IM INTERVIEW: PHIL GRONNIGER, JANUS HENDERSON

"Wir erwarten erhöhte Volatilität an den Aktienmärkten"

Portfoliomanager traut Dividendentiteln in den kommenden zwölf Monaten Erträge im hohen einstelligen Prozentbereich zu

"Wir erwarten erhöhte Volatilität an den Aktienmärkten"

Phil Gronniger ist für die Aussichten der Aktienmärkte verhalten zuversichtlich. Allerdings rechnet der Portfoliomanager von Janus Henderson nach den deutlichen Gewinnen dieses Jahres für die kommenden zwölf Monate nur noch mit Erträgen im hohen einstelligen Prozentbereich für wahrscheinlich. Herr Gronniger, was erwarten Sie für die Aktienmärkte in den kommenden Monaten?Wir sind vorsichtig optimistisch. Wir erwarten aber aus verschiedenen Gründen eine erhöhte Volatilität an den Aktienmärkten. Zu diesen zählt die wirtschaftliche Schwäche Europas, das zudem mit dem kommenden Brexit konfrontiert ist. Hinzu kommt der Handelskonflikt als Belastungsfaktor, auch wenn sich eine Teillösung abzuzeichnen scheint. In den USA steht im kommenden Jahr die Präsidentschaftswahl an, und wir haben auch in den Vereinigten Staaten eine Schwäche im Industriesektor gesehen, wobei hier noch die Frage ist, ob das vorübergehend oder nachhaltig ist. All dies wird für mehr Volatilität bei Risiko-Assets sorgen. In welcher Größenordnung bewegen sich Ihrer Einschätzung nach die Erträge, die von Aktienanlagen erwartet werden können?Bislang hatten wir ein gutes Jahr. Es ist wenig wahrscheinlich, dass die Aktienmärkte in den kommenden Monaten ähnlich stark abschneiden werden. Der S&P 500 hat seit dem Jahresbeginn um 23 % zugelegt. Vorstellbar scheinen uns für die kommenden zwölf Monate Erträge im hohen einstelligen Prozentbereich. Einen Ertrag im niedrigen zweistelligen Prozentbereich würden wir als solide empfinden. Das hängt aber vom Handelskonflikt ab. Wenn es keine schnelle Lösung gibt, wird es eine entsprechend deutlichere wirtschaftliche Verlangsamung und damit auch niedrigere Aktienanlageerträge geben. Die koordinierten Bemühungen der Zentralbanken, den konjunkturellen Schwung aufrechtzuerhalten, sind ein stützender Faktor für Risiko-Assets. Welche Einflüsse gehen von der Präsidentschaftswahl aus?Derzeit befinden sich die Demokraten im Aufwind. Sie sind tendenziell etwas weniger wirtschaftsfreundlich als die Republikaner. Die Republikaner sind tendenziell wirtschaftsfreundlicher, und die derzeit vom drohenden Impeachment ausgehenden Herausforderungen könnten für Volatilität sorgen. Volatilität zeichnet sich für den Healthcare-Sektor ab, der in Wahljahren üblicherweise unter Druck gerät. Denn Wahlen bringen stets das Thema Healthcare-Reformen auf die Agenda. Das soll nicht heißen, dass es in der Branche keine Investmentchancen gibt. Aber es muss mit erhöhter Volatilität gerechnet werden. Wie sind Sie mit Ihrem Mischfonds in diesem Umfeld positioniert?Wir sind in Aktien übergewichtet. Bei maximal möglichen 65 % sind sie in unserem Fonds derzeit mit 63 % gewichtet, Anleihen entsprechend mit 37 %. Im zurückliegenden Jahr waren wir mit 65 % in Aktien investiert. Der damalige aggressive Zinserhöhungskurs der Fed hat uns dann veranlasst, Risiken rauszunehmen. Wir haben den Aktienanteil auf 56 % reduziert und im Anleihebereich Corporates zugunsten von Treasuries abgebaut. Außerdem haben wir die Duration erhöht. Der anschließende Schwenk in der Geldpolitik hat uns dann veranlasst, Aktien wieder aufzustocken. Wir haben die Position weiter ausgebaut, nachdem die Fed im Sommer ihren Leitzins gesenkt hatte. Zwar hat sich das Wachstum in den USA verlangsamt. Aber es befindet sich dank des guten Konsumklimas noch auf einem recht guten Niveau. Treasuries halten wir als Absicherung gegen Volatilität. In Unternehmensanleihen haben wir wieder Positionen hinzugefügt, weil sie nach der Spread-Ausweitung des vierten Quartals 2018 wieder attraktiv waren. Zuvor hatten sich die Spreads seit 2017 eingeengt. Zudem hatten die Unternehmen in erheblichem Umfang Schulden aufgenommen, um Übernahmen, Aktienrückkäufe und Dividenden zu finanzieren, was für Bondhalter nicht gut ist. Gegen Ende 2018 hatten sie begonnen, ihre Schulden zu reduzieren. Welche thematischen Schwerpunkte haben Sie in Ihren Aktienanlagen?Wir setzen einige Schwerpunkte. Dazu zählen etwa die Cloud-Technologie und Software as a Service. Wir fokussieren uns nicht nur auf einschlägige Technologieunternehmen, sondern auch auf Unternehmen, die investieren, um Marktanteile zu gewinnen. Microsoft, Amazon und Alphabet sind Beispiele für Unternehmen, die wir mögen. Das ist gerade angesichts der wirtschaftlichen Verlangsamung wichtig. Microsoft ist derzeit unsere größte Einzelposition im Aktienbereich. Ein weiterer Schwerpunkt ist die Reisebranche. Die globale Reisebranche wächst weiter, insbesondere China zeigt ein sehr starkes Wachstum. Uns gefällt auch der E-Payment-Bereich. Weltweit stellen die Verbraucher zunehmend von Barzahlung auf elektronische beziehungsweise Kreditkartenzahlung um. Darüber hinaus sind amerikanische Verbraucher ein starker Treiber. Wir werden gerade unter Unternehmen, die US-Verbraucher adressieren, weiter nach interessanten Gelegenheiten suchen. Das Ausgabeverhalten des amerikanischen Verbrauchers zeigt derzeit keinerlei Signale einer Abschwächung. Die Arbeitslosigkeit bewegt sich weiter auf einem niedrigen Niveau. Legen Sie auch international an?Wir haben keine Restriktionen hinsichtlich internationaler Investments. Derzeit haben wir aber einen klaren Schwerpunkt in den Vereinigten Staaten. Wir haben 64 Positionen, die zusammen rund 40 % ihrer Erlöse außerhalb der USA erwirtschaften. Das einzige nichtamerikanische Unternehmen in unserem Portfolio ist zurzeit die kanadische Suncor Energy. Der Grund unserer Fokussierung ist die Tatsache, dass die USA derzeit unter allen entwickelten Volkswirtschaften die besten Gelegenheiten bieten. Was macht die Cloud- und Software-Segmente interessant?Die Cloud-Technologie befindet sich noch in einem frühen Stadium. Die Penetration in den Unternehmen weltweit liegt bei knapp mehr als 20 %, das heißt, es steht hier noch eine lange Wachstumsphase bevor. Software-Hersteller verkaufen ihre Produkte nicht mehr als physische Datenträger. Früher haben Verbraucher Software einmalig erworben und diese Version dann oft jahrelang veralten lassen. Jetzt wird die Software als Abonnement erworben und kontinuierlich online aktualisiert, mit der Folge, dass die Unternehmen stetige Erlösströme generieren. Welche amerikanischen Unternehmen profitieren vom starken Wachstum des chinesischen Tourismus?Ein Beispiel ist Boeing, das Unternehmen ist derzeit eine unserer Top-10-Positionen. Nach den tragischen Unfällen bzw. aufgrund der Probleme mit dem 737-Max-Modell ist die Aktie volatil. Aber: In den kommenden 20 Jahren werden Schätzungen zu Folge weltweit rund 40 000 Verkehrsflugzeuge im Gesamtwert von rund 6 Bill. Dollar ausgeliefert, das heißt, die Nachfrage nach Flugzeugen wird sehr stark bleiben, wovon natürlich auch Airbus profitieren wird. Boeing verfügt außerdem über eine sehr starke Bilanz. Profiteure sind auch Hilton Hotels, ein Unternehmen mit einem starken Geschäftsmodell, sowie Delta Airlines. Wie stehen Sie zu Industriewerten, nachdem dieser Bereich so stark unter Druck geraten ist?Die Branche gefiel uns im zurückliegenden Jahr. Aufgrund der Handelskonflikte und der Verlangsamung des globalen Wirtschaftswachstums haben wir aber unser Engagement dort etwas zurückgefahren. Industriewerte generieren einen relativ höheren Anteil ihrer Erlöse im Ausland. Die globalen makroökonomischen Faktoren wie der Handelskonflikt sind eine Belastung. Allerdings könnten einige Werte ein gutes Aufwärtspotenzial haben, wenn einige der derzeit belastenden makroökonomischen Faktoren nachlassen. Das Interview führte Christopher Kalbhenn.