioniert sein”, sagte der Ökonom Ariel Coremberg von der Universität Buenos Aires.Noch am Wahlabend gratulierte Macri dem Wahlsieger und empfing Fernández am Montagmorgen im Präsidentenpalast, um den schwierigen Übergang zu besprechen. Das Treffen, das anderthalb Stunden dauerte, sei in ausgezeichneter Atmosphäre verlaufen, gaben beide Seiten danach bekannt. Vor vier Jahren hatte Cristina Kirchner jegliche Kooperation bei der Übergabe verweigert. An den Finanzmärkten ist bekannt, dass Macri und Fernández eine tiefe persönliche Animosität trennt. Dass beide nun deutlichen Willen bekunden, im allgemeinen Interesse ihren persönlichen Konflikt hintanzustellen, wirkte ermutigend.Zudem ergriff die Zentralbank noch am Sonntagabend eine drastische Maßnahme. Nachdem Privatpersonen seit dem 12. August mehr als 6 Mrd. Dollar gekauft und die Devisenreserven um 22,8 Mrd. Dollar abgeschmolzen waren, verbot die Notenbank praktisch den Kauf von Dollar. Privatpersonen dürfen bis Dezember nur noch maximal 200 Dollar pro Monat kaufen. Diese Maßnahme soll möglichst viel von den 43,5 Mrd. Dollar Reserven retten, davon sind jedoch nur noch etwa 11 Mrd. Dollar flüssig. Nach der Blockade stiegen die Kurse der parallelen Wechselkurse deutlich an. Sollte die totale Beschränkung länger gelten als bis Dezember, ist damit zu rechnen, dass sich viele Preise – wie zuvor unter der Regierung Kirchner – am Parallelwert orientieren. Das triebe die Inflation.Allerdings rechnen die meisten Marktbeobachter mit erheblicher Volatilität – in der Übergangsphase bis zum 10. Dezember und auch danach. Denn Alberto Fernández, dessen Koalition aus vielen unterschiedlichen Strömungen besteht, hat sich bislang in vielen wichtigen Fragen nicht festlegen wollen. Vor allem will er nicht verraten, wer als Finanzminister künftig mit den Gläubigern eine Umschuldung auszuhandeln versuchen soll. Die Aussichten auf ein Gelingen dieses Unterfangens sind gering (siehe unten stehender Artikel). Für die Verhandlungen mit dem Macri-Team hat er drei enge Berater – einer von ihnen ein orthodoxer Ökonom – benannt, aber deutlich gemacht, dass diese Personalien nur für die nächste 45 Tagen gültig seien.Die größte Unklarheit wird der künftige Umgang mit den Gläubigern sein. Diese Verhandlungen müssen im Einklang mit dem Internationalen Währungsfonds laufen, der im Vorjahr einen Rekordkredit von 57 Mrd. Dollar zusagte und davon bereits 45 Mrd. Dollar überwiesen hat. Nun muss die neue Regierung mit den neuen Verantwortlichen in Washington die Zukunft dieses Vertrags aushandeln. Sicher ist, dass sie 2021 nicht wie geplant mit der Rückzahlung des Darlehens wird beginnen können. Ohne Dialog mit dem Fonds wird Fernández sehr wenig Handlungsspielraum haben. Aber der Weg zum IWF führt auch über das Weiße Haus. Fernández wird seinen linken Anhang, der am Sonntag ausgelassen feierte, schon bald schwer enttäuschen müssen.