VOLATILITÄTS-CHECK - GASTBEITRAG

Sind Gold und Silber der sichere Hafen?

Börsen-Zeitung, 12.10.2019 Ein Rückblick in das Jahr 2018 wirkt wie eine Reise in eine andere, längst vergangene Welt. Die Fed setzte ihren bereits Ende 2015 begonnenen Zinserhöhungszyklus fort und drehte viermal an der Zinsschraube. Bei der EZB gab...

Sind Gold und Silber der sichere Hafen?

Ein Rückblick in das Jahr 2018 wirkt wie eine Reise in eine andere, längst vergangene Welt. Die Fed setzte ihren bereits Ende 2015 begonnenen Zinserhöhungszyklus fort und drehte viermal an der Zinsschraube.Bei der EZB gab es Hoffnungen, dass sich der Einlagesatz wieder in Richtung 0 % bewegen könnte. Zehnjährige US-Staatsanleihen rentierten mit bis zu 3,25 %. Selbst zehnjährige Bundesanleihen brachten zwischenzeitlich eine positive Rendite von 0,82 % ein. Anleihen waren wieder in Mode – als Anlageinstrument mit sicherer Rückzahlung des eingezahlten Kapitals und zusätzlichen Zinszahlungen.Gleichzeitig ging das Investoreninteresse an Edelmetallen, die komplizierter und teurer zu lagern sind und vor allem keine kontinuierlichen Erträge abwerfen, drastisch zurück. Der Goldpreis fiel in der zweiten Jahreshälfte 2018 auf 1 160 Dollar pro Feinunze und damit auf ein Zweijahrestief. Noch schlimmer traf es den Silberpreis, der mit 13,89 Dollar nur noch 25 Cent über seinem Neunjahrestief notierte.Dann kam 2019. Und die Notenbanken änderten ihren Kurs. Die Fed senkte ihren Leitzins bisher zweimal. Die EZB reduzierte ihren Einlagesatz noch weiter unter die Nulllinie und nahm ihr Anleihenkaufprogramm wieder auf. Die Rendite zehnjähriger US-Staatsanleihen ging um mehr als die Hälfte zurück. In Deutschland rentierten erstmals in der Geschichte alle Bundesanleihen, sogar 30-jährige Laufzeiten, negativ. Wieder in ModeAuf der Suche nach sicheren Häfen in politisch unsicheren Zeiten kommen die Edelmetalle wieder in Mode. Der ursprüngliche Nachteil der ausbleibenden laufenden Rendite ist kaum noch vorhanden. Im Vergleich mit negativ rentierenden Bundesanleihen sind Gold und Silber jetzt sogar im Vorteil. Folglich kletterte der Goldpreis jüngst bis auf 1 557 Dollar, ein Sechsjahreshoch. Der Silberpreis schaffte mit 19,65 Dollar zumindest ein Dreijahreshoch.Für alle Edelmetall-Käufer stellt sich jetzt die Frage, wie sicher der sichere Hafen denn ist. Wagen wir hier einen Blick auf die implizite Volatilität, also die erwartete Schwankung, der kommenden zwölf Monate. Interessant ist, dass diese implizite Volatilität des Gold- und Silberpreises seit Mai parallel zu den Edelmetallen ansteigt. Der Schwankungsindikator hat für beide Edelmetalle bereits ein 2 1/2-Jahres-Hoch erreicht, höhere Ausschläge erscheinen also programmiert. Stärkere SchwankungenAllerdings trifft der Schwankungsindikator keine Aussage darüber, ob diese zukünftigen Bewegungen nach oben oder unten gerichtet sein werden. Dass ein paralleler Anstieg von Edelmetallpreis und impliziter Volatilität gefährlich sein kann, zeigt das Jahr 2011, in dem der Goldpreis sein Allzeithoch von 1 900 Dollar pro Feinunze erreichte. Während dieses Anstiegs kletterte der Schwankungsindikator ebenfalls nach oben.Im unmittelbaren Anschluss brach der Goldpreis um 300 Dollar ein. Beim Silberpreis ist das Bild aus dem Jahr 2011 identisch, allerdings notierte dieser vor neun Jahren mit knapp 50 Dollar deutlich höher als aktuell.Die Geschichte muss sich nicht unbedingt wiederholen. Das Warnsignal aus einem Parallelanstieg von Preis und Volatilität sollten Investoren jedoch ernst nehmen. Vor allem dann, wenn sie mit Gold und Silber sichere Häfen suchen. Thomas Altmann, Leiter des Portfolio-Managements, QC Partners