Anstieg

2022 gehen 175.000 Stellen bei Insolvenzen verloren

Explodierende Energiepreise haben die Zahl der Insolvenzen von Unternehmen in Deutschland im zu Ende gehenden Jahr erstmals seit der Finanzkrise wieder nach oben getrieben.

2022 gehen 175.000 Stellen bei Insolvenzen verloren

cru Frankfurt

Explodierende Energiepreise haben die Zahl der Insolvenzen von Unternehmen in Deutschland im zu Ende gehenden Jahr erstmals seit der Finanzkrise wieder nach oben getrieben. Eine Pleitewelle lässt sich anhand amtlich erfasster und von Experten hochgerechneter Zahlen zu Unternehmensinsolvenzen aber bisher nicht ausmachen: Nur rund 14700 Unternehmen hierzulande – überwiegend kleine Firmen mit höchstens zehn Mitarbeitern – werden nach Schätzung von Creditreform bis zum Ende des laufenden Jahres den Gang zum Insolvenzgericht angetreten haben. Das teilte die Wirtschaftsauskunftei am Dienstag in Frankfurt mit.

Das wären nur 4% mehr Pleiten als im Vorjahr, als es mit knapp 14000 so wenige Pleiten wie niemals zuvor seit Einführung der neuen Insolvenzordnung im Jahr 1999 gab, und es wäre zugleich der erste Anstieg seit 2009, als die Firmenpleiten um gut 11% auf rund 33000 nach oben schnellten.

Insgesamt gingen 2022 rund 175000 Arbeitsplätze durch eine Insolvenz verloren – ein deutlicher Zuwachs von 24% gegenüber 2021, als 141000 Jobs durch Pleiten verloren gingen. Zugleich verringerte sich die Schadenssumme nach dem Rekordwert von 51 Mrd. Euro 2021 um rund 30% auf nun 36 Mrd. Euro. Trotz des vergleichsweise moderaten Zuwachses der Pleiten im Jahr 2022 sieht Creditreform den Auftakt für eine Trendwende und erwartet im Jahr 2023 ein beschleunigtes Insolvenzgeschehen.

„Die anhaltende Inflation, die steigenden Zinsen und Energiekosten sowie der zunehmende Wettbewerb gehen bei vielen Unternehmen an die Substanz“, sagte Creditreform-Chefökonom Patrik-Ludwig Hantzsch. „Die mangelnde Planungssicherheit und die schwierige Wirtschaftslage treffen vor allem kleine und mittelständische Unternehmen.“

Zahlreiche Firmen hätten zwar während der Corona-Pandemie staatliche Kredithilfen erhalten und sich so über Wasser halten können. Hinzu kamen die zeitweilige Aussetzung der Insolvenzantragspflicht bei Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung, die im Mai 2021 endete, sowie Ausnahmen für Firmen mit Starkregen-Schäden. „Aber diese jetzt sich überlagernden Krisen sind für viele einfach zu viel.“

Hantzsch rechnet damit, dass die Firmenpleiten 2023 weiter zunehmen. Dies sei jedoch sehr schwer zu beziffern. „Der sukzessive Anstieg wird sich allerdings in den ersten zwei Quartalen bestimmt um die 20% einpendeln.“ Selbst dann wären es deutlich weniger als während der Finanzkrise 2009. Unklar sei noch, welche Liquiditätshilfen die Politik rund um Strompreise und Inflation auf den Weg bringe. „Das ist die ganz entscheidende Frage, die unmittelbar auch die Insolvenzzahlen beeinflusst.“ Insbesondere im verarbeitenden Gewerbe und hier im Maschinenbau seien entgegen einem jahrelangen Trend nun wieder mehr Insolvenzen zu erwarten.

Zinserhöhung belastet

Creditreform rechnet damit, dass sogenannte Zombieunternehmen, deren operativer Gewinn nicht ausreicht, die Schuldzinsen zu zahlen, infolge des Zinserhöhungskurses der EZB mit einem steigenden Zinsaufwand zurechtkommen müssen. Dazu belasteten der Konjunktureinbruch und die Energiepreiskrise. Daher gebe es ein hohes Potenzial für Zahlungsausfälle 2023.

2022 gab es laut Creditreform 25% mehr Pleiten von Großunternehmen mit mehr als 250 Beschäftigten als 2021. Prominente Beispiele mit bekannten Namen sind Galeria Karstadt Kaufhof aus Essen/Köln, die MV Werften Wismar, der Klopapierproduzent Hakle aus Düsseldorf und der Hamburger Schuhhändler Görtz. Allerdings betrafen 85,8% aller Firmenpleiten sehr kleine Unternehmen, die nur bis zu zehn Arbeitnehmer beschäftigen.

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