Rekordvolatilitäten bei Aktien und Währung
Volatilitätscheck
Rekordvolatilitäten bei Aktien und Währung
Von Thomas Altmann *)
Der 5. August 2024 ist in Japan als Schwarzer Montag in die Geschichtsbücher eingegangen. 12,23% hat der Topix Aktienindex an diesem Handelstag verloren. Das ist gleichbedeutend mit dem größten Tagesverlust seit dem 87er Crash und dem zweitgrößten Tagesverlust in der bis ins Jahr 1949 zurückreichenden Datenhistorie.
Gleichzeitig ist der Volatilitätsindex des Nikkei 225 im Handelsverlauf auf mehr als 85 angestiegen – seinen höchsten Wert seit der Finanzkrise. Selbst während der Covid-Krise und der Dreifach-Katastrophe von Fukushima wurde dieser Wert nicht erreicht.
Der Yen als Schlüssel
Wer nach den Ursachen dieses Crashes sucht, kommt am Yen nicht vorbei. Lange Zeit kannte die japanische Währung nur eine Richtung: nach unten. Während die Bank of Japan an ihrer Negativzinspolitik festgehalten hat, haben EZB und Fed zur Inflationsbekämpfung eifrig an der Zinsschraube gedreht. Das hat den Yen relativ zum Euro auf den tiefsten Stand seit der Euro-Einführung absacken lassen, relativ zum US-Dollar sogar auf den niedrigsten Wert seit 1986.
Die unterschiedliche Notenbankpolitik hat beispielsweise die Zinsdifferenz zwischen der Eurozone und Japan auf einen Rekordwert seit der Einführung des Euro ansteigen lassen. Um von dieser Zinsdifferenz zu profitieren, ist eine immer größere Zahl an Anlegerinnen und Anlegern Carry Trades eingegangen. Dazu wird ein Kredit in Yen eingegangen, anschließend wird das Barvermögen in Euro (oder Dollar) angelegt. Die kontinuierliche Abwertung des Yen hat die Darlehensrückzahlung verbilligt und damit die Gesamtrendite des Carry Trades weit über die reine Zinsdifferenz gehoben. Noch im Juli lag dieser Euro/Yen-Carry-Trade seit Jahresbeginn 15% im Plus.
Schwache US-Wirtschaft
Die Bank of Japan hat im März und Juli dieses Jahres ihren Leitzins in zwei Schritten auf +0,35% angehoben. Der erste Zinsschritt hat den Yen kaum gestärkt, der zweite schon etwas mehr.
Das Schwergewicht unter den Notenbanken ist aber die Fed. Die hat in diesem Jahr zwar noch nicht gehandelt. Aber die Erwartungen an die US-Notenbank haben sich zuletzt im Rekordtempo verändert. Und das liegt an schwachen Arbeitsmarktdaten und einem ISM-Einkaufsmanagerindex, der seit vier Monaten unter der Expansionsschwelle von 50 notiert. Noch im Juli haben die Anlegerinnen und Anleger mehrheitlich mit zwei US-Zinssenkungen in den verbleibenden Monaten dieses Jahres gerechnet. Jetzt liegt diese Erwartung bei mindestens vier Zinsschritten.
Das Ergebnis wäre eine völlig neue Notenbankwelt mit steigenden Zinsen in Japan und sinkenden Zinsen in den USA. Dieses Umfeld würde den Dollar schwächen und zugleich den Yen stärken. Exakt das wurde jetzt panikartig eingepreist. Mit dem Ergebnis, dass zahlreiche Carry Trades geschlossen wurden.
Ob diese aufgrund von Margin Calls, erreichten Stopp-Schwellen oder geänderten Markterwartungen beendet wurden, ist dabei zweitrangig. Der freie Fall des Yen hat den Euro/Yen-Cary-Trade jedenfalls in nur drei Wochen um 10% abstürzen lassen.
Nervosität ist riesig
Wie es jetzt weitergeht, lässt sich schwer prognostizieren. Die Nervosität unter den Anlegerinnen und Anlegern ist jedenfalls riesig. Das sehen wir an den impliziten Volatilitäten am Devisenmarkt: Die implizite Ein-Monats-Volatilität des Währungspaares Yen/US-Dollar ist aktuell 2,6-mal so hoch wie die des Währungspaares Euro/US-Dollar. Auch das ist ein neuer Rekord.
Wie so oft sind alle Augen auf die Fed gerichtet. Drückt die Fed das Gaspedal bei ihren ersten Zinssenkungen nicht ganz so stark durch wie aktuell erwartet, würde sie den US-Dollar stärken und den Yen schwächen. Zusätzlich würde sie sicherlich Volatilität aus dem Devisenmarkt nehmen. Und auch die Topix-Anlegerinnen und Anleger hätten sicherlich nichts gegen eine erneut sinkende japanische Währung.
Unser Gastautor Thomas Altmann ist Leiter des Portfolio-Managements bei QC Partners.
*) Thomas Altmann ist Leiter des Portfolio-Managements bei QC Partners.