Ausblick

Trübe Zeiten für den Dax

Der Dax ist am Freitag auf den tiefsten Stand im laufenden Jahr gefallen. Die Baisse könnte sich noch weiter fortsetzen.

Trübe Zeiten für den Dax

Von Dieter Kuckelkorn, Frankfurt

Bis auf 12180 Punkte ist der Dax am Freitag gesunken. Er hat damit ein neues Jahrestief markiert, was durchaus bemerkenswert ist. Der deutsche Leitindex ist damit nämlich noch unter sein Tief vom Beginn des Ukraine-Kriegs gefallen. Und das Ende der Baisse dürfte auch noch nicht erreicht sein, denn die Lage, in der sich die deutsche und die europäische Wirtschaft befindet, lässt sich als sehr schwierig umschreiben. In den kommenden Monaten könnte sich die Lage sogar in Richtung einer katastrophalen Situation verschlimmern. Das kann den Dax nicht unbeeinflusst lassen, auch wenn die Unternehmen im deutschen Leitindex einen hohen Anteil ihrer Gewinne außerhalb Europas erzielen.

Die makroökonomischen Daten und die Nachrichten aus der Realwirtschaft klingen beängstigend. Wie das Statistische Bundesamt meldet, betrug die Inflation auf Ebene der Erzeugerpreise im August 45,8%. So etwas hat es seit Beginn der Aufzeichnungen noch nicht gegeben. Preistreiber Nummer 1 sind erwartungsgemäß die Energiekosten, die seit Kriegsausbruch und seit Beginn der Sanktionen regelrecht explodiert sind. Deutschland steht nun vor einer weitgehenden Deindustrialisierung, unter der auch die Dax-Konzerne leiden werden – auch wenn in vielen Fällen ihre Kunden­ hauptsächlich außerhalb Deutschlands zu finden sind und sie durchaus in der Lage wären, ihre Produktion ins Ausland zu verlegen, was allerdings Geld kostet. Aber auch dort sind mittlerweile die Energiekosten und die Preise für Rohstoffe stark gestiegen, und es kommt hinzu, dass sich das Klima zwischen der EU und den USA einerseits und China andererseits ebenfalls rapide verschlechtert. Dies könnte dazu führen, dass sich die börsennotierten deutschen Unternehmen inmitten einer zweiten auf ökonomischer Ebene ausgetragenen geopolitischen Konfrontation wiederfinden. Selbst eine Flucht aus Deutschland verbessert die Perspektiven also nur teilweise.

Eurozone leidet

Darunter dürften im internationalen Vergleich Aktien aus Deutschland und der Eurozone besonders leiden, denn die USA haben sich im Gegensatz zu den Europäern immer als realitätsnäher erwiesen und Sanktionen aufgehoben oder mit Wissen der Regierung umgangen, wenn diese den US-Unternehmen schaden.

Ungemach könnte es für den Dax auch bedeuten, dass es sich beim Dax trotz der Erweiterung von 30 auf 40 Titel vor einem Jahr nach Einschätzung von DZ-Bank-Analyst Sven Streibel um den zyklischen europäischen Aktienindex handelt. „Wer sich davon eine höhere Diversifikation erhofft hatte, wurde leider bitter enttäuscht“, stellt er fest. Schon im Vorfeld habe festgestanden, dass die vorher bereits stark vertretenen Sektoren Industrie und zyklischer Konsum durch das Schwergewicht Airbus und die Stay-at-Home-Aktien Hellofresh und Zalando weiter aufgebaut wurden. Streibel hofft indes, dass der Dax gegenwärtig schon seine Talsohle erreicht haben könnte. Die eingepreisten Rezessionssorgen und Gewinneinbußen sowie die sehr negativen Erwartungen der Marktteilnehmer böten das Potenzial für positive Überraschungen.

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