Schlechte Stimmung für Immobilienaktien

Analysten für den Sektor zunehmend skeptisch

Schlechte Stimmung für Immobilienaktien

Von Ulli Gericke, BerlinDie anhaltende Flucht von Anlegern in “Betongold” treibt die Immobilienpreise. Angesichts der lähmenden Schuldenkrise, niedrigster Zinsen bei Staatsanleihen und der immer hektischeren Suche nach vermeintlich sicheren Investments verteuerten sich Eigentumswohnungen allein im Juli im Bundesschnitt um 1,38 %. Entsprechend erreicht der Europace-Hauspreis-Index, der auf den Daten etwa eines Zehntels aller realisierten privaten Immobilienfinanzierungen hierzulande beruht, ein neues Allzeithoch.Umso überraschender, dass in diesem äußerst positiven Branchenumfeld die Stimmung unter den Analysten von Immobilienaktien in diesem Jahr einen neuen Tiefpunkt erreicht hat. Der Wert des Stimmungsindikators fiel auf Drei-Monats-Sicht von 0,3 im Frühjahr auf inzwischen nur noch 0,1 Punkte, bei Wohnimmobilienwerten sogar auf glatte 0,0 Zähler – womit sich jegliche Kursfantasie in Luft aufgelöst hätte. Noch deutlicher ist der Stimmungsumschwung auf Jahressicht, brach das Zitelmann-Immobilienaktien-Barometer seit Mai doch um einen halben Punkt ein auf überschaubare 0,2 Zähler, womit nur noch eine Minderheit der Experten steigende Kurse bei Wohnimmobilienaktien erwarten. “Höchststände erreicht””Nach der sehr guten Performance der letzten Monate sind begrenzte Gewinnmitnahmen speziell bei Wohnungsaktien nicht auszuschließen”, prognostiziert etwa Stephan Goronczy von der HSH Nordbank – die Aussichten blieben dank der robusten Verfassung des Immobilienmarktes gleichwohl günstig. Ähnlich urteilt Ulf van Lengerich, Analyst bei der Solventis Wertpapierhandelsbank: “Nach der Rally dürften Wohnimmobilienaktien ihre Höchststände erreicht haben. Bei Deutsche Wohnen, Gagfah und GSW rechnen wir kurzfristig mit Kursrückgängen von bis zu 15 %.” Bei gewerblichen Immobilienaktien dürfte wegen der Korrelation zum Bankensektor die Volatilität hoch bleiben.”Eher unwahrscheinlich” erscheint auch Kai Malte Klose von der Berenberg Bank ein weiterer Kursanstieg in dem Ausmaß der Vormonate. Dieser sei durchaus von fundamentalen und operativen Kennzahlen gedeckt gewesen. Gleichwohl hob er das Kursziel für Deutsche Wohnen nach deren Halbjahreszahlen von 13,60 auf 15 Euro, mit der Empfehlung “Buy” – unisono mit der Commerzbank, die ihr Ziel von 14 auf ebenfalls 15 Euro erhöhte, mit dem stabilen Votum “Buy”. Der Konzern habe einen starken Ausblick mit einer steigenden Dynamik bei den Mieteinnahmen gegeben, so Analyst Thomas Rothäusler. Flucht in SicherheitAbgesehen von dem Sonderfall Deutsche Wohnen, die stark von ihrer jüngsten Akquisition der Baubecon profitiert, zeigen sich die Marktexperten zunehmend skeptisch über die weitere Performance vor allem von börsennotierten Wohnungsvermietern. Hier würden sich die Aktienkurse dem fairen Wert nähern, meint Frank Neumann vom Bankhaus Lampe, der die Aufwärtsbewegung der vergangenen Wochen als Flucht der Anleger in sichere Anlagen wertet. Allerdings steige mit höheren Aktienkursen die Wahrscheinlichkeit von Kapitalerhöhungen. Eine gute Alternative sind aus seiner Sicht Bestandshalter für Gewerbeimmobilien, deren Aktienkurse sich bislang eher schleppend entwickelt hätten. “Hier schlummern noch günstige Investments mit hohen Abschlägen zum Net Asset Value und gutem Yield beim FFO, Funds from Operations.”—– Berichte zu Deutsche Wohnen- Seiten 8 und 10