AMERIKA HAT GEWÄHLT

Trump macht den Euro wieder groß

Die Gemeinschaftswährung und der Yen können von steigender Unsicherheit profitieren - Risikofaktor US-Fiskalpolitik

Trump macht den Euro wieder groß

Der Dollar hat sich gestern sehr schnell vom Kursrutsch in Reaktion auf die Wahl von Donald Trump erholt. Sollte dieser seine Ankündigungen aus dem Wahlkampf jedoch umsetzen, so droht dem Greenback eine Abwertung zugunsten von Euro und Yen.Von Stefan Schaaf, FrankfurtHillary Clinton war die Favoritin der Kapitalmärkte, insbesondere weil sie als berechenbarer gilt als ihr Gegenkandidat Donald Trump. Da nun dieser die Wahl zum US-Präsidenten gewonnen hat, reagierten die Märkte zunächst einmal – wie zu erwarten war – schockiert. In deren Sprache übertragen: Die Volatilität schoss mit dem Bekanntwerden des Wahlergebnisses in die Höhe, die Risikobereitschaft ging deutlich zurück. Dies zeigte sich gestern auch am Wert des Dollar, der oft invers mit der Risikobereitschaft von Investoren korreliert ist.Der Dollar-Index, der den Wert des Greenback zu sechs anderen Industrieländerwährungen abbildet, stürzte über die Wahlnacht hinweg um 2 % auf 95,89 Zähler ab, als die Märkte den von ihnen erwarteten Wahlsieg Clintons auspreisten. Doch angetrieben von Trumps konzilianter Siegerrede und einer Erholungsrally an den Aktienmärkten drehte auch der Dollar-Index und lag im späten europäischen Geschäft sogar 0,4 % im Plus bei 98,27 Stellen.Der Euro vollzog diese Achterbahnfahrt ebenfalls: Er schoss auf ein Zweimonatshoch von 1,1299 Dollar nach oben und lag am Abend 0,8 % im Minus bei 1,0942 Dollar. Zugleich fiel der Dollar zunächst auf 101,17 Yen, erholte sich jedoch später auf 104,54 Yen.Diese Reaktion des Dollar auf das Risikosentiment lässt – ungeachtet der gestrige Erholung – eine schwache US-Währung erwarten. Nach nahezu einhelliger Einschätzung von Marktakteuren werden die kommenden Wochen bis zur Amtsübergabe und gegebenenfalls auch die Zeit darüber hinaus von starker Unsicherheit und damit Risikoscheu geprägt sein. Dies gilt insbesondere, wenn Trump nach der Amtseinführung die befürchtete Unberechenbarkeit an den Tag legen sollte, etwa im Hinblick auf wichtige Handelspartner wie China oder europäische Verbündete.Beschränkungen für den globalen Handel, wie von dem Politiker im Wahlkampf etwa mit Blick auf den Nachbarn Mexiko versprochen, könnten zudem die Wachstumsaussichten der USA eintrüben. Von einem “Schlag ins Gesicht der Weltwirtschaft” sprach Martin Moryson, Chefvolkswirt von Sal. Oppenheim. Sinkende ZinserwartungenDer Grund für die inverse Korrelation des Dollar mit der Risikoneigung liegt in der Zinsdifferenz der USA zu Japan und der Eurozone begründet. Yen und Euro dienen wegen der extrem niedrigen Zinsen zur Finanzierung von Carry Trades im Dollar, die in Phasen höherer Risikoaversion aufgelöst werden, weshalb der Dollar dann fällt. Die Eurozone zieht zudem noch Vorteile aus ihrem Leistungsbilanzüberschuss.Auch von der Fiskalpolitik der neuen Regierung könnten Risiken ausgehen. Trump hatte im Wahlkampf üppige Steuersenkungen angekündigt, begleitet von einer Ausweitung der Staatsausgaben für Infrastruktur und Rüstung. Auch wenn dies mittel- bis langfristig wachstumsfördernd wirken könnte, bleibt zunächst einmal ein größeres Defizit im Haushalt, das früher oder später an die gesetzlich festgelegte Schuldenobergrenze stoßen wird. Die Ratingagentur Fitch setzte gestern ein Fragezeichen hinter ihre Top-Bonitätsnote “AAA”. Zur Finanzierung eines Defizits sind die USA wegen ihres Leistungsbilanzdefizits auf ausländisches Kapital etwa aus China oder die Federal Reserve angewiesen. Als ein Auslöser für den gestrigen Kursrutsch des Dollar wurden auch geänderte Erwartungen an die Geldpolitik der Fed genannt. Die Wahrscheinlichkeit einer Zinserhöhung im Dezember wurde laut Bloomberg nur noch mit knapp 50 % eingeschätzt. Vor der Wahl lag der Wert noch deutlich über 70 %.