UBS: Ermüdung als positives Zeichen

Konjunktur pessimistisch eingeschätzt - Credit Suisse empfiehlt Engagement am Aktienmarkt

UBS: Ermüdung als positives Zeichen

Die Schweizer UBS sieht erste Anzeichen für eine Bodenbildung, auch wenn die Konjunkturentwicklung wegen der Pandemie jetzt noch negativer gesehen wird. Allerdings preisten die Märkte eine schwere Rezession bereits ein. Die Credit Suisse rät inzwischen wieder zu einer leichten Übergewichtung von Aktien. ku Frankfurt – Der amerikanische Leitindex S&P 500 hat im Rahmen der Coronavirus-Krise nach Einschätzung der Anlageexperten der schweizerischen Großbank UBS nur noch ein Rückschlagpotenzial bis auf 2 000 Punkte. Mit einem stärkeren Rückgang sei nicht zu rechnen, sagte Bhanu Baweja, Chief Strategist der UBS, in einer Telefonkonferenz, da die Märkte bereits jetzt eine sehr schwere Rezession eingepreist hätten. Aktuell steht der Index bei rund 2 560 Zählern.Die Gewinne je Aktie der großen US-Unternehmen würden im laufenden Jahr um 10 bis 15 % unter dem Niveau von 2019 liegen, wobei dieser Rückgang für bis zu zwei Jahre anhalten könne. Das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) des S&P 500 werde aber wohl nicht stärker zurückgehen als auf 15, glaubt er. An den Aktienmärkten kann er mit Blick auf die starken Verkäufe erste Anzeichen einer gewissen Ermüdung der Investoren sehen, was ein positives Zeichen wäre. Dies gelte derzeit noch stärker für den Bereich der Derivative als für den Kassahandel. Bei den Derivativen lasse sich bereits eine Kapitulation der Anleger feststellen, im Kassabereich noch nicht.Infolge der Krise werde der Dollar nachgeben und der Euro gestärkt, allerdings nur moderat. So könnte der Euro bis auf 1,15 Dollar zulegen. Sollte es hingegen in Europa zu Situationen von extremem Stress für die Volkswirtschaften aufgrund der Pandemie kommen, sei ein Rückgang des Euro bis auf 1,05 bis 1,07 Dollar denkbar. Sollte Baweja recht haben, würden sich die weiteren Reaktionen an den Märkten in Grenzen halten. Dies liegt daran, dass nach Einschätzung von Baweja die Märkte die Krise als einen schweren Schock, aber nicht als einen neuen Trend für die Zukunft ansehen.Für die Bilanzen der Unternehmen stelle die Pandemie keinen größeren Schock dar. Allerdings könnte die Krise Probleme der Unternehmen offenlegen, die es bereits vorher gegeben habe. Was die geografische Rangfolge der Anlageregionen betrifft, so hält Baweja das nördliche Asien für derzeit am attraktivsten, zumal dort die Nachfrage nach Technologie der Krise standgehalten habe. Nachfolgend hält er die USA für attraktiver als Europa, was die Widerstandsfähigkeit gegen die drei Krisen Handelskrieg, Coronavirus und Ölpreiseinbruch betrifft. Schwierigere LageFür die betroffenen Volkswirtschaften rund um den Globus schätzen die Ökonomen der UBS die Lage aber als deutlich schwieriger ein als noch vor kurzem. Seine Schätzung für die Entwicklung des globalen Bruttoinlandsprodukts im laufenden Jahr hat Arend Kapteyn, Global Head of Economics and Strategy Research der UBS, auf minus 0,5 % zurückgenommen. Damit sei die Situation schlimmer als während der großen Finanzkrise. Möglicherweise müsse die Prognose noch weiter nach unten korrigiert werden.Zwar sei die konjunkturelle Stimulierung durch Regierungen und Notenbanken mit einem Volumen von rund 2,6 % des weltweiten BIP größer als während der Finanzkrise mit 1,6 %. Allerdings werde das meiste davon erst im zweiten Halbjahr wirksam und nicht bereits im besonders betroffenen zweiten Quartal. US-Chefökonom Seth Carpenter zeigte sich vom starken Anstieg der Erstanträge auf Arbeitslosenunterstützung auf den Rekordwert von 3,3 Millionen geschockt. Der Rückgang des Bruttoinlandsprodukts werde in den USA im zweiten Quartal bei deutlich mehr als 10 % liegen. Mit einer raschen und starken Erholung rechnet er nicht. Für das dritte Quartal sagt er einen Anstieg um lediglich annualisierte 2,5 % voraus. Noch Wachstum in ChinaChina soll im laufenden Jahr dagegen nach Schätzungen von Tao Wang, Chefökonomin der Bank für China, immerhin noch auf ein Wirtschaftswachstum von 1,5 % kommen. Es gebe eine breite Erholung, die Industrieproduktion habe zu 80 bis 90 % wieder ihr normales Niveau erreicht, der Dienstleistungssektor aber noch nicht. Im ersten Quartal sei das BIP um 1 % gesunken, im zweiten Quartal wohl um 1,5 %. Für das zweite Halbjahr rechnet sie mit einem leicht positiven Wachstum. Allerdings sei die Regierung mit ihrer Krisenreaktion “behind the curve”.Der Investment-Ausschuss der zweiten eidgenössischen Großbank Credit Suisse rät derweil wieder zu etwas mehr Engagement am Aktienmarkt und bei Credits. Auf Sicht von sechs bis zwölf Monaten böten Aktien attraktive Chancen, weshalb jetzt zu einer leichten Übergewichtung von Aktien geraten wird. Es sei wichtig, schnell zu reagieren, bevor die Mehrheit der Marktteilnehmer die Bodenbildung feststelle. Allerdings geht Credit Suisse von einer Erholung in V- oder U-Form aus, man ist also optimistischer als bei der UBS. Unternehmensanleihen mit Investment Grade werden auf “Neutral” hochgestuft. Was die Emerging Markets betrifft, so halten die Analysten Hartwährungsanleihen für interessant. Deren Renditen seien auf interessante Niveaus gestiegen. Als unattraktiv werden hingegen Staatsanleihen angesehen.