Finanzmärkte

Transition Finance wird wichtiger

Transition Finance wird an den Kapitalmärkten in den nächsten Jahren eine hohe Bedeutung haben. Das wurde auf der ICMA-Jahrestagung klar hervorgehoben. Es wird neue Bewertungen und neue Assets geben.

Transition Finance wird wichtiger

kjo Wien

Green und Sustainable Finance ist auf der diesjährigen Jahrestagung der International Capital Market Association (ICMA) in Wien ein zentrales Thema gewesen. Die Ausrichtung der Finanzmärkte in den kommenden Jahren in Richtung von mehr Klima- und Umweltbewusstsein und Nachhaltigkeitsthemen wird von vielen Experten als die wesentliche Veränderung im Kapitalmarktgeschäft gesehen, was Anlageprozesse verändern und neue Produkte mit sich bringen wird. Von besonderer Bedeutung ist dabei allerdings die Übergangsphase und die Finanzierung dieses Übergangs, besser bekannt unter dem Stichwort Transition Finance. Christian Hyldahl, Managing Director und Head of Continental Europe beim Assetmanager Blackrock, legte die große Bedeutung von Transition Finance offen. Hyldahl war vor seiner Tätigkeit für Blackrock als CEO des dänischen Pensionsfonds ATP tätig. Erfahrungen als Assetmanager sammelte er zudem bei Nordea Asset Management.

Klimarisiko ist ein klares Investmentrisiko, legte Hyldahl auf der 54. Jahrestagung und Konferenz des renommierten Kapitalmarktverbandes ICMA dar. Es werde die globale Wirtschaft neu formieren, je nachdem, wie erfolgreich diese Umgestaltung verlaufen werde. Die Reise in Richtung Net Zero bei den Emissionen habe längst angefangen, aber der Weg dahin sei mit einiger Ungewissheit und auch Unebenheiten des Pfades verbunden. Dieser gesamte Prozess führe zu starken Veränderungen bei den Fundamentaldaten der Unternehmen und bei den Bewertungen von Vermögenswerten (Assets). Der Übergang hin zu einer grünen und nachhaltigen (Finanz-)Welt berge außergewöhnliche Anlagerisiken, aber auch Investmentopportuni­täten. Vorausschauend agierende Unternehmen – auch in den kohlenstoffintensiven Sektoren – seien derzeit dabei, ihr Geschäft in Richtung Dekarbonisierung umzuwandeln. Das Streben nach Energiesicherheit in dieser Welt verstärke den Übergang zu Net Zero. Die russische Invasion in der Ukraine sei eine deutliche Erinnerung an diese Herausforderungen einer gerechteren und geordneten Energiewelt. „Investoren können diese Transition nicht ignorieren“, so Hyldahl in seiner Keynote.

In vollem Gange

Der Transitionsprozess ist laut Hyldahl bereits in vollem Gange, aber der Pfad dahin sei weiterhin für die Beteiligten sehr ungewiss. Das genaue Messen und Modellieren dieses Übergangspfades werde der Schlüssel zum Erfolg sein. Daten- und Analyserevolutionen sind für Hyldahl entscheidende Erfolgsfaktoren. Bei dem Transitionspfad in Richtung von Net Zero kommt es für ihn somit auf die ergriffenen Maßnahmen und Richtlinien an. An den Märkten vollzieht sich laut Hyldahl derzeit eine aktuelle Reallokation von Ressourcen und eine Neubewertung von Vermögenswerten. Dieser Prozess werde sich noch weiter fortsetzen.

Es geht in der Community nun darum, wie Investoren und Kunden in den Transitionsprozess investieren können. Es gehe darum, Risiken und Chancen gleichermaßen zu managen. Anlagestrategien und komplette Portfolios müssten auch im Rahmen der Dekarbonisierung der Wirtschaft ausgerichtet werden. Beispiele für Investments seien breit gefächerte klimabewusste ETFs und auch aktive Fonds. Die Prozesse müssten aber auch beschleunigt werden. Grüne Geschäfte müssten laut Hyldahl skaliert werden und kohlenstoffintensive Unternehmen im Rahmen dieses Übergangs transformiert werden. Beispiele seien die Infrastruktur, thematische ETFs und auch wiederum aktive Fonds. Anleger sollten in die Klimatechnologie der Zukunft investieren. Bestehende Technologien müssten dabei stärker kommerzialisiert werden, und es gelte­ eben auch neue Technologien zu erfinden. Beispiele seien hier Wachstumskapital und Risikokapital.

Für viele Experten wird der Transitionsprozess auch die Assetwelt vollkommen neu ordnen. Viele Assets, die sich heute noch in den Portfolios befinden, werden sich in einigen Jahren am Ende des Transitionsprozesses nicht mehr in diesen Portfolios wiederfinden. Diese Assets werden zu sogenannten „Stranded Assets“, um die Anleger, insbesondere große Vermögensverwalter, einen Bogen machen werden. Heute kann aber niemand mit Verlässlichkeit sagen, welche Assets zu diesen Stranded Assets werden und welche Vermögensgegenstände nicht dazugehören werden. Dieser Prozess ist mit einiger Unsicherheit behaftet. Hinzu kommt, dass im Rahmen dieses Übergangs auch viele neue Finanzinstrumente geschaffen werden. Eines dieser Instrumente in der jüngeren Vergangenheit sind die so­genannten Sustainability-Linked Bonds, Anleihen also, mit denen eine nachhaltigere Ausrichtung zum Beispiel eines Unternehmens finanziert wird. Die Messung der Erfolgsgrade – zum Beispiel die Umstellung auf grüne Energie – wird dann an entsprechenden Key Performance Indicators gemessen.

Die Akzeptanz dieser Instrumente an den Märkten ist sehr hoch. Grüne, soziale, nachhaltige und nachhaltigkeitsgebundene Anleihen weisen im Emissionsgeschäft regelmäßig sehr hohe Ordervolumina und damit Überzeichnungen auf. Das zeigt das enorme Interesse der Anleger an solchen Produkten. Marktexperten gehen davon aus, dass diese Akzeptanz an den Märkten auch in den kommenden Jahren hoch bleiben wird, da das Erfordernis der Umstellung in Richtung einer grünen, sozialen und nachhaltigen Finanzwelt von den Marktteilnehmern klar unterschrieben wird.

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