GASTBEITRAG

Strategisches Währungsmanagement bietet erhebliche Vorteile

Börsen-Zeitung, 5.8.2017 Überraschungen sind am Devisenmarkt Alltag. Jüngstes Beispiel ist die rasche Erholung des Euro gegenüber dem US-Dollar im ersten Halbjahr 2017. Für Anleger aus der Eurozone, die ihre Dollar-Positionen nicht abgesichert...

Strategisches Währungsmanagement bietet erhebliche Vorteile

Überraschungen sind am Devisenmarkt Alltag. Jüngstes Beispiel ist die rasche Erholung des Euro gegenüber dem US-Dollar im ersten Halbjahr 2017. Für Anleger aus der Eurozone, die ihre Dollar-Positionen nicht abgesichert hatten, ging damit fast der gesamte Wertzuwachs amerikanischer Aktien durch Wechselkursverluste wieder verloren. Viele dieser Investoren hatten zuvor ihr Exposure in Fremdwährungen erhöht, um gegen die schwelende Euro-Krise gewappnet zu sein. Jetzt stellen sie die Frage: Halte ich an diesen Fremdwährungen fest oder ist die Zeit gekommen, sie abzusichern? Aktiver Prozess gefordertEin Blick zurück gibt Aufschluss. Der handelsgewichtete Außenwert des Euro ist Ende Juni 2017 auf das Niveau zurückgekehrt, das er schon 2003 erreicht hatte. Für Anleger, die in Euro rechnen, ergab somit ein Investment im globalen Aktienindex MSCI World mit Währungsabsicherung über diesen Zeitraum fast die gleiche Performance (abzüglich Absicherungskosten) wie ohne. Die klassische Buy-and-hold-Risikoprämie für das eingegangene Währungsrisiko existierte nicht. Zwischenzeitlich hatte die Entscheidung über die Währungsabsicherung jedoch erhebliche Auswirkungen – kein ungewöhnliches Phänomen. Viele institutionelle Investoren verlangen daher einen aktiven, transparenten und strukturierten Prozess, wenn es um die fortwährende Ermittlung und Anpassung der optimalen Absicherungsquote im international ausgerichteten Portfolio geht.Die Absicherungsquote entscheidet darüber, ob ein in einer Fremdwährung notiertes Asset mit oder ohne Währungsabsicherung ins Portfolio aufgenommen wird. Eine mögliche Vorgehensweise bietet der Minimum-Varianz(MV)-Ansatz, der die Risikominderung fürs Gesamtportfolio zum Ziel hat. Dieser Ansatz schlägt zum Beispiel eine komplette Absicherung vor, wenn die Wertentwicklung der Währung mit der des Assets positiv korreliert. Der Grund: In diesem Fall würde die Währungsbeimischung das Gesamtrisiko erhöhen. Korrelieren Währung und zugrundeliegende Assets negativ, dann mindert die Beimischung offener Währungspositionen bis zu einer gewissen Menge das Risiko. Die Grundregel lautet: Je negativer die Korrelation und je kleiner die Volatilität der Wechselkursentwicklung im Vergleich zur Wertentwicklung des Assets, desto weniger wird abgesichert.Dieser klassische MV-Ansatz mit den Einflussfaktoren Korrelation und Volatilität gibt einen guten Anhaltspunkt für die optimale Währungsallokation. Wie ein darauf basierendes strategisches Währungsmanagement zeitnah und dynamisch die sich verändernden Eigenschaften der Währungen nutzen kann, zeigt das folgende Beispiel: In den Jahren nach der Finanzkrise stieg der US-Dollar häufig, wenn die Aktienmärkte fielen. Mischten Anleger Dollar in ihr Portfolio, konnten sie damit Risiko im internationalen Aktienportfolio abbauen. Nach 2015 ließ diese “Safe Haven”-Wirkung des Greenback nach. Die Korrelationen am Devisenmarkt sind eben nicht von Dauer, sondern können je nach Zinsniveau der Währungen oder Marktumfeld (beispielsweise Euro-Krise) die Richtung wechseln. Im Unterschied zur statischen Absicherung oder Nichtabsicherung kann ein strategisches Währungsmanagement auf diese Veränderungen reagieren und seine Absicherungsentscheidungen anpassen. Auf die Kosten blickenDer MV-Ansatz in seiner reinen Form hat jedoch einen Nachteil: Er ist langfristig sehr teuer. Die direkten Absicherungskosten ergeben sich bei der Währungsabsicherung mittels Forwards aus der Differenz der Geldmarktverzinsung zwischen der fremden und einheimischen Währung, dem sogenannten Carry. Hinzu können indirekte Absicherungskosten kommen, in Gestalt verpasster Wertzuwächse der hochverzinslichen Währungen. Wegen der hohen Absicherungskosten sichern daher Investoren die Währungen bei Assets in Emerging Markets nur selten ab – obwohl die in der Regel positive Korrelation für eine Absicherung spräche.Die Kosten der Absicherung sollten systematisch berücksichtigt werden, bevor man sich für oder gegen eine Absicherung entscheidet. Neben der Zinsdifferenz zwischen der fremden und einheimischen Währung (Carry) sollte auch die Differenz zwischen dem langfristigen fundamentalen fairen Wert und der aktuellen Marktbewertung einer Währung (Value) Eingang finden. Die Kombination beider Kennzahlen ermöglicht eine gute Prognose über die Wertentwicklung eines Währungskorbes.Beim strategischen Währungsmanagement in unserem Hause wird die im ersten Schritt ermittelte MV-Absicherungsquote (MVQ) in einem zweiten Schritt auf Basis der geschätzten Kosten korrigiert. Beispielsweise sichern wir den Währungskorb weniger als die MVQ ab, wenn er ein positives Carry aufweist und gleichzeitig unterbewertet ist. Falls der Währungskorb negatives Carry aufweist und gleichzeitig überbewertet ist, wird mehr als die MVQ abgesichert.Ein Investor aus Euroland hat 60 % seiner Assets in Euroland-Staatsanleihen und 40 % im MSCI World investiert. Für die Wertentwicklung seines Investments spielte es (abgesehen von den Absicherungskosten) nahezu keine Rolle, ob man das Währungsexposure im Zeitraum von Januar 2003 bis Juni 2017 statisch absicherte oder dauerhaft offen ließ. Die Variante mit offenen Währungen wies eine etwas niedrigere Volatilität auf.Allerdings veränderten sich in diesem Zeitraum die Vorzeichen von Korrelation, Carry und Value mehrmals. Entsprechend änderte sich die optimale Absicherungsquote, die in unserer Untersuchung vierteljährlich angepasst wurde (siehe Grafik). Während sie bis 2008 zwischen 60 % und 100 % pendelte, fiel sie nach dem Januar 2009 bis März 2015 zwischen 0 % und 30 %. Danach fing sie an rasch zu steigen und lag nach dem Januar 2016 bis heute bei 100 %. Gegenüber der Variante mit offenen Währungen hat dieses strategische Währungsmanagement eine signifikante Mehrrendite generiert. Gleichzeitig konnte die Volatilität weiter reduziert werden. Die Transaktionskosten halten sich angesichts von maximal vier Anpassungen der Absicherungsquote pro Jahr in engen Grenzen. Effiziente RisikoreduzierungNiemand kann die Entwicklung des Euro in den kommenden 15 Jahren mit Sicherheit vorhersagen. Aber strategisches Währungsmanagement, das die Absicherungskosten miteinbezieht, kann einen wichtigen Beitrag zur Verbesserung des Rendite-Risiko-Verhältnisses des gesamten Investments leisten. Gegenüber einer Benchmark mit fester Währungsquote lassen sich mit der optimalen strategischen Beimischung oder Absicherung der Währungen Risiken effizient reduzieren. Das hierbei gewonnene Risikobudget lässt sich in Assets oder Alphastrategien mit attraktiver Risikoprämie einsetzen. In Zeiten niedriger und tendenziell steigender Zinsen kann dies ein erheblicher Vorteil sein.—-Frank Kosiolek, Co-Chief Investment Officer von Sal. Oppenheim—-Liang Ding, Portfoliomanager von Sal. Oppenheim