US-Staatsanleihen ohne Kupon

Treasury-Investoren sind heiß auf gestrippte Bonds

Der Markt für Treasuries mit abgespaltenem Kupon ist im Juli um 14,7 Mrd. Dollar gewachsen und damit so stark wie nie. Der Ansturm auf die volatilen Papiere deutet auf die gestiegene Risikofreude der Investoren angesichts einer nahenden Fed-Zinssenkung hin. Doch infolge der instabilen US-Fiskalpolitik lauern Gefahren.

Treasury-Investoren sind heiß auf gestrippte Bonds

Investoren sind heiß auf gestrippte Treasuries

Auflage von US-Staatsanleihen mit abgespaltenem Kupon erreicht Rekordvolumen – Aussicht auf Fed-Lockerung verstärkt Risikoneigung

Der Markt für Treasuries mit abgespaltenem Kupon ist im Juli um 14,7 Mrd. Dollar gewachsen und damit so stark wie nie. Der Ansturm auf die volatilen Papiere deutet auf die gestiegene Risikofreude der Investoren angesichts einer nahenden Fed-Zinssenkung hin. Doch infolge der instabilen US-Fiskalpolitik lauern Gefahren.

xaw New York

Gestrippte US-Treasuries verdrehen Investoren derzeit den Kopf. Im Juli hat die Begabe solcher Anleihen mit abgespaltenem Kupon, bei denen Anleger lediglich den Rückzahlungsbetrag handeln, Rekordvolumina erreicht. So legten Banken, Broker und Dealer „Separate Trading of Registered Interest and Principal of Securities“-Instrumente – kurz Strips genannt – im Gegenwert von 14,7 Mrd. Dollar auf, das Segment schwoll damit laut dem US-Finanzministerium auf rund 515 Mrd. Dollar an. Seit Ende der Finanzkrise 2008 hat der Markt, nur unterbrochen von einem Knick zu Beginn der Corona-Pandemie, stetig zugelegt, nun hat das Wachstum noch einmal angezogen.

Extreme Zinssensibilität

Die beteiligten Institute spalten T-Notes in den Laufzeiten zwischen zwei und zehn Jahren, 20- und 30-jährige T-Bonds sowie inflationsgeschützte US-Staatsanleihen dabei je nach Nachfrage in den Mantel und die Zinszahlungen auf – und die Lust der Investoren auf die mitunter hoch volatilen Wertpapiere ist infolge der Aussicht auf eine geldpolitische Lockerung der Federal Reserve kräftig gestiegen. Anleger erwerben Strips in der Regel zu einem kräftigeren Abschlag gegenüber dem Nennwert, als er bei traditionellen Treasuries üblich ist, und streichen die Differenz zwischen Kaufkurs und Rückzahlungssumme bei Fälligkeit als Gewinn ein.

Die Laufzeit entspricht bei den Instrumenten also der Kapitalbindungsdauer. Da der überwiegende Teil der ausstehenden Strips auf das T-Bond-Segment entfällt, ergeben sich im Markt also hohe Durationen, sprich eine extreme Zinssensibilität. Bei der Aussicht auf eine geldpolitische Lockerung ziehen die Kurse der lang laufenden Nullkuponanleihen also häufig schärfer an als jene von Staatspapieren, die Renditen abwerfen.

Klare Outperformance

Dies zeigt sich an einem Index des Anbieters ICE BofA, der die Performance des Strips-Markt abbilden soll und zwischen Anfang Mai und Dienstagabend um mehr als 18% zugelegt hat. Damit stellt er nicht nur ein breit gefasstes T-Bond-Barometer von S&P Global, das im gleichen Zeitraum um 5,6% kletterte, in den Schatten. Auch gegenüber anderen Assetklassen ergibt sich eine Überrendite, die Aktien-Benchmark S&P 500 legte in den abgelaufenen vier Monaten um 11,7% zu.

Beim Notenbankertreffen in Jackson Hole signalisierte Fed-Chef Jerome Powell in der abgelaufenen Woche deutlicher denn je eine geldpolitische Lockerung. Der Zeitplan und das Ausmaß seien dabei abhängig von der Konjunkturentwicklung und Risikoabwägungen, schob der oberste US-Währungshüter aber nach – und lieferte dem Markt und Strips-Investoren damit Gelegenheit zu Spekulationen.

Uneinigkeit über weiteren Zinskurs

„Obwohl der Markt zwei oder drei Zinssenkungen im laufenden Jahr einpreist, sind sich die Teilnehmer über weitere Handlungsoptionen der Fed uneins", betonte auch Tim McCourt, globaler Leiter für Aktien-, Devisen- und Alternatives-Produkte bei der CME Group, jüngst gegenüber der Börsen-Zeitung. Wie gespalten die Anlegerschaft ist, zeigt das Fed Watch Tool des Marktbetreibers, das auf Preisdaten für 30-tägige Futures auf die Federal Funds Rate basiert. Gemäß diesem positionieren sich aktuell nur noch 34,5% der Trader für einen Zinsschritt um 50 Basispunkte im Rahmen der September-Sitzung des Offenmarktausschusses, Ende Juli waren es noch über 92%.

Christian Scherrmann, US-Volkswirt bei der DWS, hält einen Zinsschritt um 50 Basispunkte mit Blick auf die wirtschaftliche Lage derzeit nicht für nötig. Allerdings habe Powell in Jackson Hole angedeutet, seine Lektion aus der Kritik an zu langsamen Fed-Entscheidungen der Vergangenheit gelernt zu haben und damit einen dezenten Hinweis gegeben, dass die Notenbank im Zweifel doch zu einer deutlicheren Lockerung bereit sei.

US-Notenbankchef Jerome Powell hat deutlicher denn je Zinssenkungen signalisiert. Foto: picture alliance / ASSOCIATED PRESS | Jose Luis Magana.

Charlie McElligott, Cross-Asset-Stratege bei der Investmentbank Nomura, verweist auf Preisdaten vom Optionsmarkt. So impliziere die Positionierung bei den bis Jahresende fällig werdenden Monatskontrakten auf den Interbankenzins Sofr nur noch eine Wahrscheinlichkeit von 48% für eine weiche Landung der US-Wirtschaft, vor einem Monat seien es noch 87% gewesen. Die Szenarien einer uneinheitlichen oder sogar harten Landung hätten nach deutlich schwächer als erwartet ausgefallenen Arbeitsmarktdaten hingegen an Schwung gewonnen. Mehr als die Hälfte der Teilnehmer am Sofr-Optionsmarkt stelle sich damit für mindestens drei Zinssenkungen bis Ende 2024 ein.

Robuste Nachfrage bei Auktionen

Für Strips-Investoren ergeben sich damit Chancen auf schnelle Übergewinne. Analysten stufen die langfristigen Verlustrisiken bei Investitionen in die Nullkuponanleihen angesichts der geringen Default-Wahrscheinlichkeit der USA dabei überwiegend als niedrig ein. So bewiesen die Marktteilnehmer auch bei regulären T-Bond- und T-Note-Emissionen zuletzt ihr Vertrauen, bei der 69 Mrd. Dollar schweren August-Auktion zweijähriger Papiere lag die Bid-to-Cover-Ratio – also das Verhältnis aus dem Dollar-Gebotsvolumen und dem Wert der zugeteilten Bonds – gemäß Mitteilung vom Dienstag bei 2,68 und damit über dem Durchschnitt der vorangegangen zehn Vermarktungen.

Allerdings äußern sich Strategen vor den Präsidentschaftswahlen besorgter zur der Nachhaltigkeit der US-Fiskalpolitik. „Beide Kandidaten, Kamala Harris und Donald Trump, vertreten wirtschaftspolitische Pläne, die das Haushaltsdefizit noch ausweiten statt eindämmen würden“, betonte Brian Gardner, Washington-Chefstratege beim US-Finanzdienstleister Stifel, jüngst gegenüber der Börsen-Zeitung. Das Congressional Budget Office (CBO) geht davon aus, dass der Unterschuss in den kommenden drei Jahrzehnten auf 8,5% des Bruttoinlandsprodukts klettern dürfte. „Die Anfälligkeit für Vertrauenskrisen dürfte steigen und damit auch die Volatilität an den Anleihemärkten“, kommentiert Jan Viebig, Chief Investment Officer von Oddo BHF, die Entwicklung. Solche Schwankungen treffen Strips-Investoren in der Regel hart.

Ansturm auf Geldmarkt

Und so bleiben zahlreiche Investoren trotz der Aussicht auf nahe Zinssenkungen risikoavers und halten Cash. US-Geldmarktfonds sind in der ersten Augusthälfte laut dem Datendienst EPFR nahezu 90 Mrd. Dollar zugeflossen, dies bedeutet den stärksten Monatsauftakt seit November. Nicht jeder lässt sich eben von Nullkuponanleihen den Kopf verdrehen.