Aktien

Rücksetzer im Dax als Chance

Anleger dürften Rücksetzer im Markt auf kurzfristige Kaufsignale beobachten. Dies gilt, solange der Deutsche Aktienindex nicht mehr unter rund 13.800 Punkte zurückfällt.

Rücksetzer im Dax als Chance

Von Stefan Salomon*)

„Als Fazit darf festgehalten werden, dass Anleger Rücksetzer im Markt auf kurzfristige Kaufsignale beobachten dürfen (…)“ – so die jüngste Aussage an dieser Stelle in der Börsen-Zeitung am 30. November 2022. Chartanalyse ist allerdings keine Kristallkugel oder gar „Kaffeesatzleserei“. Chartanalyse versucht anhand vergangener Kursmuster, die wiederum Verhaltensmuster der Masse der Marktteilnehmer darstellen, und deren bekannten wahrscheinlichsten Folgen in Verbindung mit der Trendanalyse, dem Herdenverhalten der Börsianer, entsprechende Szenarien zu entwickeln, die sich als die wahrscheinlichste Alternative feststellen lassen.

Die klassische Chartanalyse, die hierbei nicht auf esoterischen Methoden oder gar „Naturgesetzen“ beruht, sondern einfach das massenpsychologische Verhalten der Masse der Anleger mittels Bleistift und Lineal untersucht, kann dabei für den Anleger, den Fondsmanager oder den Vermögensverwalter sowohl kurzfristige Handlungsempfehlungen unter Timing-Aspekten als auch Szenarien für langfristige Anlageentscheidungen anbieten.

Bärenfalle

So war für den Deutschen Aktienindex schon im November 2022 ersichtlich, dass die vorherige starke Abwärtsbewegung mit einer klassischen Bärenfalle, einem Fehlsignal der Chartanalyse, unter einem langfristigen Aufwärtstrend beendet wurde. Ausgehend von einem Rebreak in diesen langfristigen Aufwärtstrend bestand und besteht auch weiterhin die Chance, dass sich der Deutsche Aktienindex im „Best-Case-Szenario“ in Richtung 18000 Punkte aufmacht. Demzufolge – auch unter Ableitung vorheriger kurzfristiger Richtungssignale und niedrigerer Kursziele – konnte die kurzfristige Handlungsanweisung „Rücksetzer auffangen“ publiziert werden.

Relevanter Widerstand

Grundsätzlich hat sich an dieser Einschätzung und der langfristig bullishen Sichtweise keine Änderung ergeben. Der Deutsche Aktienindex steht nun jedoch an einem relevanten Widerstandsniveau. In Verbindung mit der Erwartung der kommenden Notenbankentscheidungen sowie der laufenden Berichtssaison wäre es ein recht normales Marktverhalten, dass sich die Anleger kurzfristig im Tagesgeschäft zurückhalten. Das positive Szenario ergibt sich aus der Trendanalyse sowie den übergeordneten Zeitebenen der Candlesticks. Nicht nur die Tatsache einer Bärenfalle im September mit dynamischem Rebreak in den seit dem Jahr 2013 laufenden Aufwärtstrendkanal mit einer sehr langen weißen Monatskerze ist positiv, sondern auch die weitere Entwicklung mit zwei langen weißen Monatskerzen im November 2022 sowie Januar 2023. Dabei wurde der Rücksetzer im Dezember 2022 wie im Lehrbuch der Chartanalyse im Bereich der Mitte der Novemberkerze aufgefangen – dies gilt als eine Bestätigung für die bullishe Grundstimmung.

Insofern wären nun bei neuen Tops die Hochpunkte aus dem Jahr 2021 das erste Ziel – sowie ein weiteres Ziel der Bereich um 18000 Punkte. Rücksetzer hingegen treffen bei rund 13800 Punkten auf nachhaltige Unterstützung – eine erste Unterstützungszone kann zudem im Bereich der Mitte der aktuellen Januar-Kerze bei circa 14500/14400 Punkten angenommen werden. Hier wäre aus mittel- bis langfristiger Perspektive jeweils auf Kaufsignale zu achten.

„Stütze des Marktes“

Lange weiße Kerzen gelten in der japanischen Chartmethodik, den Candlesticks, als „Stützen des Marktes“. Als einfache Handlungsempfehlung kann so abgeleitet werden, dass unter kurz- bis mittelfristigen Aspekten Rücksetzer innerhalb von langen weißen Kerzen im Aufwärtstrend auf Kaufsignale geachtet werden sollten. Im Umkehrschluss ergibt sich jedoch auch, dass ein Fall der Kurse unter ein Tief einer langen weißen Kerze die „Stütze des Marktes“ ins Wanken bringt – oder gar eine Trendwende darstellt.

Würde somit der Deutsche Aktienindex per Wochenschlusskurs oder gar per Monatsschlusskurs unter das bisherige Januartief bei 13992 Punkten fallen und zudem ein Fall unter das Tief vom Dezember bei 13791 Punkten generiert werden, ergäbe sich die Annahme, dass sich die Bullen aus dem Aktienmarkt zumindest kurz- bis mittelfristig verabschiedet haben.

In diesem Falle müsste eine Ausdehnung einer Korrektur oder eine Trendwende angenommen werden. Das Ziel wäre hierbei das Tief der Novemberkerze und somit auch das Niveau der langfristigen Aufwärtstrendlinie. Zu beachten ist dabei, dass ein solches negatives Szenario aufgrund des gegenwärtigen Chartbildes zwar unwahrscheinlicher ist als das positive Szenario, doch ein wiederholter Test der langfristigen Aufwärtstrendlinie sodann eine fulminante Schwäche der Bullen aufzeigen würde – verbunden mit dem Risiko, die Trendlinie zu durchbrechen.

Lauern auf Kaufsignale

Als Fazit darf jedoch wiederholt festgehalten werden, dass Anleger Rücksetzer im Markt auf kurzfristige Kaufsignale beobachten dürfen. Dies gilt, solange der deutsche Standardwerteindex nicht mehr unter rund 13800 Punkte zurückfällt.

*) Stefan Salomon ist freiberuflicher Chartanalyst www.candlestick.de.

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