"Wir glauben, dass Aktien weiter steigen werden"

Chefvolkswirt von First Private erwartet anziehende Volatilität - Fed wird behutsam vorgehen

"Wir glauben, dass Aktien weiter steigen werden"

ck Frankfurt – Nach Einschätzung der First Private Investment Management müssen sich die Investoren auf unruhigere Zeiten an den Finanzmärkten einstellen. Im ersten Quartal habe lediglich Öl eine negative Performance gezeigt, sagte Richard Zellmann, Geschäftsführer und Chefvolkswirt des Frankfurter Asset Management, gestern in einem Pressegespräch. Es sei schwer gewesen, kein Geld zu verdienen. Bemerkenswert sei, dass sich eine relativ niedrige Volatilität am Aktienmarkt eingestellt habe. “Wir haben eine unglaublich gute Stimmung, die fast schon zu gut ist. Wenn alles gemütlich und sorglos zugeht, sollte man sich auf ungemütlichere Zeiten vorbereiten.” Risiken werden unterschätztDie Zinssituation habe zu der positiven Stimmung beigetragen. “16 % aller weltweit ausstehenden Bonds befinden sich im negativen Bereich. Wenn Nestlé am kurzen Ende negativ ist, und wenn Dänemark bis zur achtjährigen und die Schweiz in der zehnjährigen Laufzeit negativ ist, sollte man sich Sorgen machen.” Die Zinsmärkte stünden im Fokus, weil die Welt mit Staatsanleihen aller Laufzeiten vollgepumpt sei und weil die Risiken unterschätzt würden. Zellmann verwies auf Japan. Von 2003 auf 2004 sei die Rendite der zehnjährigen japanischen Staatsanleihen um 140 Basispunkte gestiegen. Das bedeute umgerechnet eine negative Performance von zwischen 8 % und 10 %. Auch bei den vermeintlich sicheren Staatsanleihen könne so etwas geschehen. In den USA habe sich die Zinskurve zuletzt etwas verflacht. Der Geldmarkt gehe aber von einer Leitzinserhöhung spätestens im September aus. “Kommen jetzt starke Daten, ist der Markt sehr verwundbar, weil keiner mehr von aggressiven Zinserhöhungen ausgeht.” Die Fed befinde sich ein einer schwierigen Lage. Sie habe die Formulierung “geduldig” gestrichen, gleichzeitig aber auch gesagt, dass sie bezüglich einer ersten Zinserhöhung nicht sehr ungeduldig sei. Damit habe sie signalisiert, dass sie Behutsam vorgehen werde. Aufgrund negativer Effekte u.a. durch den starken Dollar und die enttäuschende Entwicklung der Weltwirtschaft glaubt Zellmann, dass die Fed eventuell erst zum Jahresende eine erste Erhöhung beschließen wird oder sich eventuell beim ersten Schritt auf einen achtel statt eine viertel Prozentpunktes beschränken wird.Über die Dollar-Befestigung sei schon ordentlich Dampf aus der US-Wirtschaft genommen worden. Berechnungen des IWF zufolge entspreche ein Anstieg des Dollar um 10 % in der Wirkung einer Fed-Zinserhöhung um einen Prozentpunkt. Das sei ein klares Argument dafür, dass die Fed zunächst die Füße stillhalten sollte. Den Dollar hält Zellmann für eher überbewertet. Die Währung sei schon einen weiten Weg gegangen; große Anlegerkreise seien bereits Dollar-long. “Wir können uns noch einen Euro-Kurs von 0,95 Dollar vorstellen. Der größte Teil der Wegstrecke liegt aber bereits hinter uns.” Der Anstieg der US-Währung habe gravierende Auswirkungen auf die Emerging Markets. Denn er bedeute das Ende des Carry Trades in den Emerging Markets. Zudem seien alle Politikoptionen in den Schwellenländern im wesentlichen bereits gezogen. Ferner sei die Verschuldung der Emerging Markets in US-Dollar deutlich gestiegen.Das Geschehen an den Aktienmärkten erinnere an die “Goldilocks Economy” der 90er Jahre, d.h. ein Idealszenario mit niedriger Inflation, moderatem Wachstum und steigenden Unternehmensgewinnen. Die Lage sei zwar heute anders. Im Grunde genommen spiele der Markt aber genau das, und das in einem Umfeld sehr niedriger Zinsen. Die Bewertung relativ zu Anleihen sei sehr günstig. Daher seien auch die höheren Bewertungen nicht beunruhigend. Am US-Aktienmarkt sei das zyklische Potenzial zunächst begrenzt. Im Euroraum und in Großbritannien seien die Bewertungen weiterhin günstig. Ferner spreche das wirtschaftliche Aufholpotenzial für Europa. Zellmann verwies auch darauf, dass etwa eine US-Aktie wie Apple so groß sei wie die gesamte Börsenkapitalisierung des spanischen Aktienmarkts. Microsoft und Walmart seien so groß wie der gesamte italienische Aktienmarkt. Der Vergleich mit den 90ern liefere eine Roadmap: Die Volatilität werde steigen, was dem Aktien-Bullenmarkt aber keinen Abbruch tun werde. “Wir glauben, dass Aktien weiter steigen werden.”