Stochern im Nebel mit Smart Beta

Diskussionsrunde stellt unterschiedliche Begrifflichkeiten fest - Instabile Korrelationen und Renditen

Stochern im Nebel mit Smart Beta

Von Dietegen Müller, FrankfurtWie lassen sich risikoadäquate Überrenditen erzielen – oder in Stressphasen des Marktes geringere Verluste? In welchem Zusammenhang stehen solche Strategien mit der ökonomischen Entwicklung von Unternehmen oder mit dem Verhalten von Investoren? Die meisten aktuellen Investment-Ansätze drehen sich um solche Fragen – auch Smart-Beta- oder Faktor-Investing-Strategien.Doch “smart” ist als Marketingwort verschrien, und der Frankfurter Assetmanager Lupus Alpha unternahm deshalb jüngst mit einer Diskussionsrunde den Versuch zu eruieren, wie “smart” Smart Beta ist. Zurück blieben eher mehr Fragen als Antworten. Alexander Raviol, Partner und Head of Alternative Solutions bei Lupus Alpha, bezeichnete das Thema als “sehr diffus”. Er stellte sich auf den Standpunkt, es gebe aus ökonomisch begründbarer Sicht – will sagen als Entschädigung für das Eingehen eines ökonomischen Risikos – nur zwei Faktoren: Größe und Verschuldung (Size und Leverage). Dabei stehe Leverage über die Schwankungsbreite von Aktien (Volatilität) in einem Zusammenhang. Aktien mit geringer Volatilität (oder niedrigem Beta) müssten günstiger sein, solche mit hohem Beta, die einen “Leverage” eingebaut hätten, müssten teurer sein. ” Niedriges Beta besserBeim Kauf von Low-Vol-Aktien verkauft man die Risikoprämie, das ist vergleichbar mit einem Short Put”, so Variol. Die Historie zeige, dass Aktien mit einem niedrigen Beta – also Low-Volatility-Titel – etwa nach der Sharpe Ratio oder Calmar Ratio besser abschneiden. Während die Sharpe Ratio ermittelt, ob risikobereinigt eine Überschussrendite gegenüber sogenannten risikolosen Assets erzielt werden kann, wird bei der Calmar Ratio der annualisierte Ertrag durch den höchsten je erreichten Wertverfall in dieser Periode dividiert. “Value keine Risikoprämie”Für Raviol sind die Faktoren Wert (Value) und Wachstum (Growth) aber wohl keine systematischen Risikoprämien. “Ich bin skeptisch, ob Value als Long-only-Anlage den Index schlagen kann.” Grundsätzlich sei zu klären, ob es sich um eine Risikoprämie oder um eine Anomalie handle, also einen Preiseffekt ohne Übertragung ökonomischen Risikos, wie es etwa beim Momentum-Faktor der Fall sei. Raviol grenzte zudem den Begriff “Alpha” von Anomalien und Risikoprämien ab: “Alpha ist ein Mehrertrag durch Informationsvorsprung oder durch Glück.”Für den Chief Investment Officer der Privatbank M.M. Warburg, Christian Jasperneite, ist “Smart Beta” ein “Marketingbegriff”. Allerdings gehe es um regelbasierte Entscheidungen, und dabei sei eine Veränderung in der von Moden geprägten Vermögensverwaltungsbranche festzustellen: “Früher ging es um Stock Picking, heute geht es um die Strukturierung von Portfolios, was wiederum mehr mit der Indexwelt zu tun hat.”Eine Schwierigkeit, die mit faktorbasiertem Investieren einhergeht, ist die Frage, warum sich Faktoren unterschiedlich gut entwickeln und wie Faktoren über die Zeit gewichtet werden müssen (vgl. BZ vom 31. August). “Ich kann keine Prognose abgeben, welche Faktoren outperformen”, sagt Jasperneite. Dementsprechend setzt die Vermögensverwaltungsbranche zunehmend auf Multi-Faktor-Lösungen.Lars Jaeger, Head of Quantitative Research des Assetmanagers GAM, betonte, wenn dies mit hohen Gebühren einhergehe, sei dies eine fehlgeleitete Entwicklung. Zudem betonte er, es gebe keine Stabilität in Faktoren, sondern diese variierten. Dem pflichtete Alexander Raviol bei: “Nicht nur Renditen, auch Korrelationen sind instabil.” Ein einfacher Einsatz sei, auf Small Caps und Low-Beta-Aktien zu setzen, wobei der Auswahlprozess in einem Atemzug geschehen müsse, damit sich nicht entsprechende Renditeeigenschaften gegenseitig aufheben.