ETCs auf Öl und Gas

Satte Gewinne binnen Jahresfrist

Seit dem Einmarsch russischer Truppen in die Ukraine haben ETCs auf Öl und Gas massiv zugelegt. Anleger sollten die hohe Volatilität dieser Produktklasse beachten.

Satte Gewinne binnen Jahresfrist

Von Werner Rüppel, Frankfurt

Seit dem 24. Februar ist die Welt an den Märkten für Öl und Gas eine andere. Denn mit den Einmarsch russischer Truppen in die Ukraine hat Russland nicht nur einen Krieg in Europa vom Zaun gebrochen, der immer noch andauert und der sehr viel menschliches Leid mit sich bringt. Auch die Energiemärkte sind aus ihren Bahnen geraten. Schließlich ist Russland ein wichtiger Lieferant von Öl und Erdgas. Wobei Europa und Deutschland in den vergangenen Jahren vor allem Erdgas via Pipeline aus Russland bezogen haben.

Der Krieg verändert nun alles. Zum einen beansprucht er natürlich sehr viel Energie, vor allem Benzin. Doch haben vor allem die Bestrebungen der westlichen Industrieländer, in absehbarer Zeit kein Öl und Gas mehr aus Russland zu beziehen, mit zu dem kräftigen Preissprüngen dieser Energierohstoffe beigetragen. Hinzu kommt die Befürchtung, dass Russland den westlichen Industrieländern, die nicht Krieg führen, aber die angegriffene Ukraine unterstützen, den Gashahn oder den Ölhahn zudrehen könnte.

In Deutschland ist der Benzinpreis deutlich nach oben geschossen. Denn Öl der Nordseesorte Brent, dessen Preis Ende 2020 noch bei 51 Dollar je Barrel und Ende 2021 bei 79 Dollar gelegen hatte, ist massiv teurer geworden und notierte am 23. Mai bei 114 Dollar je Barrel. Auch die Erdgas-Notierungen haben massiv angezogen, und Verbraucher müssen zum Teil das Mehrfache des bisherigen Preises bezahlen. Übrigens wird im Moment jegliche Form von Energie teurer. Auch die Preise für Holz und Strom legen kräftig zu.

Verdoppelter Wert

Am Kapitalmarkt sind Öl und Gas über Exchange-Traded Commodities (ETCs) handelbar, wobei viele Produkte auf Xetra gelistet sind. Die Energievehikel haben zuletzt deutlich zugelegt: Produkte auf Öl haben ihren Wert binnen Jahresfrist in etwa verdoppelt, während Produkte auf Erdgas ihren Wert binnen eines Jahres in etwa verdreifacht haben.

Bei Anlagen in Energie-ETCs müssen Investoren aber mehrere Fallstricke beachten. Vor allem weisen diese Produkte zum einen starke Kursschwankungen auf. Zum anderen werden diese Produkte mit unbegrenzter Laufzeit über Futures dargestellt. Da Futures aber nur eine begrenzte Laufzeit haben, müssen sie weitergerollt werden. Dies kann je nach Struktur der Terminkurve zu Rollverlusten, aber auch zu Rollgewinnen führen. Da es häufiger zu Rollverlusten kommt, wurden rolloptimierte Produkte entwickelt. Dazu zählen die von Börsenaltmeister Jim Rogers entwickelten RICI-Indizes, auf deren Grundlage die BNP Paribas ETCs aufgelegt hat. Hinzu kommen noch Währungseffekte, die aber bei einem festen Dollar für den Euro-Anleger eher vorteilhaft sind.

Besser als Gazprom

Manch ein Anleger wird nun fragen: Warum nicht in Aktien von Firmen investieren, die Öl oder Gas fördern? Der Vorteil von direkten Rohstoffinvestments ist, dass man dabei keine Bilanzen und Firmen analysieren muss. Und es gibt auch nicht das Problem, dass bestimmte Firmen in problematischen Ländern angesiedelt sind. Wer zum Beispiel in Gazprom investiert hat, wäre jetzt froh, stattdessen einen Öl- oder Gas-ETC erworben zu haben. Auf der anderen Seite sind norwegische, kanadische oder nordamerikanische Öl- und Gasfirmen durchaus Investitionsmöglichkeiten. Aber auch diese Firmen müssen Investoren genau betrachten – oder einen entsprechenden breit gestreuten Aktien-ETF erwerben. Da erscheint ein direktes Rohstoffinvestment insgesamt vielleicht doch als einfachere Lösung.

Konjunkturaussicht als Risiko

Hier bleibt dann nur noch die Frage zu klären, wie sich die Energiepreise weiter entwickeln werden. Und diese Frage ist natürlich eine extrem schwierige. Insgesamt sieht es aufgrund der aktuellen politischen Situation mit dem anhaltenden Krieg in der Ukraine und der Isolierung Russlands so aus, als dürften die Energiepreise weiter steigen. Dies gilt insbesondere für Öl – schließlich dürfte auch das Ölkartell Opec kein Interesse an einer deutlichen Ausweitung seiner Förderung haben. Auf der anderen Seite könnte eine massive Abschwächung der Weltkonjunktur einen weiteren kräftigen Anstieg des Ölpreises abbremsen.

Bei Gas scheint die Situation zwar kurzfristig sehr angespannt zu sein, doch über mehrere Jahre könnten die politischen Bemühungen um Unabhängigkeit von russischem Erdgas für Entspannung sorgen. Schließlich formulieren westliche Regierungen ambitionierte Ziele für die Versorgung aus anderen Energiequellen. Insbesondere der Ausbau der Erneuerbaren steht im Fokus, wobei dies bei dem weltweit steigenden Energiebedarf aber dauern kann.

Alles in allem sind Energie-ETCs zwar chancenreich, aber sehr riskante Investments. Anders sieht das in einem Portfoliozusammenhang aus. Hier können diese Produkte dazu beitragen, dass ein Portfolio ein wenig gegen die Folgen stark steigender Energiepreise geschützt ist.

Ausgewählte Öl-, Gas- und Energie-ETCs
NameISIN AuM(Mill. Euro)Performance (%) p.a. Vola (%) Lfd. Kosten (%) p.a.
1 Jahr3 Jahre5 Jahre10 Jahre
ICE Brent Öl (BNP Paribas)DE000PS701L238,0118,114,617,345,40,90
RICI Enhanced Brent Öl (TR) ETC (BNP Paribas)DE000PB6R1B115,095,613,115,033,11,00
Wisdom Tree Brent Crude Oil (EUR) DE000A1N49P6235,0119,622,121,444,00,49
RICI Enhanced Erdgas (TR) ETC (BNP Paribas)DE000PB6R1G00,7228,738,318,833,51,00
Wisdom Tree Natural GasGB00B15KY104118,0192,06,4−2,4−10,257,10,49
Widom Tree EnergyGB00B15KYB02146,2143,615,712,3−2,638,40,49
AuM = Assets under Management; p.a. = per annum; Lfd. Kst. = Laufende KostenQuelle: Emittenten, Morningstar, Stand: 17.5.2022Börsen-Zeitung
BZ+
Jetzt weiterlesen mit BZ+
4 Wochen für nur 1 € testen
Zugang zu allen Premium-Artikeln
Flexible Laufzeit, monatlich kündbar.