Japans Währung

Ukraine-Krieg stützt den Yen gegenüber dem Euro

Japan weist seit Jahrzehnten gegenüber den USA hohe Leistungsbilanzüberschüsse auf. Daher müsste der Yen gegenüber dem Dollar unter Aufwertungsdruck stehen. Dies lässt sich aber nicht beobachten.

Ukraine-Krieg stützt den Yen gegenüber dem Euro

Von Matthias Krieger*)

Das „Land der aufgehenden Sonne“ weist seit Jahrzehnten hohe Leistungsbilanzüberschüsse auf, d.h. Japan erwirtschaftet meist hohe Überschusseinnahmen im internationalen Handel. Dies gilt insbesondere im Austausch mit den Vereinigten Staaten. Vor diesem Hintergrund müsste der Yen gegenüber dem Dollar eigentlich permanent unter Aufwertungsdruck stehen. Dies lässt sich aber nicht beobachten. Es gibt lange Phasen, in denen der japanische Yen zum US-Dollar unterm Strich schwach tendiert – beispielsweise in den vergangenen zehn Jahren.

Hintergrund ist, dass die permanent sehr hohen Einnahmen Japans im Außenhandel nicht oder zumindest nicht vollständig einer inländischen Verwendung zugeführt werden können. Dies hat mit vielen Faktoren zu tun. Einer der wichtigsten ist die äußerst ungünstige Demografie in Japan. Die rasche und kräftige Alterung dämpft den privaten Konsum und auch die inländische Investitionstätigkeit. Als gewinnbringende Alternative bleibt japanischen Investoren die Anlage der „überschüssigen“ im grenzüberschreitenden Handel erwirtschafteten Mittel im Ausland, z.B. in Anleihen und Aktien aus fremden Staaten. Aus Japan abfließendes Kapital schwächt den Yen, so dass der durch die Leistungsbilanzüberschüsse entstehende Aufwertungsdruck auf die japanische Valuta gedämpft wird. Da gerade der US-Finanzmarkt sehr groß und attraktiv ist, fließt vor allem viel Kapital aus Japan in die USA. Japan finanziert so praktisch seine eigenen Handelsüberschüsse mit den Vereinigten Staaten.

Risikoerwägungen

Die Tendenz des Yen wird also stark davon geprägt, wie viel japanisches Kapital den Weg an welche internationalen Finanzmärkte findet. Dies gilt naturgemäß auch mit Blick auf den Euroraum, der grundsätzlich ebenfalls eine attraktive Anlagedestination für japanisches Kapital darstellt. Neben Renditegesichtspunkten kommen hier auch Risikoerwägungen ins Spiel. Befürchten japanische Anleger z.B. politische Spannungen, die zu unguten wirtschaftlichen Entwicklungen in einer Region führen könnten, ziehen sie regelmäßig und recht schnell auch in größerem Stil Kapital aus „riskanten“ Gegenden ab, was in der Regel zu einer Aufwertung des Yen gegenüber den dortigen Währungen führt. Genau dies war nun zuletzt bei Euro/Yen zu beobachten.

Der Euro tendierte zum Yen zuletzt signifikant schwächer und fiel im Zuge der jüngsten Zuspitzung des Ukraine-Russland-Krieges von rund 133 Yen je Euro noch Anfang Februar auf zuletzt nur noch rund 125 zurück. Der Ukraine-Krieg ist mit Blick auf den Euro derzeit der dominierende und stark verunsichernd wirkende Faktor: Japanische Anleger ziehen sich gerade aus europäischen Anlagen zurück, was der Euro kräftig zu spüren bekommt.

Zum Dollar zeigt der japanische Yen dagegen aktuell eher Schwäche. Schon seit Jahresbeginn 2022 wertet er zum Dollar tendenziell ab. Es ist davon auszugehen, dass japanisches Kapital, das derzeit aus dem Euroraum abfließt, seinen Weg nun zu einem Teil zurück nach Japan und zu einem anderen Teil in die USA sucht. In politischen Krisenzeiten zeigt der Greenback in der Regel besondere Stärke gegenüber fast allen anderen Währungen der Welt. Die USA und der Dollar gelten als d e r „sichere Hafen“ in wirtschaftlichen und politischen Krisenzeiten, selbst dann, wenn sie selbst im Mittelpunkt einer Krise stehen, so in der Finanzkrise. Die wirtschaftliche, politische und militärische Stärke der USA dominiert dann viele andere Erwägungen. Hinzu kommt, dass die Wirtschaftsakteure in Krisenzeiten häufig verstärkt liquide Mittel halten möchten, und der Dollar ist bekanntermaßen die dominante Welthandels- und Weltfinanzierungswährung. Bei rund 80% aller internationalen Handelsgeschäfte ist der Dollar als Transaktionswährung beteiligt.

Kein vollständiger Stopp

Hält die Schwäche des Euro an? Natürlich ist derzeit nicht abzusehen, wie sich der Ukraine-Krieg entwickeln wird und wie die Folgen noch sein werden. Wir gehen vorerst aber nicht davon aus, dass es zu einer vollständigen Einstellung aller russischen Rohstofflieferungen nach Europa kommen wird, wie es ein Teil der Finanzmarktteilnehmer derzeit gerade einzupreisen scheint. Europa möchte zum aktuellen Zeitpunkt mehrheitlich offenbar keinen vollständigen Stopp der Rohstoffimporte aus Russland. Dies lässt sich den jüngsten Äußerungen führender deutscher und westeuropäischer Politikerinnen und Politiker entnehmen. Auf der anderen Seite würde sich Russland durch einen Exportstopp, also dem Einsatz von Rohstoffen als „politische Waffe“, nicht nur den Zugang zu Devisen versperren, sondern seinen wichtigsten Kunden sofort und „final“ (Wirtschaftsminister Habeck) verlieren. Insofern dürften sich die wirtschaftlichen Auswirkungen auf den Euroraum im Wesentlichen auf moderate Exportausfälle, begrenzte Zulieferprobleme und kräftig ansteigende Preise bei Rohstoffen „begrenzen“. Dies würde voraussichtlich noch nicht ausreichen, um in einer Rezession hierzulande zu enden.

Vor diesem Hintergrund dürfte sich auch der Euro gegenüber dem Yen im Jahresverlauf wieder Richtung 130 Yen je Euro erholen, zumal auch die japanische Wirtschaft nicht eben gut performen sollte und sich die Bank of Japan im Gegensatz zur EZB auch auf längere Sicht kaum von ihrer ultraexpansiven Nullzinspolitik verabschieden dürfte. Da die US-Wirtschaft im laufenden Jahr aber deutlich dynamischer wachsen dürfte als die europäische und die Fed im Jahresverlauf ihre Zinsen im Gegensatz zur EZB wohl deutlich anheben wird, sollte die Euro-Schwäche zum Dollar anhalten. Auch der Yen sollte zum Dollar weiterhin schwächer tendieren.

*) Matthias Krieger ist Senior Economist bei der LBBW.

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