Seven & i wehrt sich gegen Übernahme
Geld oder Brief
Seven & i wehrt sich gegen Übernahme
Von Martin Fritz, Tokio
Es gibt zwei spannende Gründe, Japans größte Einzelhandelsgruppe für einen Aktienkauf ins Auge zu fassen. Einerseits will der kanadische Minimarkt-Betreiber Couche-Tard (Hauptmarke: Circle K) sein japanisches Pendant Seven & i Holdings unbedingt kaufen. Andererseits strengen sich die Japaner an, durch eine Umstrukturierung der Gruppe die Übernahme abzuwenden. Beide Entwicklungen treiben den Aktienkurs potenziell hoch.
Kanadier geben nicht auf
Egal wie das Ringen ausgeht – der Kauf der Aktie bietet mehr Chancen als Risiken: Für eine Übernahme muss Couche-Tard ihr Angebot entweder ein zweites Mal erhöhen oder eine feindliche Tender-Offerte machen. Das obere Limit für das Gebot dürfte die eigene Marktkapitalisierung von aktuell 70 Mrd. Kanada-Dollar (47 Mrd. Euro) sein. Seven & i waren am Donnerstag in Tokio 5,9 Bill. Yen (36 Mrd. Euro) wert. Daraus ergibt sich ein Kurspotenzial von bis zu 30%, auch wenn das vorlaufende Kurs-Gewinn-Verhältnis schon bei 26 liegt. „Unser zweites Angebot liegt über 50% über dem Kurs vor unserem Vorstoß und ist von erheblichem Wert“, unterstrich Couche-Tard-Chef Alex Miller.
Jedoch gibt es zu bedenken, dass die japanische Seite gute Abwehrchancen hat. Die Dachgesellschaft ließ sich bereits als „Kernunternehmen“ einstufen, das für die nationale Sicherheit von wesentlicher Bedeutung ist. Daher müsste auch die Regierung in Tokio die kanadische Übernahme genehmigen. Die Zwickmühle ist nicht zu übersehen: Japan hat sich ausdrücklich für ausländische Investoren geöffnet. Die bisher größte Übernahme dieser Art abzulehnen, würde dieser Politik schaden.
Andererseits muss die Regierung spätere Folgen der Übernahme ins Kalkül ziehen. Der Schwerpunkt des Geschäfts von Couche-Tard und Seven & i liegt jeweils in Nordamerika. Womöglich könnten die Kanadier nach der Übernahme in Versuchung geraten, die Japan-Geschäfte abzustoßen, mit wenig vorhersehbarem Ausgang für das Inselland.
National wichtige Ladenkette
Immerhin handelt es sich bei Seven & i um den größten Betreiber von Minisupermärkten, auf Japanisch Konbini (Abkürzung von „convenience store“). Seine 21.000 7-Eleven-Filialen, die meisten davon im Franchise-Betrieb, sind vor allem in ländlichen Gebieten ein wichtiger Versorgungspunkt für die gealterte Bevölkerung, da sie neben Alltagswaren auch Bank- und Postdienste anbieten.
Die nationale Bedeutung der Konbini-Kette erklärt die offensichtlichen Zweifel an der Tokioter Börse, dass Couche-Tard zum Zug kommen wird. Ihr letztes Gebot von 18,19 Dollar je Aktie bewertet Seven & i mit immerhin 47,3 Mrd. Dollar (43,9 Mrd. Euro), der Aktienpreis lag am Donnerstag jedoch bei 2.266 Yen (14,91 Dollar), rund 18% unter dem Angebot.
Gewinnprognose reduziert
Allerdings drückte auch der Rückgang des Nettogewinns im ersten Geschäftshalbjahr um 35% auf 52 Mrd. (319 Mill. Euro) den Kurs. Für das im Februar endende Geschäftsjahr korrigierte Seven & i die Prognose für den Nettogewinn um 44% auf 163 Mrd. Yen (1 Mrd. Euro) nach unten. Dies wäre ein Rückgang von 27% gegenüber dem Vorjahr, während die alte Prognose von 293 Mrd. Yen einem Anstieg von 30% entsprach. Sollte Couche-Tard keinen Erfolg haben, dann dürfte der Kurs wohl nicht tief fallen. Die Dividendenrendite liegt bei knapp 1,8%.
Wer zuvor eingestiegen sein sollte, müsste sich dann relativ langfristig orientieren. Das Unternehmen strebt für das Geschäftsjahr 2030 eine Rendite auf das eingesetzte Kapital von 10% an, im vergangenen Jahr waren es nur 6,5%. Die Strategie dafür wurde kürzlich konkretisiert: Die Holding wird sich stärker auf das Kerngeschäft mit den 7-Eleven-Geschäften konzentrieren. Als Symbol dafür soll das Unternehmen ab Mai 2025 „7-Eleven Corporation“ heißen.
Die übrigen 31 Konzernfirmen werden in eine „York Holdings“ ausgelagert. Dazu gehören die Supermärkte und Kaufhäuser der Marken Ito-Yokado und York-Benimaru, die Restaurantkette Denny’s, der Schreibwarenhändler Loft und der Babyartikelhändler Akachan Honpo. Seven & i wird Partnerinvestoren auswählen, einige Anteile verkaufen und einen Börsengang erwägen. Schon im nächsten Geschäftsjahr soll diese York-Sparte ein Ebitda-Gewinnziel von 100 Mrd. Yen (613 Mill. Euro) erreichen. Dadurch soll der Konglomerats-Kursabschlag wegfallen.
Neue Japan-Sparte startet
Allerdings überzeugt die neue Portfoliostrategie insofern nicht, als dass Seven & i gerade in Japan eine neue Kette von Minisupermärkten namens „SIP“ aus der Taufe hebt. Diese Läden sind größer als die Konbini, führen mehr frische Lebensmittel und sprechen in städtischen Gebieten alleinstehende und ältere Käufer an. Im Februar öffnete das erste SIP-Testgeschäft. „Letztendlich wird Seven & i eine zweite Wachstumssparte in Japan schaffen“, meint der Analyst Michael Causton vom Berater JapanConsuming.
Doch für einen Erfolg braucht der Konzern wohl das Knowhow und die Logistik ihrer Supermärkte Ito-Yokado und York-Benimaru. „Wenn sie sich von diesen Märkten vollständig trennen, lässt sich die neue Strategie nicht umsetzen“, meinte der unabhängige Analyst Akihito Nakai. „Unabhängig von Kapitalbindungen müssen sie eine Kooperationsbeziehung aufrechterhalten.“ Couche-Tard hat unterdessen betont, dass man an allen Seven & i-Unternehmen interessiert ist, nicht nur an den 7-Eleven-Geschäften.