Energien

Renewables bieten Chancen in der Stagflation

Der Übergang zu Netto-null-Emissionen erfordert erhebliche Investitionen. Das bietet für Investoren Potenzial, denn erneuerbare Energien können sich als widerstandsfähiger gegen Stagflation erweisen.

Renewables bieten Chancen in der Stagflation

Der Übergang zu Netto-null-Emissionen erfordert weltweit erhebliche Investitionen in erneuerbare Energien. Das bietet für Investoren Potenzial, denn Anlagen in erneuerbare Energien können sich bei hoher Teuerungsrate und niedrigerem Wachstum als widerstandsfähig gegenüber traditionelleren Assets erweisen.

Investments in erneuerbare Energien punkten mit einigen Vorteilen. Viele der wichtigsten Betriebskosten belaufen sich auf null – Sonne und Wind kosten nichts. Ausgaben für Instandhaltung und Pacht stellen einen kleinen Prozentsatz der Einnahmen dar und sind meist vorhersehbar. Infolgedessen sind die Cashflows berechenbar und relativ unempfindlich gegenüber dem Konjunkturzyklus. Beides kann sich bei einem wirtschaftlichen Abschwung als wertvoll erweisen.

Der Inflationsschutz hängt maßgeblich vom Umsatzmodell ab, er kann zwischen explizitem und implizitem Schutz unterschieden werden. Historisch wurden viele gängige Subventionsmodelle in Europa vertraglich explizit an die Inflation gebunden, so zum Beispiel in Großbritannien, Frankreich, oder Irland. Auch ohne staatliche Unterstützung können Wind- oder Solarparks langfristige Verträge mit kreditwürdigen Vertragspartnern eingehen. Diese Verträge ermöglichen es den Erzeugern, ihren Strom für zehn bis 15 Jahre zu einem garantierten, teils inflationsgebundenen Preis zu verkaufen. Nach diesem Zeitraum wird der Strom auf dem freien Markt verkauft, abhängig von zukünftigen Strompreisen. Aufgrund der Kopplung der Energiepreise an die Inflation bleibt ein impliziter Zusammenhang bestehen – dieser Zusammenhang wurde 2022 sehr deutlich, Energiepreise waren Haupttreiber der Inflation, nicht nur in der Eurozone.

Einige Umsatzmodelle beinhalten folglich ein Aufwärtspotenzial, bei dem Vermögenswerte von einem inflationären Umfeld profitieren. Gleichwohl sind bestehende Verträge mit Festpreisregelungen ohne Inflationsschutz dann weniger attraktiv; vergleichbar mit einer Anleihe. Bei nicht inflationsgebundenen Verträgen fließt dieses Risiko jedoch ein Stück weit in die Preisgestaltung sowie auch in die Vertragsdauer mit ein.

Wie sind nun also die Ertragsaussichten? Grundsätzlich werden die zu erwartenden tatsächlichen Erträge von vielen Faktoren bestimmt – unter anderem dem aktuellen Zinsniveau, dem Regulierungssystem sowie dem Ausmaß der Inflationskopplung.

Die Unsicherheit in Bezug auf den Ertrag ist vom Umsatzmodell abhängig (siehe Abbildung). Mehr vertraglich fixierte Einnahmen bedeuten ein niedrigeres, aber sichereres Ertragsprofil. Mehr Einnahmen vom börslichen Handel bedeuten ein höheres, aber variableres Ertragsprofil.

Als Faustregel gilt: Reale Erträge aus Vermögenswerten mit vollständig fixierten Lieferverträgen können einen komfortablen Spread gegenüber den entsprechenden lokalen Staatsanleihen bieten. Dagegen sind die Erträge beim vollständigen Verkauf an der Strombörse wesentlich höher und liegen in Europa bei hohen einstelligen Renditen.

Beim DCF-Bewertungsmodell steigern höhere Anleiherenditen den Diskontsatz und senken seine Bewertung. Je länger die Duration des Vermögenswerts ist, desto größer ist der Bewertungsschock durch einen Anstieg der Renditen von Staatsanleihen. Dies könnte zu dem Schluss führen, dass die Bewertungen der erneuerbaren Energien in einem stagflationären Umfeld – in dem die Inflation die Anleiherenditen in die Höhe treibt – anfällig sind. Dem stehen zwei wichtige Faktoren gegenüber:

Zunächst gleichen bei höherer Inflation gestiegene Cashflows auf Assetebene inflationsbedingte Änderungen des Diskontsatzes teilweise aus. Zweitens beinhalten die Diskontierungssätze für erneuerbare Energien einen erheblichen Spread gegenüber den Renditen von Staatsanleihen. Je höher die Rendite einer Anleihe ist, desto kürzer ist ihre Duration ceteris paribus – was ihre Empfindlichkeit gegenüber Bewegungen der Renditen von Staatsanleihen verringert.

Erneuerbare Anlagen werden zudem oft für den über ihre Lebensdauer erwirtschafteten Cashflow gehalten. Während sich die Inflation auf die Höhe der Cashflows auswirkt, wirken sich Änderungen der Abzinsungssätze aufgrund von Renditeänderungen nur auf die Bewertung der Cashflows aus und nicht auf die Erwartungen an die Entwicklung des Vermögenswerts. Vor diesem Hintergrund hat im Falle eines Buy-and-Hold-Ansatzes die kurzfristige Volatilität der Bewertungen weniger Einfluss auf die langfristigen Renditen der Anleger.

Der Übergang zu einer kohlenstoffarmen Zukunft erfordert weltweit erhebliche Investitionen in Kapazitäten für erneuerbare Energien. Es sollte daher nicht überraschen, dass die ihnen zugrunde liegenden Preisstrukturen auf Anreize für Investitionsschaffung ausgerichtet sind. Langfristige, inflationsgebundene, belastbare und sichere Cashflows erfüllen die Kriterien vieler Anleger.